Verkaufsethik
Als Verkaufsethik wird die gesellschaftlich- moralische Handlungsweise eines Verkäufers bezeichnet.
Vor der industriellen Revolution und bis zum Anfang des letzten Jahrhunderts war der Händler, der mit seinen Töpfen und Gewürzen auf Geschäftsreise war, hoch gefragt. Mit Entdeckung der Gewürze, seltener Pflanzen und der Erfindung effektiver Werkzeuge für die Landwirtschaft oder das Handwerk kam dem Verkäufer, der immer auch gleichzeitig Händler war, eine wichtige gesellschaftliche Rolle zu.
Und wurden Mitte der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts gut informierte Reisende oder Handelsvertreter in den Konzernen und Handwerksbetrieben gerne erwartet, gerät der Beruf des Verkäufers im Zuge der Wandlung einer Industriegesellschaft zur Informationsgesellschaft im Internetzeitalter unter Druck.
Mit dem Wandel der Märkte, weg vom Verkäufermarkt, hin zum Käufermarkt, haben sich immer weiter spezialisierte Unternehmensleistungen herausgebildet. Diese offenbaren dem Kunden Nutzwert, den dieser zwar nicht primär zum physischen Überleben benötigt, die ihn in seiner persönlichen oder betrieblichen Entwicklung jedoch oft erst in die Lage versetzen, sich von seiner Sozialumgebung oder dem Wettbewerb zu unterscheiden.
Beispiele hierfür sind:
Historische Entwicklung
Selbst so einfache Dienstleistungen wie der Verkauf eines PKW entwickeln sich aufgrund der industriellen Arbeitsteilung mitunter zu Investitionsprojekten für verschiedene Zielgruppen. Vom Privatkunden, der zehn Jahre gespart hat, über den Freiberufler mit Abschreibungsbedarf bis zum Flottenmanagement für Konzerne, deren Fahrzeuge in großer Stückzahl regelmäßig wiederbeschafft werden, hat der Verkäufer daher höchst unterschiedliche Bedürfnisse zu erfassen, anzuregen und zu befriedigen.
In Folge der allgemeinen Spezialisierung ist somit auch eine Differenzierung des Verkäuferberufes zu beobachten. Es entsteht eine Arbeitsteilung entlang hochkomplexer Verkaufsprozesse, in die z.T. Rechtsabteilungen, Forschung und Entwicklung oder Qualitätsmanagement involviert sind. Einerseits entstehen so anhand internationaler Marketingstrategien hochspezialisierte Berufsbilder, andererseits gibt es weiterhin einfache, der reinen Bestellabfertigung nachkommende Verkäufer. Heute reicht die Palette der Berufsbezeichnungen im Verkauf vom Tankstellenverkäufer, der nur mehr ein Kassierer ist, und den Kundenberater oder Gebietsverkäufer weitgehend standardisierter Massenprodukte, über den Produktmanager (verantwortlich über sämtliche Abteilungen, jedoch nur für eine Leistung), das Key-Account-Management (verantwortlich für einzelne Kunden, dort jedoch in sämtlichen Belangen) bis zum Retail-Development (der Einzelhandelsbetreuung) oder dem Reseller-Development (der Handelsentwicklung im Bezug auf Flächenexpanion) bzw. den reinen Kundendatenmanager (Customer Relationship Management (CRM)), welcher sich ausschließlich mit der Aufbereitung und Steuerung der Kundenkontakt-Datenbank befasst.
Schon immer haben sich einzelne Verkäufer von der Beratung des Kunden dank hoher Kompetenz weg entwickelt und sich als augenscheinliche Betrüger mit hoher Eloquenz entpuppt, eine Entwicklung, die es wohl schon immer im Einzelfall des berühmten "Pferdehändlers" gegeben haben mag, die jedoch augenscheinlich in Massenmärkten von bestimmten Branchen institutionalisiert wird. Es stellt sich somit die Frage der psychologischen Systematik von Übervorteilung gegenüber engagierter und durchaus begeisternder Beratung.
Wenige, wirkliche Neuerungen sprechen sich im Informationszeitalter rasant herum. Die Folge ist, dass die Industrie manchmal kaum mit der Leistung nachkommt (Beispiele in etwa.: 1980 der Rubik's Cube, 1990 das C-Netz und zum Jahr 2000 die komplette Wartung sämtlicher Computer weltweit). Unternehmen sind angesichts der hohen Informationsdichte in den Märkten andererseits i.d.R. kaum noch in der Lage für grundlegende Neuigkeiten zu präsentieren. Allenfalls Innovationen bekannter Leistungen treten in den Mittelpunkt der Produktentwciklung und der anschließenden Marktkommunikation (siehe Marketing).
