Thessaloniki
Thessaloniki (bis 1937 Saloniki, griechisch Θεσσαλονίκη, türkisch Selânik, slawisch Solun), ist mit knapp 1 Mio. Einwohnern (Ballungsgebiet) die zweitgrößte Stadt Griechenlands und wirtschaftliches und kulturelles Zentrum Makedoniens. Die Stadt liegt an den Ausläufern des 1200 m hohen Chortiatis und grenzt an den Thermäischen Golf. Sie ist eine moderne bedeutende Universitäts-, Messe-, Industrie- und Hafenstadt im Schnittpunkt wichtiger jahrtausendealter nord-südlicher und west-östlicher (Via Egnatia) Verkehrswege. Der Stadtheilige ist Hagios Demetrios. Das Wahrzeichen Thessalonikis ist der Lefkos Pyrgos (der Weiße Turm).In die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO wurden 1988 die frühchristlichen und byzantinischen Kirchen der bereits in der Bibel erwähnten Stadt aufgenommen. 1997 wurde Thessaloniki europäische Kulturhauptstadt. Die Stadt wird einen Teil der Wettbewerbe der Olympischen Sommerspiele 2004 ausrichten und bewirbt sich um die Weltausstellung 2008.
Thessaloniki wurde 315 v. Chr von dem makedonischen König Kassandros als Thessalonike gegründet durch Zusammenlegung von 26 kleineren Städten an der Stelle von Therme (Thermäischer Golf) und nach seiner Frau Thessalonike, einer Halbschwester Alexanders des Großen, benannt. Der Name Thessalonike erinnert an die Eroberung Thessaliens durch Makedonien (Thessalonike = Sieg in Thessalien [griech. nike = Sieg]). 168 v. Chr beendeten die Römer das makedonische Königreich und 146 v. Chr endgültig ein eigenständiges Makedonien.
Liste der makedonischen Könige (540 v. Chr.–168 v. Chr.)
Thessaloniki lag an der Via Egnatia, dem Hauptverkehrsweg zwischen Rom und Byzanz. Sie wurde Hauptstadt der römischen Provinz Macedonia. 58 v. Chr ging Cicero vorübergehend hierher in die Verbannung. 50 hielt sich der Apostel Paulus auf seiner zweiten Missionsreise in Thessaloniki auf und gründete die zweite Christengemeinde Europas nach Philippi. In der Mitte des 3. Jahrhunderts wurden Angriffe der Goten von der Stadt abgewehrt. Um 300 wurde Thessaloniki von Kaiser Galerius zu eine der Kaiserresidenzen des Römischen Reiches und mit bedeutenden Bauwerken ausgestattet, u. a. der Kaiserpalast, die Pferderennbahn (das Hippodrom) parallel zum Palast, der Galeriusbogen (Triumphbogen des Kaisers Galerius neben der Via Egnatia), das Galeriusmausoleum (vielleicht ein Pantheon) und das Forum, die Agora (Pfeiler mit prachtvollen Relieffiguren von einer zweigeschossigen Halle ist heute im Louvre, Paris), mit einem Odeion. 322 ließ Kaiser Konstantin I. (der Große) an der südwestlichen Ecke Thessalonikis ein künstliches Hafenbecken anlegen. 325 wurde Licinius (Mitkaiser von 308 bis 324) in Thessaloniki hingerichtet und Konstantin wurde damit endgültig Alleinherrscher (totius orbis imperator), am 11. Mai 330 wurde schließlich Byzanz in Konstantinoupolis umbenannt und christliche Reichshauptstadt (2. Rom). 390 erlebte Thessaloniki einen Aufstand gegen Kaiser Theodosius I, den dieser blutig niederschlagen ließ (zur Strafe ließ der Kaiser etwa 7000 Einwohner im Hippodrom ermorden). Nach der Reichsteilung 395 gehörte Thessaloniki zum oströmischen Reich des Kaisers Arcadius.
