Thomas Klestil
Thomas Klestil (* 4. November 1932 in Wien; † 6. Juli 2004 in Wien ) war ein österreichischer Diplomat, der von 1992 bis zu seinem Tod das Amt des österreichischen Bundespräsidenten bekleidete.mit den französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac]]
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2 Karriere 3 Bundespräsidentschaft 4 Erkrankung 5 Siehe auch 6 Weblinks |
Klestil wurde als jüngstes von fünf Kindern eines Straßenbahnbediensteten und einer Gärtnerin im Wiener Arbeiterviertel Erdberg geboren. Er besuchte das Don-Bosco-Gymnasium im dritten Bezirk in Wien und studierte anschließend an der Hochschule für Welthandel Handelswissenschaften. Im Jahre 1957 schloss er sein Studium mit dem Doktor der Handelswissenschaften ab und heiratete im selben Jahr seine erste Frau Edith-Maria Wielander.
Unter Bundeskanzler Bruno Kreisky hatte Klestil die Aufgabe, UNO-Organisationen zu bewegen, sich in der damals neuen Wiener UNO-City anzusiedeln. Anschließend wurde er Botschafter bei der UNO in New York und danach in Washington, wo er höchst erfolgreich ein weit reichendes Netz von Kontakten auch zur Regierung von Ronald Reagan aufbaute. 1989 kam er wieder zurück in die Zentrale und wurde unter Alois Mock Generalsekretär des Außenministeriums.
Diese Ankündigungen versuchte er gleich am Anfang seiner Amtszeit mit einer Öffentlichkeitsoffensive, unter anderem der Einführung von "Offenen Tagen" in seinem Amtssitz, der Wiener Hofburg, sowie vor allem 1994 wahr zu machen, als er beim Beitritt Österreichs in die Europäische Union den Beitrittsvertrag unterzeichnen und in Hinkunft an den Beratungen der EU-Regierungschefs teilnehmen wollte. Diese durch ein Gutachten eines Verfassungsrechtlers unterstützte Forderung wurde jedoch von der Regierung unter Bundeskanzler Franz Vranitzky abgelehnt, die auch Klestils Einspracherechte bei der Ernennung von höheren Beamten - zum Beispiel Schuldirektoren - zu beschränken verstand.
1994 nahm sein Image besonders in den konservativen Teilen seiner Wählerschaft nachhaltigen Schaden, als Klestil, der im Wahlkampf noch die traditionellen Werte der intakten Familie hochgehalten hatte, selbst mit seinem Eheproblem in die Boulevardmedien ging und es ruchbar wurde, dass er schon längere Zeit ein Verhältnis mit seiner Wahlkampfleiterin Margot Löffler hatte.
Nach der Nationalratswahl 1999, bei der Jörg Haiders FPÖ hinter der SPÖ auf den zweiten Platz gekommen war, drängte Klestil nachdrücklich auf eine Fortsetzung der Großen Koalition aus SPÖ und ÖVP, dies hauptsächlich deshalb, weil er Haider wegen dessen wiederholten rechtsextremen Äußerungen für regierungsunwürdig hielt und zudem aus seiner Erinnerung als Diplomat außenpolitische Schwierigkeiten befürchtete. Dennoch schloss Wolfgang Schüssel ohne Auftrag des Bundespräsidenten - ein absolutes Novum in der österreichischen Geschichte - mit der FPÖ eine Regierungskoalition.
Somit stand Klestil vor der Situation, dass eine von ihm nicht gewünschte Regierung bereit stand und auch über eine parlamentarische Mehrheit verfügte. Infolge dessen hätte seine (verfassungsgemäß allerdings mögliche) Weigerung, die Regierung zu ernennen, oder sein Rücktritt eine Staatskrise heraufbeschworen.
So beugte sich Klestil den Realitäten und vereidigte die neue Regierung mit Wolfgang Schüssel als Bundeskanzler am 4. Februar 2000.
