Haus Burgund
Das Haus Burgund war ein Adelsgeschlecht im Spätmittelalter. Eigentlich waren sie ein Seitenzweig der Valois, konnten aber ein ausgedehntes Territorium beiderseits der deutsch-französischen Grenze errichten, das es eine Zeit lang zur mächtigsten Dynastie Europas machte. Theoretisch waren sie für ihre westlichen Länder Lehnsmänner des Königs von Frankreich und für ihre östlichen Lehnsmänner des römisch-deutschen Kaisers, in der Praxis traten sie aber als unabhängige Fürsten auf.1363 wurde Philipp der Kühne von seinem Vater, dem französischen König Johann dem Guten mit Burgund belehnt. Durch Erbschaft und Kauf erwarb dieser die Freigrafschaft Burgund sowie Flandern. Sein Enkel Philipp der Gute konnte bis 1433 auch das Erbe der Wittelsbacher am Niederrhein (Holland, der damit verbundene Hennegau sowie Seeland), und das Erbe der 1438 ausgestorbenen Luxemburger (Luxemburg, Limburg sowie vor allem Brabant) an sich bringen. 1435 wurde auch noch die Picardie erworben und die burgundische Lehnsabhängigkeit vom römisch-deutschen Kaisertum beendet. Nachdem sich Philipp in den französischen Thronwirren (Hundertjähriger Krieg) 1420 der englischen Partei anschloss, gelang es ihm in Folge, sein Lehensverhältnis auch zu Frankreich formell zu beenden. Zudem war dieses Bündnis mit England der entscheidende Schritt zu einer unabhängigen Großmachtpolitik: sein Vater Johann Ohnefurcht hatte noch als Haupt der Bourguignons vergeblich versucht, die Regierung über Frankreich zu erlangen und war am Widerstand der Armagnacs gescheitert. Der Konflikt mit den Valois blieb aber trotz der formellen Aussöhnung mit König Karl VII im Vertrag von Arras 1435 bestehen.
Sein Sohn Karl der Kühne galt seinen Zeitgenossen als Idealbild des Ritters und war auch ständig in Kämpfe verwickelt. 1474 verhandelte er mit Kaiser Friedrich III über die Erhebung zum König - dieser forderte als Preis die Hand von Karls Tochter Maria für seinen Sohn Maximilian. Nach der erfolglosen Belagerung von Neuss willigte Karl schließlich ein, sein früher Tod verhinderte diesen Plan dennoch. Mit der Verpfändung Vorderösterreichs durch Sigmund von Österreich 1469 und dem Erwerb des Gelderlandes 1473 erreichte der Länderkomplex schließlich seine größte Ausdehnung.
Dieser Länderkomplex fiel allerdings auseinander in die Oberen Lande (das eigentliche Burgund und die Freigrafschaft) und die Niederen Lande - die eben danach genannten Niederlande. 1475 unternahm Karl der Kühne den Versuch, durch die Eroberung Lothringens eine Landverbindung zwischen diesen Teilen zu schaffen - dies rief allerdings die Eidgenossen auf den Plan (siehe Burgunderkriege). 1477 fiel Karl bei der Belagerung der lothringischen Hauptstadt Nancy. Mit ihm starb dieses Geschlecht ebenso jäh aus, wie es zuvor aufgestiegen war - ein Schicksal, das an die kometenhafte Karriere der Luxemburger erinnert, zumal auch das Haus Burgund von den Habsburgern beerbt wurde. Durch die Heirat Maximilians mit Maria von Burgund konnte er das Erbe für ihren gemeinsamen Sohn Philipp den Schönen fordern und setzte sich gegen den französischen König Ludwig XI 1479 in der Schlacht von Guinegate durch. Frankreich erhielt aber immerhin das eigentliche Burgund und die Picardie. Damit fiel die Hauptstadt Dijon an Frankreich und die Residenz wurde von Philipp dem Schönen nach Brüssel verlegt. Mit ihrem burgundischen Erbe stiegen die Habsburger abrupt zu europäischer Geltung auf, und waren fortan auch als Haus Österreich und Burgund bekannt. Sie erbten aber auch den Konflikt mit Frankreich, der bis um 1750 ein Hauptthema ihrer Politik blieb.
Am burgundischen Hof in Dijon erlebte die ritterliche Kultur nochmals einen späten Höhepunkt. Das burgundische Hofzeremoniell (das von den Habsburgern nach Spanien importiert wurde und von da an Spanisches Hofzeremoniell genannt wurde) blieb in den folgenden Jahrhunderten Modell für alle absolutistischen Fürstenhöfe. In Flandern erlebte die Kunst eine beispielhafte Hochblüte, vor allem in der Malerei, wo die Brüder van Eyck und Rogier van der Weyden völlig neue Wege gingen.
Die Insignien der Herzöge und des von Philipp dem Guten 1430 gestifteten Orden vom Goldenen Vlies liegen in der Schatzkammer der Hofburg in Wien.
Die Herzöge von Burgund waren:
- Philipp der Kühne 1363-1404
- Johann Ohnefurcht 1404-1419
- Philipp der Gute 1419-1467
- Karl der Kühne 1467-1477
Literatur
Johan Huizinga: Herbst des Mittelalters
Siehe auch: Liste der Herrscher von Burgund