Liste der römischen Kaiser (27 v. Chr.–476)
In den ersten Jahrhunderten der byzantinischen Zeit (550 bis 750) wurde Thessaloniki wiederholt von vordringenden Slawen erfolglos belagert (551, 591, 609, 675). Anfang des 9. Jahrhunderts entstand der byzantinische Militär- und Verwaltungsbezirk Thessaloniki. Im 9. Jahrhundert begann eine lange Friedenszeit, in der Thessaloniki Ausgangspunkt der orthodoxen Christianisierung der Slawen durch Kyrillos (826/827 in Thessaloniki geboren) und Methodios unter Schaffung eines slawischen, "kyrillischen" Alphabets aus dem Griechischen wurde. Thessaloniki war im Byzantinischen Reich in seinen Glanzzeiten zweitwichtigste Stadt neben der Hauptstadt Konstantinopel (dem heutigen Istanbul, von griechisch: eis tin polin = in die Stadt). 904 eroberten Sarazenen die Stadt nach nur dreitägiger Belagerung. 1185 Eroberung und Verwüstung Thessalonikis durch sizilianische Normannen. 1204 wurde Thessaloniki Hauptstadt eines kurzlebigen fränkischen Königreichs unter Bonifatius II, Markgraf von Montferrat, im Rahmen des 4. Kreuzzugs. Hagios Demetrios und die Hagia Sophia wurden vorübergehend zu katholischen Kirchen. Von 1224 bis 1242 residierten in Thessaloniki die Despoten von Epiros, 1227 ließ sich hier Fürst Theodoros (ein Vetter des Kaisers Alexios III) zum Gegenkaiser krönen. 1246 wurde die Stadt wieder dem Byzantinischen Reich eingegliedert. Für Thessaloniki, der zweiten Stadt im Reich, begann eine glanzvolle Epoche, von der auch heute noch zahlreiche Kirchenbauten zeugen, z. B. die Hagia Apostoloi, Hagia Ekaterini, das Vlatadon-Kloster oder auch die große Mole, die den Hafen schützte und von der sich ein Teil bis heute erhalten hat. Venezianer und Genuesen bauten in dieser Zeit ihren Einfluss aus, Venedig erhielt sogar ein eigenes Stadtviertel. Thessaloniki fühlte sich als ein Zentrum der Wissenschaft: Thomas Magister (1270–1325), Demetrios Triklinios (1280–1340), hl. Gregorios Palamas (1296–1359) oder Demetrios Kydones (1324–1397) wirkten hier. 1308 belagerte die Katalanische Kompanie Thessaloniki erfolglos. 1391 und ab 1394 beherrschten zwischenzeitlich Türken die Stadt. 1403 wurde Thessaloniki wieder byzantinisch und kam 1423 an Venedig.
Liste der byzantinische Kaiser
(364–1453)
1430 wurde Thessaloniki nach fast zweimonatiger Belagerung durch Sultan Murad II Teil des Osmanischen Reichs. Aus Thessaloniki wurde "Selanik". 1515 erreicht die Buchdruckerkunst Thessaloniki. Im 17. Jahrhundert ist Thessaloniki wichtigstes Handelszentrum des Balkans. 1821/1822 schlugen türkische Truppen den aufflammenden griechischen Befreiungskampf, der im Süden Griechenlands zum Erfolg führte und dort zur Gründung des Königreichs Griechenland, nieder. Zahlreiche griechische Einwohner Thessalonikis wurden ermordet.
Ende des 19. Jahrhunderts nahm Thessaloniki einen enormen Aufschwung. Während 1865 die Stadt etwa 50.000 Einwohner hatte, waren es 1880 schon 90.000 und 1895 etwa 120.000. 1869 wurden die südlichen Teile der byzantinischen Stadtmauer niedergerissen, um Platz zu schaffen. 1871 wurde die Eisenbahnlinie Thessaloniki–Skopje gebaut und 1888 über Belgrad an das europäische Eisenbahnnetz angeschlossen sowie 1896 nach Osten bis Alexandropolis fortgeführt. 1893 wurde die erste Straßenbahn installiert, die von russischen und ungarischen Pferden gezogen wurde und zur weiteren Expansion der Stadt beitrug. Mit der Ernennung Athens allerdings zur griechischen Hauptstadt, verlor Thessaloniki seinen Status als wirtschaftliches und kulturelles Zentrum Griechenlands.
Mustafa Kemal (Atatürk), der Begründer der modernen Türkei, wurde 1881 in Thessaloniki geboren (sein Geburtshaus ist heute das türkische Konsulat). 1908 nahm die Jungtürkische Revolution mit Ismail Enver und Mustafa Kemal von Thessaloniki aus ihren Anfang. 1909 verbannten die Jungtürken den abgesetzten Sultan Abdulhamid II nach Thessaloniki und stellten ihn in der Villa Alatini unter Hausarrest.