Zuvor hatte er allerdings Jörg Haider eine Präambel zur Festschreibung demokratischer Werte unterzeichnen lassen und überdies zwei FPÖ-Kandidaten für Ministerämter (Hilmar Kabas und Thomas Prinzhorn) abgelehnt. Dies sowie vor allem Klestils demonstrativ eisige Miene bei der Vereidigungszeremonie erregte großes Aufsehen und führte zum endgültigen persönlichen Bruch mit Wolfgang Schüssel und weiten Teilen der ÖVP.
Auch nach dem Bruch der ersten Koalition zwischen FPÖ und ÖVP und der darauf folgenden Neuwahl des Nationalrats im November 2002 setzte Klestil sich nochmals mit aller Deutlichkeit für eine Neuauflage einer ÖVP-SPÖ-Koalition ein - wiederum ohne Erfolg.
In der Folge und wegen seiner gesundheitlichen Probleme (siehe letzten Abschnitt) trat Klestil in der österreichischen Öffentlichkeit immer weiter in den Hintergrund.
Viel erfolgreicher gestalteten sich Klestils außenpolitischen Aktivitäten mit unzähligen Staatsbesuchen, die der heimischen Wirtschaft Aufträge in Milliardenhöhe einbrachten. Als zukunftsweisend stellten sich zwei Initiativen Klestils heraus:
Seine außenpolitische Anerkennung war wesentlich größer, als im Inland vielfach erkannt wurde. Dies sah man bei den Begräbisfeierlichkeiten im Stephansdom und am Wiener Zentralfriedhof, die sich zu einem politischen Treffen führender ausländischer Staatsmänner gestaltete, das es in Österreich noch nie gab.
Thomas Klestil wäre, nach Rudolf Kirchschläger, der zweite Präsident der zweiten Republik geworden, der dieses Amt volle zwei Perioden ausgeübt hätte. Er war der siebte Bundespräsident; mit ihm starb nun der fünfte Präsident vor Ablauf der Amtszeit. Sein Amtsnachfolger ist Heinz Fischer (SPÖ).
Seit 1996 gab der Gesundheitszustand von Klestil immer wieder Anlass zur Sorge. Während einer Staatsreise in der Türkei zog er sich eine atypische Lungenentzündung zu, die Teil einer zum Zeitpunkt nicht heilbaren Autoimmunerkrankung ist. Am 23. September 1996 wurde bekannt, das Klestil seit einer Woche im Wiener Allgemeinen Krankenhaus (AKH) behandelt wird. Am 4. Oktober 1996 übernahm er wieder die Amtsgeschäfte, blieb aber noch bis 1. November im AKH. Am 15. November 1996 musste er aufgrund einer Lungenembolie wieder ins Krankenhaus und wurde dort für 10 Tage behandelt. Der damalige Bundeskanzler Vranitzky übernahm vorübergehend die Amtsgeschäfte. Klestil kehrte erst am 28. Januar 1997 in die Hofburg zurück.
Ohne Komplikationen überstand er eine neuerliche Lungenentzündung im Juni 2003.
Im November 2003 musste er nach einem Sturz an den Achillessehnen operiert werden.
Am 5. Juli 2004 - drei Tage vor dem Ausscheiden aus seinem Amt - erlitt Klestil zwei Herzattacken, vielleicht als Folge seines bereits geschwächten Zustandes. Er wurde nach einem Herz- und Atemstillstand mit dem Notarzthubschrauber Christophorus 9 in das Wiener AKH überführt und wegen akuter Lebensgefahr in ein künstliches Koma (Tiefschlaf) versetzt. Wie von den Ärzten befürchtet, trat ein Multiorganversagen ein, da Herz, Lunge, Leber, Niere und das Zentralnervensystem geschädigt waren.
Klestil verstarb am 6. Juli um 23:33 Uhr Ortszeit im Wiener Allgemeinen Krankenhaus, rund 36 Stunden vor Ende seiner 12-jährigen Amtszeit.
