Richard III.
Richard III. (* 2. Oktober 1452 † 22. August 1485) war König von England von 1483 (Krönung am 6. Juli) bis 1485.
Im Schatten Eduards IV.
Richard wurde auf Fotheringay Castle als achter Sohn von Richard, Herzog von York, und dessen Gemahlin Cäcilie Neville geboren und hatte einen gewichtigen Anspruch auf den englischen Thron, den zu dieser Zeit König Heinrich VI innehatte. Er nahm an den Rosenkriegen zwischen den Verbündeten des Hauses Lancaster und des Hauses York während der letzten Hälfte des 15. Jahrhunderts teil. Als sein Vater in der Schlacht von Wakefield fiel, war Richard noch ein Junge, der fortan unter die Fittiche von Richard Neville, dem Earl von Warwick gestellt wurde, der in der Geschichte als "Königsmacher" bekannt wurde, da er selbst einen erheblichen Einfluss auf den Fortgang der Rosenkriege hatte. Warwick half, Heinrich VI. vom Thron zu schaffen und ihn durch Richards ältesten Bruder Eduard IV zu ersetzen. Während der Herrschaft seines Bruders bewies Richard als Herzog von Gloucester seine Loyalität und vor allem in der Spätphase der Rosenkriege große Fähigkeiten als Heerführer. Im Oktober 1470 floh er gemeinsam mit seinem älteren Bruder ins Exil nach Alkmaer in Holland, während beider mittlerer Bruder, George Plantagenet, Herzog von Clarence sich mit Warwick verbündete, der inzwischen auf die lancastrische Seite gewechselt war. Am 14. März 1471 kehrte Richard im Gefolge Eduards IV. nach England zurück. Beim Marsch auf London traf Clarence sich mit seinen Brüdern, erhielt von Eduard die Vergebung und schloss sich wieder dem Haus York an. Kurz darauf schlug Eduard das Haus Lancaster endgültig. Der gefangene und schwachsinniger Heinrich VI. wurde ermordet.
Fast sofort begannen neue Auseinandersetzungen, diesmal zwischen den Brüdern Georg von Clarence und Richard von Gloucester. Georg hatte als Ehemann Isabella Nevilles, der Tochter des Grafen von Warwick, den Anspruch auf die Hälfte der umfangreichen Nevillschen Besitzungen, die von der Krone eingezogen worden waren. Da er seinen Schwager Eduard, den Sohn Heinrichs VI., getötet hatte, der mit der jüngeren Neville-Tochter Anne verheiratet gewesen war, beanspruchte er das komplette Erbe. Hier setzte allerdings der zu diesem Zeitpunkt neunzehnjährige Richard an, der Anne heiraten wollte. Georg konnte Richards Ansprüche nicht ganz unterdrücken, machte aber seine Zustimmung zur Hochzeit im Februar 1472 von der massiven Zuteilung politischer Ämter und Neville-Ländereien durch Eduard IV. abhängig. Richard durfte schließlich Anne heiraten, wurde aber mit kleineren Ländereien und den Ämtern des Constable of England und des Warden of the Forests North of the Tenth vergleichsweise bescheiden bedacht. Vor allem letzteres Amt ermöglichte es Richard aber in den Folgejahren, eine stabile Machtbasis im Norden Englands aufzubauen. Allen voran erlangte er in der vormals lancastrischen Stadt York eine große Popularität. Zudem deuten alle Quellen darauf hin, dass seine Ehe mit Anne Neville äußerst harmonisch war. Richard und Anne hatten einen Sohn, Edward von Middleham (* 1473 † 9. April 1484), der kurze Zeit, nachdem ihm der Titel des Prinzen von Wales verliehen worden war, verstarb. Anne verstarb ebenfalls vor Richard.
Georg sank derweil immer weiter in der Gunst seines Bruders Eduard IV. Nach dem Tod seiner Frau Isabella 1476 versuchte er, eine Hochzeit mit Maria, der Erbin Burgunds, zu arangieren, was Eduard ihm aber verbot. Als er kurz darauf in mehrere Prozessen unzulässig Druck auf die Gerichte ausübte, leitete Eduard einen Hochverratsprozess gegen seinen Bruder ein. Am 18. Februar 1478 wurde der Tod Georgs bekanntgegeben. Der Sage nach durfte er, als letzte Gnade seines Bruders, seine Todesart aussuchen: George Plantagenet, der Herzog von Clarence, wurde in einem Fass Malmsey-Wein ersäuft.
