Herbert Wehner
Herbert Wehner (* 11. Juli 1906 in Dresden; † 19. Januar 1990 in Bonn) war von 1969 bis 1983 Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion.Noch zu seiner Schulzeit war Wehner Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) geworden, die er jedoch schon 1923 wieder verließ, um Mitglied einer anarchosyndikalistischen Jugendgruppe um Erich Mühsam zu werden. Nach der Mittleren Reife 1924 begann Wehner eine Kaufmännische Lehre in Dresden. Wegen seiner radikalen politischen Betätigung verlor er 1926 seine Anstellung, arbeitete anschließend als Journalist und engagierte sich in der Gewerkschaft.
1927 wurde Wehner Mitglied der KPD und noch im selben Jahr hauptamtlicher Sekretär der Roten Hilfe Deutschlands in Dresden. 1930 wurde er Stellvertretender Sekretär der KPD in Sachsen und ab 1932 Technischer Sekretär des Politbüro in Berlin. Von 1930 bis 1931 war er Mitglied des Landtags von Sachsen.
Ab 1933 setzte er seine politische Arbeit für die inzwischen verbotene KPD in der Illegalität in Deutschland fort. 1935 emigrierte er als Mitglied des Zentralkomitees der KPD nach Moskau. Er wohnte dort im berühmt-berüchtigten "Hotel Lux", entging aber den stalinistischen Säuberungen, denen die meisten deutschen Exil-Kommunisten zum Opfer fielen. 1941 reiste er mit Parteiauftrag ins damals neutrale Schweden, wo er 1942 in Stockholm verhaftet und dann interniert wurde. Hier vollzog sich nach eigenem Bekunden sein Bruch mit dem Kommunismus.
1946 kehrte er nach Deutschland zurück und wurde sogleich Mitglied der SPD in Hamburg. Hier arbeitete er auch als Redakteur für die sozialdemokratische Zeitung "Hamburger Echo". Er gehörte schon bald zum engsten Kreis um den SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher. 1948 wurde er Mitglied des Bezirksvorstandes der SPD in Hamburg. Von 1958 bis 1973 war er außerdem Stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD. 1949 wurde er in den Deutschen Bundestag gewählt und war von 1957 bis 1958 sowie von 1964 bis 1966 Stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Im Kabinett der Großen Koalition unter Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger wurde Wehner 1966 Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen. Wehner hatte großen Anteil an der innerparteilichen Durchsetzung des Godesberger Programms, durch das sich die SPD 1959 endgültig auch programmatisch zur Volkspartei entwickelte.
Nach dem Regierungswechsel 1969 wurde er Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Hier erwarb er sich schnell den Ruf eines "Zuchtmeisters", der die Fraktion an der Seite der von Bundeskanzler Willy Brandt geführten Regierung hielt. Allerdings hatte er auch großen Anteil an der Demontage Brandts (Zitat: "Der Kanzler badet gerne lau; so in einem Schaumbad") und schließlich an dessen Rücktritt anlässlich der Guillaume-Affäre 1974.
Dem 1980 gewählten neunten Deutschem Bundestag gehörte er als Alterspräsident an.
Nach dem Bruch der sozialliberalen Koalition am 17. September 1982 und der Wahl von Helmut Kohl zum Bundeskanzler am 1. Oktober 1982 kam es im März 1983 zu Neuwahlen. Zu diesen Wahlen hat Wehner aus Altersgründen nicht mehr kandidiert. Als Grund gab er an: "Es reicht mir."
Bis zu seinem Ausscheiden aus dem Bundestag hat er 14 Jahre lang der SPD-Fraktion vorgestanden.
In den 34 Jahren als Bundestagsabgeordneter hat er sich 78 Ordnungsrufe eingefangen und ist somit Rekordhalter auf diesem Gebiet. Den CDU-Abgeordneten Jürgen Wohlrabe titulierte er als "Herr Übelkrähe", Jürgen Todenhöfer wurde einmal als "Abgeordneter Hodentöter" bezeichnet. Wehners Parlamentsstil war eigenwillig und unverkennbar. Seine Reden waren durchzogen von langen verschachtelten Sätzen, die immer wieder durch eruptive Ausbrüche unterbrochen wurden.
1990 verstarb er nach langen Jahren des Leidens.
Er ist Ehrenbürger der Stadt Hamburg.
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