Richard II.
Richard II. (6. Januar? 1367 in Bordeaux - † 14. Februar 1400) war König von England.
Kindheit und Jugend
Seine Eltern waren Edward der schwarze Prinz, Prinz von Wales, und Joan von Kent (The Fair Maid of Kent). Richard war vermutlich der erste englische König, der Englisch als Muttersprache sprach, obwohl er die ersten Lebensjahre wahrscheinlich in Aquitanien verbrachte. Weil Richard zu Epiphanias geboren wurde und bei seiner Geburt drei Könige anwesend waren, entstand die Legende, daß er für große Taten bestimmt sein, obwohl er Zweitgeborener war. Sein älterer Bruder Eduard verstarb 6jährig 1371. Im gleichen Jahr kehrte die Familie nach England zurück. Zum Prinz von Wales wurde Richard nachdem sein Vater 1376 nach jahrelanger Krankheit verstarb. Im folgenden Jahr starb sein Großvater Eduard III, damit war der 10jährige Alleinherrscher von England.
Eine unsichere Thronfolge
Richards Thronfolge war von Anfang an umstritten. Sein Vater war nie englischer König gewesen, aber als Erstgeborener fest für die Nachfolge Richards III. vorgesehen. Da der Schwarze Prinz aber vor seinem Vater starb, blieb unklar, ob sein Sohn Richard oder ein jüngerer Bruder den Thron besteigen sollte. Eduard III. hatte allerdings noch zu Lebzeiten die Thronfolge Richards verfügt, was später umgesetzt, aber von den Söhnen Eduards III. und ihren Nachkommen nie ganz akzeptiert wurde. Dennoch trat das Kind als Richard II. die Thronfolge an. Gründe waren die Unterstützung durch das Parlament, das zu dieser Zeit im Streit mit Richards Onkel Johann von Gent lag, der für Eduard III. die Herrschaftsgeschäfte geführt hatte und die Rechte des Königs energisch gegenüber dem Machtanspruch des Parlaments zu behaupten versuchte. Dazu kamen die fast schon mythische Verehrung für den Schwarzen Prinzen und der große Einfluss von Joan von Kent am Königshof. Dennoch legte die Unsicherheit in Sachen Thronfolge den Grundstein für den Zerfall des Hauses Plantagenet und den Rosenkrieg nach Richards II. Tod.
Dennoch wurde Richard II. nur elf Tage nach der Bestattung seines Großvaters im Juni 1377 gekrönt. Trotz seiner Minderjährigkeit wurde kein Regent bestellt, da das Parlament Johann von Gent misstraute. Die Alltagsgeschäfte übernahm vielmehr ein königlicher Rat, in dessen Hintergrund allerdings Johann und Richards Mutter Johanna von Kent die Fäden zogen.
1380 wurde der junge König auf Betreiben der Commons im Parlament vorzeitig für volljährig erklärt. Ein Jahr später geriet er in eine erste schwere Krise. Aufständischen Bauern gelang es mit Hilfe verbündeter Stadtbürger, in London einzudringen. Das Leben des jungen Königs war unmittelbar bedroht, einige seiner engsten Berater wurden erschlagen. Nach nicht mehr vollständig überprüfbaren Überlieferungen gelang es Richard II., die Lage durch persönliche Verhandlungen zu beruhigen. Er versprach den Rebellen weitgehende Zugeständnisse, bis zur Abschaffung der Leibeigenschaft. Dies führte zum Abzug eines Teils der Aufständischen und verschaffte dem König Zeit, treue Truppen heranzuholen, die dann die verbleibenden Bauernheere zerschlugen. Wenn auch die nachfolgende Bestrafung moderat ausfiel, erfüllte Richard seine Zusagen nicht.
Außenpolitisch bestimmte der Krieg mit Frankreich das Geschehen. Militärische Erfolge blieben weitgehend aus, so dass Richards Berater sich verstärkt diplomatischer Mittel bediente. Im Rahmen dieser Verhandlungen heiratete Richard II. 1382 Anne von Böhmen, Tochter des Kaisers Karl IV. Die Ehe erfüllte kaum die in sie gesetzten Erwartungen, da Karl IV. sich durch sie nicht zu militärischen Schritten gegen Frankreich bewegen ließ und Anna 1394 kinderlos starb. Ein Feldzug Johanns von Gent gegen das mit Frankreich verbündete Königreich Kastilien im Jahr 1386 schien zunächst Erfolg versprechend, jedoch musste Johann im Sommer 1387 geschlagen und ohne bleibende Erfolge erzielt zu haben wieder abziehen.
Inzwischen war der Krieg gegen Frankreich eingschlafen. Den Tod seiner ersten Gemahlin nutzte Richard II., um 1396 die 7jährige Prinzessin Isabella von Valois, Tochter des Königs von Frankreich zu heiraten. Diese Ehe, Teil eines Abkommens mit Frankreich, das einen 28-jährigen Waffenstillstand während des Hundertjährigen Krieges vorsah,endete faktisch 1399 mit Richards II. Absetzung und blieb natürlich ebenfalls kinderlos. Die vorübergehende Entlastung in Frankreich ermöglichte es Richard, in Irland einzufallen und die englischen Herrschaftsstrukturen, die seit Heinrich II. zerfallen waren, wieder zu festigen.