Aufgrund intensiver Konsumentenwerbung in den Medien und Fachpublikationen sind weite Teile der Bevölkerung in den Industrienationen somit auch heute der Meinung, dass sie "schon alles kennen" und "nichs brauchen". Diese Entwicklung hat mit dazu beigetragen, dass Verkäufer heute oft mit rhetorischen Tricks und hemdsärmeliger Dreistigkeit Zielgruppen in großer Tiefe ansprechen, um doch noch einen uninformierten Kunden zu finden.
Ein Beispiel für die institutionalisierte Abschöpfungspolitik im Markeiting großer Anbieter sind die erfolgreichen MLM-Unternehmen, welche rein auf der Beziehungsebene teils sehr hochwertige Produkte auch an stark unterfinanzierte Haushalte verkaufen. Diese Unternehmen, die aufgrund einer starken Kundenbindung der Verkäufer mit der Zielgruppe im Privatbereich enorme Umsätze realisieren, stellen nicht das Produkt in den Mittelpunkt, sondern das Gefühl, "Freunde" (Verkäufer) zu haben, die "das Beste" anbieten. In einer von zunehmender Isolierung und Individualisierung geprägten Sozialumgebung vermittelt das Verkaufsgespräch ein oft vermisstes Gefühl, wichtig zu sein, ernst genommen zu werden und im Dialog mit Menschen, die einen verstehen, hervorragende Leistungen persönlich angeboten zu bekommen.
Entlang einer kognitiv nachvollziehbaren Leistungsargumentation wird der Kontext einer persönlichen Beratung in der privaten Wohnung genutzt, um ein Geschäft zu machen. Leider merkt gerade der unterfinanzierte Kunde erst nach dem Aufräumen des Wohnzimmers, dass er Waren gekauft hat, die im besten Fall sein Badezimmer mit teuren Suspensionen oder die Küchenschränke mit edlem, garantiert ewig brauchbarem Kunststoff füllen.
Hier wird der Unterschied zwischen Überzeugen und Überreden deutlich. Während die Überzeugung den kognitiven Bereich des Menschen anspricht und somit länger Bestand hat, gilt als Überreden die apellative affektive Aspekt, also die Ansprache der Emotionen sowie die Nutzung einer Beziehungsebene zur Meinungsbildung. Diese Form ist zwar mitunter wirkungsvoll, kann jedoch schnell wieder aufgelöst und ins Gegenteil verkehrt werden (Kaufreue).
Da Menschen nach Sigmund Freuds Eisbergtheorie jedoch Entscheidungen zu mindestens 80% unbewusst und emotional treffen, steckt der Verkäufer in einem Dilemma. Nutzt er nur die sachlichen Fakten, wird er den Kunden nicht zeitgerecht gewinnen und dem Wettbewerb zu viel Freiraum geben. Nutzt er die Beziehungsebene zum Verkauf, läuft er Gefahr, den Kunden nach dem "Überreden" wieder zu verlieren. Dabei sollten in einer Argumentation grundsätzlich beide Bereiche vorkommen. Es gibt Mischformen aus sachlicher und emotionaler Argumentation, die einen anderen Menschen dazu bringen, sich mit neuen Zielen, Möglichkeiten oder Entwicklungen zu identifizieren, oder bei ihm neue Bedürfnisse anregen. Dieser Bereich der Rhetorik spielt im Verkauf, insbesondere in der Verkaufsethik eine wichtige Rolle.
Während der Kaufmann mit dem edlen Tuch und Pflanzen zur Herstellung von Medizin oder der Hufschmied freudig in den Dörfern erwartet wurden, schlägt dem eifrigen Telefonverkäufer für Schiffsbeteiligungen oder Haushaltsgeräte heute angesichts der teilweise grotesken Ausdifferenzierung immer neuer Varianten alter Leistungsinhalte und schlimmstenfalls angebiederter Pseudo-Freundschaft beinahe schon Hass entgegen.
Lösungen bieten hier die Win-Win-Strategien, wie das Harvard-Konzept, das Energie-Konzentrationssystem (EKS), die Delphinstrategie oder das Clienting, mit deren Hilfe beide Wege gangbar, jedoch klar abgegrenzt und nachvollziehbar präsentiert werden. Die Grundprinzipien dieser Geschäftsformen ähneln sich merklich. Sie enthalten immer folgende Parameter:
Ein volkswirtschaftlicher Ansatz wäre es, relativ neue Technologien, wie die Wind- oder Solartechnik, die Hanf-Werkstofftechnik oder das Open-Source-Entwicklungsmodell aufzugreifen und ihre Vermarktung aktiv zu fördern.
