Geoffrey Chaucer
Geoffrey Chaucer (* um 1343 in London (?); † 25. Oktober 1400 (?) in London) war ein englischer Schriftsteller und Dichter. Er ist als Verfasser der Canterbury Tales berühmt geworden. In einer Zeit, in der die englische Dichtung noch vorwiegend in Latein, Französisch oder Anglonormannisch geschrieben wurde, gebrauchte Chaucer die Volkssprache und erhob dadurch das Mittelenglische zur Literatursprache.Table of contents |
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Leben
Chaucer entstammte einer reichen Londoner Weinhändlerfamilie. Die erste schriftliche Erwähnung seines Namens findet sich 1357 im Haushaltsbuch der Gräfin von Ulster, Elizabeth de Burgh, der Frau des Prinzen Lionel von Antwerpen. Lionel, ein Sohn Königs Eduards III, war einer der Heerführer bei der Invasion Frankreichs 1359. Auch Chaucer nahm als Soldat an ihr teil und wurde 1360 bei Reims für kurze Zeit von den Franzosen gefangen genommen, für £16 aber wieder freigekauft. Während der kurz darauf eingeleiteten Friedensverhandlungen in Calais stand er als Kurier in Lionels Diensten. Bis 1366 ist keine geschichtliche Spur von ihm zu finden. Aus diesem Jahr ist ein Schutzbrief Königs Karls II. von Navarra überliefert, der Chaucer und drei Begleitern freies Geleit durch sein Königreich bis zur kastilischen Grenze gewährte. In den folgenden Jahren führte Chaucer wiederholt im Auftrag des des englischen Königs diplomatische Missionen aus.
1366 heiratete er Philippa Pan, Kammerdienerin der Königsgemahlin Philippa von Hennegau und Tochter von Sir Gilles, genannt "Paon de Roet", der im Gefolge der Königsgemahlin nach England gekommen war. Ihre Schwester Katherine Swynford war ab 1372 Mätresse, später die dritte Frau Johanns von Gent, Herzog von Lancaster und vierter Sohn des Königs. So kam es, dass Chaucer sich in den folgenden Jahren der Patronage des Herzogs erfreuen konnte. Aus der Ehe mit Philippa gingen mindestens zwei Söhne, Thomas und Lewis, und vermutlich zwei Töchter, Elizabeth und Agnes, hervor. Nur von Thomas Chaucer ist näheres bekannt, denn er wurde später einer der wohlhabendsten und politisch einflußreichsten Köpfe Englands.
Ab 1367 wurde Geoffrey Chaucer als Mitglied des königlichen Haushalts geführt, mal als valettus (Kammerdiener), mal als esquier (Knappe), jedenfalls als Angehöriger einer etwa 40 Mann starken Gruppe, die sich allgemein bei Hofe nützlich machen sollte. Vermutlich studierte er auch an den Inns of Court, der Londoner Rechtsschule. 1366-70 wurde er viermal in königlichem Auftrag ins Ausland gesandt und bereiste dabei Frankreich, Flandern und vermutlich auch Italien.
Sein erstes literarisches Verdienst ist wohl seine Übertragung des französischen "Roman de la rose" ins Mittelenglische. Als sein erstes eigenes Gedicht gilt das "Buch der Herzogin", eine Lobrede auf Blanche, der 1368 verstorbenen ersten Frau Johanns von Gent. 1372-73 bereiste er in königlichem Auftrag Genua und Florenz. Spätestens auf dieser Reise lernte er Italienisch, und vermutlich kam er auch erstmals in Kontakt mit der Dichtung Petrarcas, Bocaccios und Dantes, nach deren Vorbild er später die Canterbury Tales verfassen sollte.
1374 wurde er zum Zollinspektor für den Woll-, Fell- und Lederexport berufen. Wolle stellte in dieser Zeit den wichtigsten Exportartikel Englands dar, und so war Chaucer für die Aufbringung ungeheurer Geldsummen verantwortlich, mit denen zu einem beträchtlichen Teil der Königshof finanziert wurde. Neben seinem Berufseinkommen wurde ihm ab diesem Jahr von seinem Mentor Johann von Gent auch eine jährliche Apanage von £10 zuerkannt, und König Edward III. bewilligte ihm zudem auf Lebenszeit eine Gallone Wein täglich. 1377 bereiste er wiederum Frankreich, 1378 Mailand, um dort mit dem Despoten Bernabò Visconti geheime militärische Beratungen zu führen. Aus dem Jahr 1380 ist ein Gerichtsdokument überliefert, in dem Chaucer vom Vorwurf losgesprochen wird, an einer Bäckerstochter raptus verübt zu haben. Bis heute streiten Forscher darüber, ob dieses Delikt mit "Vergewaltigung" oder "Entführung" zu übersetzen ist.
Nach 1382 delegierte er die Arbeit im Zollhaus zunehmend seinen Stellvertretern, und 1385 siedelte er nach Kent um. Bereits ein Jahr später repräsentierte er diese Grafschaft im House of Commons, dem englischen Unterhaus. Seine engen Verbindungen zum Königshof wurden ihm jedoch 1386 zum Verhängnis, als die parlamentarische Opposition sich Gegen König Richard II. und Johann von Gent durchsetzte; all seine Ämter wurden ihm aberkannt. 1387 starb Chaucers Frau, und trotz seines zuvor kommoden Einkommens häufte er nun Schulden an. 1390 wurde er von Richard II zum clerk of the works ernannt, also zum Aufseher über die königlichen Bauvorhaben. In dieser Funktion wurde er im September dieses Jahres von Briganten ausgeraubt; manche Forscher vermuten, dass Chaucer den Überfall inszenierte, um mit dem vermeintlich geraubten Geld seine Schulden zu begleichen. Nach nur einem Jahr wurde ihm sein Amt wieder entzogen. Stattdessen wurde er zum Forstaufseher über die königlichen Wälder in North Petherton in der Grafschaft Somerset ernannt und erhielt in den folgenden Jahren seine Kontakte zum Königshof aufrecht. In dieser Zeit entstanden auch die meisten der Canterbury Tales.
Als Heinrich IV, der Sohn von Chaucers verstorbenem Gönner Johann von Gent und seiner erste Frau Blanche, 1399 den englischen Thron bestieg, wurde Chaucers Jahresgehalt beträchtlich erhöht. Er ließ sich wieder in London nieder, wo er aber bereits ein Jahr später verstarb, vermutlich am 25. Oktober 1400 - dies ist zumindest das Datum, das auf seinem heutigen Grabmal zu lesen ist. Es wurde jedoch erst im 16. Jahrhundert errichtet. Er wurde in der Westminster Abbey beigesetzt, und beginnend mit Edmund Spenser wurden ab 1599 traditionell die besten englischen Dichter in dieser Poet's Corner rund um sein Grab bestattet.
Im Jahr 2000 behauptete der Mediävist und ehemalige Monty Python-Komödiant Terry Jones, Chaucer sei ermordet worden; seine These stieß jedoch meist auf Ablehunung.
Werk
Literatur
Werksausgaben und Übersetzungen
Sekundärliteratur
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