Bundespräsident (Österreich)
Der österreichische
Bundespräsident ist das auf sechs Jahre (Art. 60/5
B-VG) gewählte
Staatsoberhaupt. Seit
1950 wird er in einer direkten Wahl vom Volk gewählt. Er kann einmal wiedergewählt werden (Art. 60/5 B-VG).
Rechtsstellung und Aufgaben sind im Prinzip größer als diejenigen des deutschen Bundespräsidenten. In vielen Fällen kann er nur auf Vorschlag der Bundesregierung hin aktiv werden. War die Stellung des Bundespräsidenten in der Verfassung von 1920 sehr schwach, also rein repräsentativ konzipiert, erhielt sie mit der Verfassungsnovelle 1929 unter dem Druck autoritärer Kräfte eine beträchtliche Aufwertung. Da bei der Gründung der Zweiten Republik die Verfassung in der Fassung von 1929 wiedereingesetzt worden ist, hat der Bundespräsident auch heute noch in der Theorie eine starke Stellung. In der Praxis übten sich die Bundespräsidenten der zweiten Republik aber (zum Teil gezwungenermaßen) in Zurückhaltung und konzentrierten sich auf ihre repräsentativen Aufgaben. Autorität fließt ihnen unter diesen Umständen hauptsächlich kraft ihrer Persönlichkeit zu.
Der österreichische Bundespräsident hat seine Amtsräume im Leopoldinischen Trakt der Hofburg in Wien.
Kompetenzen
- Ernennung der Bundesregierung (Art. 70/1 B-VG): Der Bundespräsident ist bei der Ernennung des Bundeskanzlers rechtlich an keine Vorgaben gebunden. Die einzelnen Bundesminister und Staatssekretäre werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers ernannt. In der Praxis galt es jedoch bis 2000 als ungeschriebenes Gesetz, dass der Bundespräsident nach Neuwahlen des Nationalrats den Spitzenkandidaten der mandatsstärksten Partei mit der Bildung einer Regierung beauftragte. Wie jedoch die Regierungsbildung 2000 gezeigt hat, kann der Bundespräsident gegen eine Mehrheit im Nationalrat aber keine stabile Regierung durchsetzen und die Initiative zur Regierungsbildung kann auch gänzlich von den interessierten Parteien ausgehen. Da die einzelnen Mitglieder der Bundesregierung jedoch vom Bundespräsidenten (auf Vorschlag des Bundeskanzlers) ernannt werden müssen, kann er einzelnen Minister oder Staatssekretäre auch ablehnen (von dieser Möglichkeit wurde auch schon Gebrauch gemacht).
- Gegenzeichnung von Gesetzen ("Staatsnotar") (Art. 67 B-VG): Der Bundespräsident beglaubigt im Zuge des Gesetzgebungsverfahren das verfassungsgemäße Zustandekommen von Gesetzen. Er prüft aber nicht auf inhaltliche Verfassungskonformität.
- Oberbefehlshaber über das Bundesheer: (Art. 80 B-VG) Wie die Kompetenz zur Ernennung der Regierung eher nur formell, der Bundespräsident besitzt über keine unmittelbare Befehls- und Verfügungsgewalt. Er kann außergewöhnliche Rekrutierungsmaßnahmen anordnen und verfügt über ein umfassendes Informationsrecht
- Staatspersonalbefugnisse: Ernennungsbefugnis für Bundesbeamte, Offiziere und Richter; auch Verfassungsrichter (auf Vorschlag der Regierung). Diese Befugnisse sind zwar meist an die Ressortminister delegiert (Art. 66 B-VG), oberste Organe werden aber vom Bundespräsidenten selbst ernannt. (Art. 65/2/a B-VG)
- Vertretung der Republik nach außen: (Art. 65/1 B-VG) (Beim EU-Beitritt Österreichs kam es zu Unstimmigkeiten zwischen Bundespräsident und Bundeskanzler, wer Österreich im EU-Rat vertreten darf. Der Bundeskanzler hat sich durchgesetzt, wobei Bundespräsident Thomas Klestil der Ansicht war, er habe dieses Recht nur an den Bundeskanzler delegiert.)
- Begnadigungen von Häftlingen (Art 65/1/c B-VG iVm § 510 StPO)
- Notverordnungsrecht
Bundespräsidentenwahl
Der Bundespräsident wird vom Bundesvolk auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Wahlrechts gewählt (Wahlrecht).
Aktiv wahlberechtigt ist jeder, der zur Nationalratswahl berechtigt ist (also: Personen, die spätestens mit Ablauf des Tages der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben. (Art. 26/1 B-VG iVm 60/1 iVm § 4 BPräsWG) (zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 90/2003)
Passiv wahlberechtigt ist jeder, der:
- das Wahlrecht zum Nationalrat hat (vgl. § 21 NRWO)
- das 35. Lebensjahr überschritten hat (Art. 60/3 B-VG)
- nicht Mitglied eines regierenden oder ehemals regierenden Hauses ist
- nicht inkompatible Berufe ausübt (UnvereinbarkeitsG)
Wahlergebniss der letzten Bundespräsidentenwahl
Die Bundespräsidentenwahl des Jahres 2004 hatte folgendes Resultat:
Wahltag
| 25. April 2004
|
Wahlberechtigte
| 6.030.982
|
Wahlbeteiligung
| 71,60%
|
abgegebene Stimmen
| 4.318.439
|
ungültige Stimmen
| 182.423
|
gültige Stimmen
| 4.136.016
|
Kandidat
| Stimmenanzahl
| Anteil
| Partei
|
| 1.969.326
| 47,61%
| ÖVP
|
| 2.166.690
| 52,39%
| SPÖ
|
siehe auch: Wahlergebnisse österreichischer Bundespräsidentenwahlen
Sonstiges
- Immunität (Art. 63/1 BV-G)
- Wenn der Bundespräsident verhindert ist, wird er für 20 Tage durch den Bundeskanzler, anschließend durch ein Kollegium bestehend aus den drei Nationalratspräsidenten vertreten. (Art. 64/1 B-VG)
- Bei einer "dauernden Erledigung der Stelle des Bundespräsidenten" (z.B. im Todesfall) übernimmt das Kollegium der Nationalratspräsidenten sofort die Funktion des Staatsoberhauptes. (Art. 64/4 BV-G)
- Der Nationalrat kann mit 2/3-Mehrheit die Einberufung der Bundesversammlung verlangen, welche über die Abhaltung einer Volksabstimmung zur Absetzung des BP entscheidet. Mit der Beschlussfassung des Nationalrates ist der BP an der ferneren Ausübung seines Amtes verhindert. In diesem Fall wird er sofort durch das Kollegium der Nationalratspräsidenten vertreten. Falls das Bundesvolk in der Volksabstimmung die Absetzung des BP ablehnt, so gilt dieser als neu gewählt. Außerdem hat dies automatisch die Auflösung des Nationalrates zur Folge. (Art. 60 B-VG)
- Der BP ist der Bundesversammlung für die Ausübung seiner Funktionen verantwortlich (Art 142 iVm 68 B-VG)
Österreichische Bundespräsidenten
Erste Republik (1918–1938)
Zweite Republik (seit 1945)
Zeitleiste der Bundespräsidenten seit 1945
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Siehe auch
Weblinks
Rechtshinweis