Burgunderkriege
Als Burgunderkriege bezeichnet man die militärischen Auseinandersetzungen zwischen dem Herzogtum Burgund und der mit Frankreich verbündeten Schweizerischen Eidgenossenschaft, die 1474 begannen und 1477 mit dem Aussterben des Hauses Burgund in männlicher Linie endeten.
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2 Kriegsverlauf 3 Kriegsfolgen |
Der französische König Johann der Gute aus dem Haus Valois belehnte 1363 seinen jüngsten Sohn Philipp den Kühnen mit dem Herzogtum Burgund. Philipp überwarf sich mit seinem Vater und ging dazu über, eine eigenständige Machtpolitik zu betreiben. Er vergrößerte seinen Herrschaftsbereich durch den Erwerb Flanderns und der Freigrafschaft Burgund, während seine Nachfolger den burgundischen Länderkomplex um Brabant, Holland, Limburg, die Picardie und Luxemburg erweiterten. Auf diese Weise schuf die burgundische Nebenlinie des Hauses Valois ein mächtiges Feudalgebilde, das offiziell der französischen Krone und den Kaisern des Heiligen Römischen Reiches verpflichtet war, faktisch jedoch als unabhängiger Staat agierte. Mit Brabant und Flandern beherrschten die Herzöge von Burgund die wirtschaftlich stärksten Regionen des damaligen Europas. Die burgundischen Steuereinnahmen waren um ein Vielfaches höher als die des politisch und wirtschaftlich schwachen Heiligen Römischen Reiches. Das Haus Burgund betrieb eine expansionistische Politik, die auf die Herstellung einer territorialen Verbindung zwischen den nördlichen und südlichen Gebieten abzielte. Zu einer Auflösung der burgundischen Lehnsabhängigkeit von Frankreich kam es 1435 mit dem Vertrag von Arras. Im selben Jahr verweigerte Burgund auch dem Kaiser den Lehnseid.
Besonders ehrgeizige Ziele verfolgte der seit 1467 herrschende Herzog Karl der Kühne, der die burgundischen Ländereien in ein Königreich umwandeln wollte. Karl wurden sogar Ambitionen auf den Kaisertitel nachgesagt. Zuvor wollte er jedoch durch die Eroberung des Herzogtums Lothringen einen geschlossenen, burgundischen Länderkomplex entstehen lassen. Karl der Kühne hatte keinen Sohn, weshalb das Aussterben des Hauses Burgund in direkter Linie drohte.
Die machtpolitischen Absichten Karls des Kühnen widerstrebten zwangsläufig dem Heiligen Römischen Reich, insbesondere in Gestalt von Kaiser Friedrich III. Friedrich befürchtete den permanenten Verlust der habsburgischen Besitzungen im Elsass, die Sigmund von Österreich bereits 1469 notgedrungen an Burgund verpfändet hatte. Friedrich erkannte jedoch die hohe Wahrscheinlichkeit des Aussterbens der burgundischen Dynastie in männlicher Linie, weshalb er für seinen Sohn Maximilian Karls Tochter Maria von Burgund forderte. Im Gegenzug versprach Friedrich die Verleihung des Königstitels an Karl. Karl ging auf dieses Angebot zunächst jedoch nicht ein, sondern unternahm 1474 einen Feldzug gegen das Erzbistum Köln, der an der Belagerung von Neuss scheiterte. Danach stimmte Karl einer Verlobung seiner Tochter mit Friedrichs Sohn Maximilian zu. Die Habsburger waren aber nach wie vor um ihre elsässischen Besitzungen besorgt und erreichten mit Hilfe des französischen Königs Ludwig XI eine Annäherung an ihre schweizerischen Rivalen, die ihnen 1460 den Thurgau entrissen hatten.
Ludwig XI. war der größte Feind der Burgunder, die sich während des Hundertjährigen Kriegs mehrfach mit England gegen die französische Krone verbündet hatten. Diese Feindschaft wurde auch von Karl dem Kühnen gepflegt, der ein neues Bündnis mit den Engländern einging. Ludwig XI. hoffte auf ein Vorgehen der Schweizerischen Eidgenossenschaft gegen Burgund, da diese ebenfalls eine expansionistische Politik betrieb, die auch auf burgundische Gebiete und das Elsass ausgerichtet war. Tatsächlich erklärten die Eidgenossen im Oktober 1474 im Bündnis mit Frankreich Burgund den Krieg.