Die echte Neuigkeit, die Dienstleistungsverbesserung oder individuelle Dienstleistung ermöglichen nach wie vor, Ethik im Verkauf zu realisieren. Egal ob im Internet mit einem Fotografie-Forum oder in der Siliziumforschung für Solarzellen (siehe auch Festkörperphysik); es werden immer noch begeisternde Erfolgsgeschichten geschrieben. Unternehmer, die mit einer guten Idee und einem passenden Angebot sehr viel Umsatz realisieren, haben es nicht nötig, sich mit Druck und falschen Verkäufern auf Umsatzjagd zu begeben. Sie stecken viel Energie oder Muße in die richtige Idee oder haben das bessere Dienstleistungsangebot in Verbindung mit hoher Verfügbarkeit. Unethisches Verkaufen ist also auch ein Indiz für fantasielose Produkt- und Preispolitik oder veraltete Wahl der Vertriebswege auf Seiten des Unternehmers.
Als Beispiel für enormes Wachstum auf Grund intelligenter Unternehmensführung selbst in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation sei hier ein Fall aus dem C2C-Markt (Konsument zu Konsument) angeführt. Mit einer Internetplattform ohne verkäuferische Konstruktionen wurde bereits kurz nach der Gründung des Unternehmens Marktführerschaft erzielt.
Zitat A. Meyer, www.photocommunity.de 08/03: Ich war selbst überrascht, wie viele Fotografen nur darauf gewartet haben, endlich ihre Fotos im Netz auszustellen, um mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten. Meine Berufspläne haben sich dadurch von heute auf morgen in Luft aufgelöst, fotocommunity wurde zu einem Fulltimejob und zeigt, dass auch mit einem Marketingbudget von genau Null Euro ein enormes Wachstum zu erreichen ist. Qualität spricht sich rum. Mund-zu-Mund-Propaganda ist und bleibt die beste Werbung. 50% aller neuen User gelangen über eine persönliche Weiterempfehlung auf die fotocommunity. Zwei Monate nach Eröffnung kam die Internetseite auf eine Millionen Seitenabrufe pro Monat. Heute ist sie mit 25 Millionen Seitenabrufen pro Monat und über 30.000 registrierten Hobbyfotografen die größte Foto-Seite in Europa und eine der aktivsten Internet-Gemeinschaften überhaupt.
Angesichts einer extremen Medienpräsenz und unüberschaubar differenzierten Leistungen scheint es auf den ersten Blick unmöglich, den seriösen Verkäufer eines Nischenproduktes vom schwarzen Schaf zu unterscheiden.
Es gibt jedoch Merkmale, die ein seriöses Angebot kennzeichnen:
Obwohl wir in einer Wohlstandsgesellschaft leben, bei der "Kaufen und Verkaufen" zu den wichtigen, alltäglichen Tätigkeiten gehören, haben viele Menschen ein gestörtes Verhältnis zum Verkauf. So nennen sich kaum noch Personen wie früher mit Stolz Kaufmann (Hanseatische Kaufmannsehre) oder Verkäufer. Im Gegensatz beispielsweise zu den USA, wo salesmen hoch angesehen werden, genießt ein Verkäufer im deutschsprachigen Wirtschaftsraum selten einen so guten Ruf wie ein Beamter, Wissenschaftler oder Unternehmer.
Ein Grund hierfür ist zum einen sicher die germanisch-traditionelle Vorliebe für Zahlen, Daten und kognitiven Fakten gegenüber emotionaler Intelligenz (EQ) und professioneller Beziehungsarbeit. Während der Hochschulabschluss gesellschaftlich immer noch das Nonplusultra der Ausbildung zu sein scheint, steht der Verkäufer mit seinem „Gerede“ landläufig im Schatten des informierten Kunden, der sich, zumal mit Verbreitung des Internet, selbst ein Bild darüber machen kann, was er kaufen sollte.
Siehe auch: Ethik, Moral, Rhetorik, Kommunikation, Öko-Check
Von der Differenzierung zur Übervorteilung
Überzeugen vs. Überreden
Lösungsansätze
Ein anderer Ansatz, der zumindest in Deutschland traditionell greift, ist die gesetzliche Beschränkung der Werbeaktivitäten in bestimmten Branchen. So unterliegen Freiberufler (Mediziner, Apotheker, Sachverständige oder Juristen) in Deutschland einem Werbeverbot. Medizin oder Unfallbegutachtung sollen auch weiterhin seriös angeboten und nicht reißerisch angepriesen werden. Im Wege der EU-Harmonisierung könnte sich das in Deutschland in Zukunft ändern.Es geht auch anders
Anhaltspunkte für unethisches Verkaufen
Sollten mehrere dieser Merkmale fehlen, ist das Angebot mit Vorsicht zu genießen. Sicher ist nichts dagegen zu sagen, wenn Verkäufer neue Kollegen werben, und auch nicht alle europäischen Händler ohne Inlandsvertretung sind generell unseriös. Doch wenn der Berater keine Ausbildung hat, die Verkaufsversprechen nach dem Gespräch nicht auf dem Tisch liegen lassen möchte und Anzahlungen ohne Garantien verlangt, sollte der Kunde besser einen anderen Anbieter bevorzugen.Kulturelle Unterschiede
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