Die Knaben im Tower
Am 9. April 1483 starb Eduard IV. überraschend nach nur einwöchiger Krankheit. Das Königreich hinterließ er seinem ältesten Sohn, den zwölfjährigen späteren Eduard V, zum Vormund, auch für den neunjährigen Richard, den Herzog von York, bestimmte er seinen Bruder Richard. Gemeinsam mit dem Kronrat sollte Richard während der Minderjährigkeit des Thronerbes auch das Land regieren.
Der Kronrat bestand allerdings aus verschiedenen streitenden Parteien, unter anderem die Richards und die der Königinwitwe Elisabeth Woodville. Im April 1483 kam es zu turbulenten Szenen, in denen die Fraktionen des Thronrats jeweils versuchten, möglichst viele Verbündete zu gewinnen, die Kontrolle über den unmündigen Thronfolger, den Staatsschatz und die Flotte zu erlangen. Ende April befand sich Elisabeht Woodville im Besitz von Staatsschatz und Flotte, während Richard den reichen und militärisch starken Lordkanzler Hastings sowie Heinrich Stafford, den Herzog von Buckingham, beide Mitglieder des Thronrats, auf seine Seite ziehen konnte. Der junge Eduard befand sich mit einer starken Leibgarde in Stony Stratford nahe Nottingham. Dort traf Richard am 30. April 1483 mit ihm zusammen. Er informierte seinen Neffen, dass seine Mutter offensichtlich den letzten Willen Eduards IV. missachtet hatte und seine, Richards, Einsetzung als Protektor zu verhindern suchte. Darauf begab sich Eduard, ob gezwungen oder freiwillig, in Richards Obhut. Sein bisheriger Hofstaat wurde gefangen gesetzt. Die Woodville-Fraktion in London reagierte mit Panik. Elisabeth begab sich mit ihren Kindern in Westminster in Asyl. Ihr Bruder verließ mit der Flotte das Land. Der übrige Thronrat billigte dagegen Richards Schritt, der ankündigte, mit seinem Neffen zu dessen Krönung nach London zu kommen, wo sie am 4. Mai einzogen.
Richard und der Herzog von Buckingham wurden zu den dominierenden Figuren des Kronrats. Parlament und eine Synode der englischen Kirche wurden einberufen, um die Krönung Eduards vorzubereiten. Der zukünftige König sollte diese Zeit auf Buckinghams Betreiben im Tower, damals als Schloss durchaus ein angemessener Wohnsitz, erwarten. Unterdessen fühlte sich Lordkanzler Hastings angesichst des Aufstigs Buckinghams zurückgesetzt. Er nahm gemeinsam mit anderen Ratsmitglieder Kontakte zur Woodville-Fraktion auf, die aber bald enttarnt wurden: Am 13. Juni 1483 beschuldigte Richard Hastings des Verrats und verurteilte ihn ohne Gerichtsverhandlung unverzüglich zum Tode. Nach der Beichte wurde er im Hof vor der Tower-Kapelle auf einem Stück Bauholz enthauptet. Drei andere Mitglieder der Verschwörung - der Bruder der Königin, Lord Rivers, ihr zweiter Sohn Richard Grey, und Eduards V. Kammerherr Sir Thomas Vaughan - wurden anderswo verurteilt und hingerichtet. Lediglich Jane (oder Elisabeth) Shore, eine Mätresse von König Eduard IV., dessen Stiefsohn Thomas Grey (der sich der Strafverfolgung entzog, indem er Asyl in Westminster Abbey mit seiner Mutter ersuchte), und schließlich der neue Lord Hastings wurde nur wegen geringer Vergehen zu öffentlicher Buße und kurzzeitiger Inhaftierung verurteilt.
Inzwischen hatte Robert Stillington, der Bischof von Bath und Wells, in London zu verkünden begonnen, dass die Kinder von Elisabeth Woodville und Eduard IV. illegitim seine, weil der König sich zuvor mit Eleonore, der mittlerweile verstorbenen Tochter des Grafen von Shrewsbury, verlobt gehabt habe. Beweisen ließ sich dieser Vorwurf nicht, doch er verbreitete sich schnell in London. Die logische Schlussfolgerung war, dass Richard als legitimer Thronfolger gelten musste. Ob Richard den Anschuldigungen Stillingtons wirklich Glauben schenkte, oder ob er sie lediglich als günstige Gelegenheit betrachtete, den Thron zu usurpieren, lässt sich heute nicht mehr klären. Am 23. Juni vertrat Buckingham vor einer Adelsversammlung Richards Thronanspruch. Am 25. erklärte das Parlament Richard zum rechtmäßigen Thronfolger. Die Vorgänge im Parlament sollen in einem Dokument mit dem Titel "Titulus Regius" enthalten sein, das das Parlament einige Monate später herausgab, um Erklärung für das Tun zu liefern. Lediglich eine einzige Kopie des Dokumentes ist bis heute erhalten. Einen Tag später trat Richard III. als letzter König aus dem Haus York und damit auch aus dem Haus Plantagenet seine Herrschaft an. Eduard und sein Bruder Richard blieben im Tower. Die älteren Brüder Richards waren tot. Die Söhne von George, Herzog von Clarence, kamen nicht in Frage, da sie durch das Komplott ihres Vaters des Thrones unwürdig waren.