Die diplomatischen und militärischen Erfolge stärkten das Ansehen des jungen Königs, was sich auch in seiner üppigen Hofhaltung widerspiegelte. Der Hof erlangte unter Richard II. die Funktion eines kulturellen Zentrums, die er erst wieder unter den Tudorkönigen ausfüllen sollte. Verfeinerte Sitten, ein luxuriöser Lebensstil und die Förderung der Literatur um Englands größten spätmittelalterlichen Dichter Geoffrey Chaucer waren Charakteristiken des englischen Hofs unter Richard II. Unter Richards Herrschaft setzte sich Englisch endgültig gegen Französisch als Sprache der Herrschaftsschicht durch.
Sein Grab befindet sich seit 1413 in der Westminster Abbey.
Auseinandersetzung mit den Parlamenten
Während der Abwesenheit des von Richard oft angegriffenen aber als erfahrener Verhandlungsführer agiernden Johann von Gent verschlechterte sich das Verhältnis zwischen Richard II. und den Lords schlagartig. Richard hatte persönliche Günstlinge mit hohen Staatsämtern betraut und dem Hochadel gegenüber bevorzugt. Dazu kam die Bedrohung durch eine französische Invasionsflotte, die sich in Flandern sammelte. Während der Verhandlungen des "Wundervollen Parlaments" im Herbst 1386 forderte der Kanzler Michael de la Pole, ein Abkömmling einer Händlerfamilie, den Richard mit dem höchsten Staatsamt betraut hatte, ungewöhnlich hohe Geldleistungen zur Landesverteidigung. Die Lords und Commons lehnten empört ab und erzwangen die Entlassung de la Poles und des Schatzmeisters Johann Fordham. Darüber hinaus setzte das selbst nur sporadisch tagende Parlament durch, dass dem König ein ständiges Kontrollgremium zur Seite gestellt werden sollte. Der König begab sich im Februar 1387 auf eine Rundreise durch England, um Unterstützung gegen das Parlament zu sammeln. Zunächst bildete er ein Richterkollegium, das die Beschlüsse des "Wundervollen Parlaments" für ungültig erklärte und Hochverratsverfahren gegen die Opponenten vorbereitete. Diese reagierten prompt und zogen Truppen zusammen, die Richard II. in London gefangen setzten. Ein königstreues Entsatzheer wurde im Dezember 1387 bei Radcot Bridge in Oxfordshire zerschlagen. Im Februar 1388 riefen die Opponenten das "Gnadenlose Parlament" ein. Es verhängte auf rechtlich nur wenig abgesicherter Grundlage mehrere Todesurteile gegen Berater und Verbündete des Königs. Richard war in seiner personellen Machtstruktur getroffen, persönlich gedemütigt und wurde um den Jahreswechsel 1387/88 sogar für ein paar Tage abgesetzt, dann aber wieder als König anerkannt, weil seine Gegner sich nicht auf einen Nachfolger einigen konnten. Schon bald nach dem "Gnadenlosen Parlament" konnte Richard II. langsam wieder an Einfluss gewinnen. Die Sympathien, die zuvor klar auf Seiten der Opponenten gelegen hatten, wanderten zu dem jungen König zurück. Allmählich konnte er die vom Parlament aufgezwungenen Berater aus ihren Ämtern entfernen. Im Dezember 1389 kehrte auch Johann von Gent nach England zurück. Die Tyrannei Richards II.
Im Sommer 1397 sah Richard die Zeit gekommen, sich für das "Gnadenlose Parlament" zu rächen. Nun begann eine Phase, die in der englischen Geschichtsschreibung allgemein als "Tyrannei Richards II." bezeichnet wird. Überraschend ließ er dessen Wortführer in Haft nehmen und zum Teil hinrichten. Eine Prozesswelle folgte, die aber meist mit Geldstrafen endete. Heinrich Bolingbroke, der Sohn Johanns von Gent und spätere König Heinrich IV hatte zu den Anklägern im "Gnadenlosen Parlament" gehört, war jedoch schnell auf die Seite des Königs gewechselt. Im Rahmen der Prozesswelle wurde er 1398 auf zehn Jahre verbannt. Als kurz darauf Johann von Gent starb, verlängerte der König diese Verbannung auf Lebenszeit, um sich das üppige Erbe Heinrichs anzueignen. Als Richard jedoch zu einem zweiten Irland-Feldzug aufbrach, landete Heinrich Bolingbroke in Yorkshire und erhielt sofort einen gewaltigen Zulauf aus nahezu dem gesamten englischen Adel. Der König kehrte umgehend aus Irland zurück, doch bereits in Wales löste sich sein Heer auf und lief zum Großteil zu Heinrich über. Dieser nahm Richard gefangen und schaffte ihn nach London. Im Tower eingkerkert wurde Richard II. gezwungen, die Krone abzugeben und Heinrich Bolingbroke, der sich Heinrich IV. nannte, als Nachfolger einzusetzen. Das einberufene Parlament erklärte Richard der Krone für unwürdig. Anfang 1400 wurde Richard in Haft im Schloss Pontefract (Yorkshire) wahrscheinlich ermordet, obwohl sogar während der Regierung Heinrichs V die Gerüchte nicht verstummen wollten, dass er noch am Leben sei.
Vorgänger:
Eduard III
England (Liste der Herrscher)
Nachfolger:
Heinrich VI