Nach der Kriegserklärung durch die Eidgenossenschaft und der vergeblichen Belagerung von Neuss liess Karl 1475 das Herzogtum Lothringen besetzen. Als die mit Burgund verbündeten Engländer 1475 in Calais landeten, blieb die Unterstützung durch Karl den Kühnen aus, da dieser zu sehr mit seiner lothringischen Gebietserwerbung beschäftigt war. Am 29. August erkauften die Franzosen bei Picquigny den Frieden mit England, wodurch die Burgunder geschwächt wurden.
Im darauf folgenden Jahr unternahm Karl von der Freigrafschaft Burgund aus einen Feldzug gegen das Territorium der Eidgenossen. Zu Karls Aufgebot gehörten zahlreiche Bogenschützen, außerdem verfügte sein Heer über mehrere Hundert Kanonen. Hinzu kamen Armbrustschützen, schwere Reiterei und einige Soldaten, die mit frühen Arkebusen ausgerüstet waren. Zu ersten größeren Kampfhandlungen kam es am 2. März 1476 bei Grandson. Dabei mussten Karls Truppen eine erste Niederlage im Kampf gegen das schweizerische Fußvolk hinnehmen. Den Schweizern gelang die Erbeutung von über 400 burgundischen Geschützen.
Wenige Monate später folgte ein weiterer Vorstoß von Karl auf eidgenössisches Gebiet, der am 22. Juni 1476 bei Murten gestoppt wurde. Das fast 20.000 Mann starke burgundische Heer verschanzte sich hinter ausgedehnten Feldbefestigungen und wartete auf den Angriff der Schweizer, der jedoch zunächst ausblieb. Nach einiger Zeit erlaubte Karl einem Großteil seiner Truppen die Rückkehr in das Feldlager. Dies nutzten die Schweizer dazu aus, um in drei großen Gewalthaufen aus Pikenieren vorzurücken. Die Burgunder wurden geschlagen und mussten sich zurückziehen.
Im Kriegsjahr 1477 gingen die Schweizer zur Offensive über. Gemeinsam mit den Truppen des entmachteten Herzogs René von Lothringen und einem elsässischen Aufgebot stiessen sie nach Nancy vor, wo es am 5. Januar zur Schlacht gegen die burgundischen Truppen unter Karl dem Kühnen kam. Das zahlenmäßig deutlich unterlegene Heer der Burgunder wurde entscheidend geschlagen. Karl der Kühne fiel in der Schlacht.
Im August 1477 heiratete Karls Tochter Maria von Burgund den habsburgischen Thronfolger Maximilian. Dadurch erhielten die Habsburger Anspruch auf die burgundischen Besitzungen. Es kam jedoch zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und Habsburg, die 1479 mit einem habsburgischen Sieg bei Guinegate endeten. Frankreich konnte lediglich die Picardie und das Herzogtum Burgund halten. Als Maria von Burgund 1482 verstarb, gingen die Ländereien ihres Vaters endgültig an die Habsburger über. Die habsburgische Herrschaft konnte in Flandern aber erst 1489 durchgesetzt werden. Durch den Gewinn eines Großteils des ehemaligen burgundischen Staats wuchs die Machtposition der Habsburger deutlich, doch es entstand ein latenter Konflikt mit Frankreich, der bereits wenige Jahre später während der Italienkriege offen ausbrach.
Das Selbstbewusstsein der Schweizer war durch ihre Erfolge im Kampf gegen die Burgunder stark gewachsen. Sie widersetzten sich der Reichsreform von Maximilian I. und errangen im Schwabenkrieg von 1499 ihre faktische Unabhängigkeit, die durch den Westfälischen Frieden von 1648 offiziell anerkannt wurde. Die Schlagkraft des schweizerischen Fußvolks aus Pikenieren und Hellebardieren bewog diverse europäische Herrscher dazu, über Jahrzehnte vor allem Söldner aus der Schweiz anzuwerben.
Der Untergang des neuburgundischen Staats hatte gezeigt, das im Europa an der Schwelle zur Neuzeit kein Platz mehr für ein weiteres, übernationales Feudalreich war. Das "Burgundische Jahrhundert" hatte ein vorzeitiges Ende gefunden.
Siehe auch: Liste von Kriegen, Liste von SchlachtenUrsachen
Das Haus Burgund
Die Gegner Burgunds
Kriegsverlauf
Kriegsfolgen