Am 8. September wurde Richards III. Sohn Eduard in York als Prinz von Wales investiert. Damit trug er den traditionellen Titel der englischen Thronfolger. Sir James Tyrell, ein Gefolgsmann Richards, wurde in diesen Tagen beauftragt, Insignien aus dem Londoner Tower nach York zu bringen. Dieser Botengang wird immer wieder mit dem Verschwinden des jungen Eduard und seines Bruders Richard in Verbindung gebracht. Möglicherweise hatte Richard III. Tyrell beauftragt, seine Neffen zu ermorden. Letztendlich konnte ihr Schicksal aber niemals endgültig geklärt werden. Sie verschwanden im Spätsommer 1483 einfach von der Bildfläche. Vermutlich wurden sie ermordet, aber selbst das ist, trotz späterer Funde von Kinderskeletten im Tower, nicht eindeutig bewiesen.
Das Ende der Plantagenets
Richard III. begann sofort nach seinem Herrschaftsantritt damit, Woodville-Vertreter aus den wichtigen Positionen des Königreichs zu entfernen. Im Oktober 1483 ließ er seinen vormaligen Verbündeten Heinrich Stafford, den Herzog von Buckingham, als Verräter ausrufen. Buckingham hatte mit Heinrich Tudor, dem letzten Erben des Hauses Lancaster und späterem König Heinrich VII, Kontakt aufgenommen und ihn zum Einfall in England ermuntert. Am 1. November wurde der Herzog in Buckingham hingerichtet. Doch das Haus York sollte ihn nicht lange überleben. Anfang April 1484 starb der Thronfolger Eduard, Königin Anne am 16. März 1485.
Am 7. August 1485 landete Heinrich Tudor schließlich doch in England. In Milford Haven ging er mit walisischen und französischen Truppen sowie einem Söldnerkontingent an Land. Ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen konnte er in einem Eilmarsch Lichfield erreichen. Richard zog ihm entgegen und am Montag, 22. August, wurde bei Market Bosworth um die Krone Englands gekämpft. Zunächst schien Richard III. mit seiner zahlenmäßig überlegenen Heer die Oberhand zu behalten, als er jedoch versuchte, den passiv agierenden Heinrich Tudor direkt anzugreifen, wechselte Richards Verbündeter Sir William Stanley die Seiten. Für Richard bedeutete dies das Todesurteil. Sein Leichnam wurde geschändet, im Wirtshaus The New Wake in Leicester ausgestellt und schließlich im dortigen Franziskanerkloster bestattet. Während der Auflösung der Klöster sollen seine sterblichen Überreste in den nahen Fluss Soar geworfen worden sein, obwohl es Indizien dafür gibt, dass seine Überreste in Leicester verblieben sind. Eine Gedächtnistafel in der Kathedrale erinnert dort an ihn. Eduard Tudor erklärte sich noch am Tag der Schlacht als Heinrich VII. zum König von England. Mit ihm begann die Ära des Hauses Tudor.
Seit seinem Tod genießt Richard III. einen zweifelhaften Ruf. Moderne Historiker sehen die üble Nachrede als Folge der verwischten historischen Überlieferung der ihm nachfolgenden Tudor-Epoche und teilweise in der Adaption seiner Figur durch William Shakespeare. Richard wird häufig als Krüppel geschildert, was damals als Beweis eines bösartigen Charakters galt. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass die meisten ihm untergeschobenen Verbrechen, nicht durch ihn begangen sein konnten. Bisher ungeklärt ist auch, ob er für den Tod seiner beiden Neffen, den Prinzen im Tower einzustehen hatte.
Vorgänger: (Eduard V) | England (Liste der Herrscher) |
Nachfolger: Heinrich VII |
Das Drama Richard III. von William Shakespeare ist unter Richard III zu finden.