Masse (Soziologie)
Der Begriff Masse bezeichnet eine große Anzahl von Menschen, die konzentriert auf relativ engem Raum miteinander kommunizieren, agieren und reagieren. Gegenbegriff ist "Menge". Während Massen in hierarchisierte Strukturzusammenhänge eingeordnet sind, tendieren Mengen und Meuten dazu, sich der Kontrolle durch Vereinnahmungsorgane zu entziehen und sich gleichsam unsichtbar zu machen. Mengen können Kriegsmaschine werden, während Massen einem Staatsapparat untergeordnet sind.Masse wird in der Soziologie weiters dazu verwendet, um breite Bevölkerungsschichten von einer Elite (und bei Vilfredo Pareto auch von einer "Reserveelite") zu unterscheiden.
Im Marxismus ist es der revolutionäre, nach Emanzipation strebende Teil der Gesellschaft, wobei Karl Marx den Begriff "Proletariat" verwendet.
Das Auftreten des Menschen in der Geschichte als Masse ist ein Phänomen höherer Zivilisationen und hat seine Ursache in der mit dem Bevölkerungswachstum verbundenen Urbanisierung.
Das Verhalten einer Masse von Menschen hat eigene Gesetzmäßigkeiten und wird unter bestimmten Bedingungen in der Panikforschung mit dem Verhalten von Fluiden verglichen werden.
Menschenmassen werden allgemein vor allem in krisenhaften Zusammhängen gedacht, wobei oft unerwähnt bleibt, dass sich gesellschaftliche Instituionen auf eine Unterstüzung der Massen berufen und auch berufen müssen. Der Begriff der "Massen" wird oft abwertend (dumme Masse) gebraucht, dennoch stellen Menschen, die gesellschaftliche Veränderungen vorantreiben wollen, oft gesellschaftliche Werte, wie Gerechtigkeit und Gleichheit zur allgemeinen, und damit massenhaften, Diskussion.
Eine Masse wird durch ein System von Signalen und Symbolen koordiniert. Dies geschieht i.d.R. durch festgeprägte Regularien wie Brauchtum, Politik, Religion etc. Die Masse ist andererseits zur Schaffung eigener Dynamik in der Lage Gerücht, Flucht, Panik, Lynchjustiz etc.
In der Neuzeit findet eine Orientierung zu neuen Methoden der Beinflussun der Massen statt: Massenmedien in der Struktur großer Konzerne, die auch verschiedene Arten von Medien beliefern, übernehmen abgewandelte Regularien unter Einbeziehung eigendynamischer Strukturen. Politik und Kommerz entfalten unter Übernahme der Massenmedien ihre Macht bis ins Totale und Globale.
Arten von Massen
Untersucht wurde das Massenphänomen u.a. von
spontane oder provozierte Ausschreitungen, zielgerichtete gegen abweichende Einzelne oder kleine Gruppen
die Masse schlägt in ihrer Meinung ins Gegenteil um: die Euphorie wird zum Hass und zur Aggression ("Hosianna-Kreuzige-Effekt")
Demagogie und Hetze vermögen Minderwertigkeitsgefühle auf andere zu projizieren; die Gewissheit der Zugehörigkeit zu den "Guten" erleichtert das Vorgehen gegen die minderwertigen anderen bis zur Bereitschaft ihrer Vernichtung
in Momenten drohender Gefahr reagiert die Fluchtmassemasse irrational; sie richtet ihre Bewegung nicht vernünftiger Erwägung aus, sondern vergrößert mitunter die Bedrohung
das Aufbegehren gegen Benachteiligungen lässt eine Verbotsmasse entstehen: eine fest organisierte Masse (z.B. in einem Streik)
Eine unterdrückte Masse wird Umkehrungsmasse genannt, wenn sie gewaltsam gegen ihre Unterdrücker vorgeht, um die Verhältnisse umzukehren (z.B. Rebellion).
Siehe auch Massenbewegung