Stephan (England)
Stephan von Blois, 1135 bis 1154 König von England. Er war der Sohn der Gräfin Adela von Blois und damit ein Enkel Wilhelm des Eroberers.Stephan kam bereits in jungen Jahren an den Hof seines Onkels, König Heinrichs I. von England. Dort wuchs er auf, erhielt reichen Grundbesitz und wurde zu einem der mächtigsten Männer in der Umgebung des Königs. 1125 heiratete er Mathilde, die Tochter und Erbin des Grafen von Boulogne. Stephan kam damit in den Besitz dieses strategisch wichtigen Fürstentums. Mathilde gilt als eine der bedeutendsten mittelalterliche Königinnen Englands. Neben ihren militärischen Erfolgen (siehe unten) gehörte sie zu den wichtigsten Förderern des Templerordens und gründete die Abtei von Faversham, wo sie und Stephan bestattet sind.
Heinrich I. war 1135 ohne männlichen Nachfolger gestorben, hatte aber von den Baronen seine Tochter Mathilde (Maud), die Witwe des deutschen Kaisers Heinrich V, als Nachfolgerin einsetzen lassen, die damit zur ersten regierenden Herrscherin in der englischen Geschichte werden sollte. Angesichts seiner Verwandtschaft zu Wilhelm dem Eroberer beanspruchte Stephan den Thron für sich. Es folgten Kämpfe gegen die Unterstützer des Thronanspruchs von Kaiserin Mathilde, die jedoch erst 1139, als sie gemeinsam mit ihrem neuen Ehemann Gottfried Plantagnet, Graf von Anjou, in England landete, zu einem umfassenden Bürgerkrieg wurden. Die Stände Englands spalteten sich in zwei Lager, die jeweils eine Seite unterstützten. Zwölfjährige, heftige Kämpfe folgten. Als Stephan 1141 nach der Belagerung von Lincoln gefangen genommen wurde, nahm seine Frau Mathilde, die sich bereits zuvor als Heerführerin betätigt hatte, die militärische Führung in die Hand. Erfolgreich verdrängte sie mit Unterstützung der Stadtbevölkerung die Kaiserin aus London. Später wurde Stephan gegen Robert von Glouchester, den Halbbruder und wichtigsten Berater der Kaiserin, ausgetauscht. Dennoch konnte weder König Stephan noch Kaiserin Mathilde einen Sieg erringen. Aus diesem Grund wurde 1153 der Vertrag von Wallingford geschlossen. Stephan adoptierte damit Mathildes und Gottfrieds Sohn, den späteren Heinrich II, der inzwischen in die Kämpfe in England eingegriffen hatte, und setzte ihn zum Nachfolger ein. Stephans ältester Sohn Eustace, der eigentlich als Thronfolger vorgesehen war, ging leer aus und verließ erbost den Hof. Wäre er nicht im gleichen Jahr, vermutlich aus natürlicher Ursache, gestorben, hätte er wohl gewaltsam versucht, den Thron zu erringen. Der Vertrag von Wallingford beendete den Bürgerkrieg. Kaiserin Mathilde zog sich in die Normandie zurück, Stephan regierte noch bis 1154 in England. Stephans jüngste Sohn Wilhelm (gestorben 1160), musste sich mit der Grafschaft Boulogne aus dem mütterlichen Erbe begnügen.
Unter Stephans Herrschaft verschoben sich die Machtverhältnisse in der englischen Monarchie. Der König scheint kirchlichen Amtsinhabern als Trägern der Verwaltung misstraut zu haben und stärkte dafür die Macht und die Anzahl der Grafen. Das Grafenamt, zuvor nur wenig mehr als ein Ehrentitel, wurde von ihm ausgebaut. Davon erhoffte Stephan sich die verbesserte Verteidigung der ihm loyalen Gebiete im Bürgerkrieg. Letztendlich hatte die Stärkung der Grafen unter den turbulenten Zustände im Land aber die Entstehung halbautonomer Herrschaftsgebiete und damit eine Schwächung des Königtums zur Folge. 1149 überließ Stephan Nordhumbrien König David von Schottland.
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