Die Angelobung (Vereidigung) seines bereits am 25. April 2004 gewählten Nachfolgers Heinz Fischer fand wie geplant am 8. Juli statt, jedoch wegen der Staatstrauer in betont schlichter Form. Bis zur Angelobung Fischers wurden alle amtlichen Funktionen Klestils gemäß Artikel 64 Abs 1 B-VG durch das Kollegium der drei Nationalratspräsidenten (Andreas Khol, Barbara Prammer und Thomas Prinzhorn) wahr genommen.Ausbildung
Karriere
Seine Diplomatenlaufbahn begann er 1957 als ÖVP-Mitglied im Bundeskanzleramt. Von 1959 bis 1962 war er Mitglied der österreichischen Delegation bei der OECD in Paris. 1962 wurde er nach Washington versetzt, wo er bis 1966 die Wirtschaftsverbindungsstelle an der österreichischen Botschaft leitete. 1966 wurde er bei Bundeskanzler Josef Klaus Sekretär und arbeitete dort mit anderen zukunftsträchtigen jungen Politikern der ÖVP, zum Beispiel mit Alois Mock zusammen. Von 1969 bis 1974 baute er in Los Angeles als Generalkonsul das dortige Generalkonsulat auf.Bundespräsidentschaft
Die erste Amtszeit (1992-1998)
1992 wurde er auf Vorschlag des ÖVP-Parteichefs Erhard Busek als Nachfolger Kurt Waldheims in der Volkswahl im zweiten Wahlgang zum Bundespräsidenten gewählt. Der Hauptgrund für die Wahl des zuvor in der weiteren Öffentlichkeit praktisch unbekannten Diplomaten war unter anderem die Aussicht, die außenpolitische Isolation des Landes unter Kurt Waldheim erfolgreich zu beenden. Sein Slogan "Macht braucht Kontrolle" deutete zudem an, dass Klestil, anders als seine Vorgänger, viel aktiver ins politische Tagesgeschäft einzugreifen gedachte. Ein solcher Ausgleich zur damals noch allmächtigen Großen Koalition mit ihrer Parteibuchwirtschaft war für weite Kreise verlockend und erwünscht.Die zweite Amtszeit (1998-2004)
1998 wurde er im ersten Wahlgang wiedergewählt; die SPÖ hatte auf die Aufstellung eines eigenen Kandidaten verzichtet und die ÖVP verbarg ihr Unbehagen gegenüber Klestil hinter einem überparteilichen Personenkomitee. Nach der Wahl heiratete der mittlerweile geschiedene Klestil seine Freundin Margot Löffler.Zusammenfassung
Innenpolitisch musste Klestil bald erfahren, dass die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten eines österreichischen Bundespräsidenten zwar auf dem Papier recht bedeutend sind, doch in der politischen Praxis der Zweiten Republik weit gehend zum toten Buchstaben geworden sind. So lotete er zwar wiederholt seinen Spielraum aus, stieß jedoch bei der jeweiligen Regierung, die ihre eigenen Kompetenzen nicht teilen wollte, auf Widerstand. Durch die Regierungsbildung 2000 wurde eine der letzten größeren Kompetenzen des Staatsoberhauptes de facto beseitigt. Angesichts dessen hatten die immer wieder aufflammenden Diskussionen, ob man nicht die offensichtlich in der Praxis inexistenten Kompetenzen des Präsidenten auch de jure abschaffen solle, einen Sinn.
Wohl gelitten war Klestil am Ende paradoxerweise fast nur noch bei seinen früheren politischen Gegnern der Linken, während sich bei der Rechten das hartnäckige (aber niemals bewiesene) Gerücht hielt, Klestil habe die von der EU nach der ÖVP-FPÖ-Koalition verhängten Sanktionen gegen Österreich nicht nur nicht verhindert, sondern sogar veranlasst bzw. aktiv gefördert. Auch die Trennung von seiner ersten Frau gab in konservativen Kreisen Anlass zu heftiger Kritik bis hin zu Beschimpfungen und Verleumdungen.Erkrankung
Bundespräsidenten der Republik Österreich | |
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