Liste der Sultane des Osmanischen Reichs (1288–1922)
1878 wurde Thessaloniki im Frieden von San Stefano zunächst Bulgarien zugesprochen, gehörte dann aber weiterhin (Berliner Kongress) zum Osmanischen Reich. Am 26. Oktober 1912 (dem Namenstag des Stadtheiligen und Schutzpatrons von Thessaloniki, Demetrios), 20 Tage nach Kriegserklärung (Montenegro, Serbien, Bulgarien, Griechenland) an das Osmanische Reich (1. Balkankrieg) erreichten, griechische Truppen wenige Stunden vor Eintreffen der bulgarischen Truppen Thessaloniki und besetzten die Stadt. Am 18. März 1913 fiel der griechische König Georg I in Thessaloniki einem Attentat zum Opfer. Am 8. Juli erklärte Serbien und Griechenland Bulgarien (nach einem bulgarischen Angriff auf Serbien) den Krieg (2. Balkankrieg), in dessen Verlauf die Bulgaren aus Thessaloniki vertrieben wurden. Im Frieden von Bukarest am 10. August 1913 wurden Teile Makedoniens mit Thessaloniki Griechenland zugesprochen. Unter anderem wurde durch die Balkankriege (das Pulverfass Europas) der erste Weltkrieg ausgelöst, in dessen Verlauf Mitte Oktober 1915 mit Unterstützung des griechischen Ministerpräsidenten Venizelos gegen den Willen des griechischen Königs alliierte Truppen in Thessaloniki landeten, um den griechischen Teil Makedoniens und Thessaloniki gegen die von Norden vordringenden Armeen der Achsenmächte (Österreich/Deutschland, Bulgarien) zu verteidigen. Am 18. Oktober 1916 rief Venizelos in Thessaloniki eine Gegenregierung aus. Von 1916 bis 1918 befand sich in Thessaloniki das Hauptquartier der französischen Besatzungstruppen (Orientarmee). Am 15. August 1917 zerstörte ein Großbrand nahezu das gesamte südliche Stadtzentrum. Der nach dem ersten Weltkrieg von Griechenland gegen die Türkei geführte Krieg in Kleinasien führte in die Niederlage und in eine Flüchtlingskatastrophe. Nach 1922 fand ein großer Teil der griechischen Flüchtlinge in und um Thessaloniki eine neue Heimat. Von 1941 bis 1944 war Thessaloniki von deutschen Truppen besetzt. Bis zum zweiten Weltkrieg hatte die Stadt eine bedeutende jüdische Bevölkerung, die hauptsächlich von den im 15. Jahrhundert aus Spanien vertriebene Juden abstammte und von den deutschen Besatzern in die Konzentrationslager geschickt wurde. Nach Ende des griechischen Bürgerkriegs 1949 begann der Wiederaufbau und die wirtschaftliche Erholung der Stadt, deren Entwicklung sie in Bedeutung und Größe zur "zweiten Hauptstadt" Griechenlands werden ließ.
1997 war Thessaloniki Kulturhauptstadt Europas.
Liste der griechischen Könige und Präsidenten (ab 1832, für Thessaloniki ab 1912)
Thessaloniki besitzt einen Fährhafen von nationaler Bedeutung (Verbindungen in die Ägäis) sowie einen für den gesamten Balkan wichtigen internationalen Handelshafen.
Der Flughafen (internationaler Flughafen-Code SKG) stellt viele Verbindungen zu wichtigen nationalen sowie europäischen und nichteuropäischen Flughäfen her und ist ein wichtiges Verkehrskreuz der internationalen Luftfahrt.
Der Bahnhof von Thessaloniki ist der für Griechenland wichtigste Eisenbahnknotenpunkt (siehe oben "Türkische Zeit") und stellt die Verbindung des Landes nach Mittel- und Osteuropa her. Die Schnellzugverbindung nach Athen in modernen klimatisierten Waggons ist eine gute Reisealternative zur Flugverbindung Thessaloniki–Athen.
Von Thessaloniki aus gibt es zahlreiche Busverbindungen in die nähere und weitere Umgebung der Stadt sowie einige Fernbusverbindungen durch Griechenland.
Ein modernes Schnellstraßensystem (Autobahn und Stadtautobahn) führen in alle vier Himmelsrichtungen. Augenblicklich wird an der "Egnatia" (Autobahn-Fernverbindung Italien–Türkei) am Nordrand Thessalonikis gebaut.
In Thessaloniki und Umgebung arbeitet eine wichtige Lebensmittelindustrie für den griechischen Markt und für den Export (u. a. für Europa und den vorderen Orient), ebenfalls eine Tabakindustrie. Es gibt auch eine gute Möbelindustrie. Eine Erdöl-Raffinerie ist gleichfalls für den Balkan von Bedeutung. Die jährlich stattfindende internationale Herbstmesse ist die bedeutendste Industrie- und Handelsmesse Griechenlands.
Thessaloniki ist ein wichtiger Touristenknotenpunkt. Viele Touristen, die auf der wunderschönen Halbinsel Chalkidike (zu der auch die eigenständige Mönchsrepublik Athos gehört) einen erholsamen Urlaub erleben wollen, landen hier auf der Durchreise und sollten die Gelegenheit einer Besichtigung dieser sehr sehenswerten Metropole (siehe auch "Sehenswürdigkeiten") nicht auslassen. Wenn Sie gut essen gehen wollen, finden Sie in den Ladadika ein lebendiges Viertel mit vielen traditionellen und auch preiswerten Tavernen und Ouzerien.
Thessaloniki liegt im Bereich des mediterranen Klimas. Durch die nahe Landverbindung zum Balkan sind allerdings die Winter für die Mittelmeerregion sehr kalt.
Die durchschnittlichen Temperaturen:
Geschichte
Makedonische Zeit
Römische Zeit
Byzantinische Zeit
Türkische Zeit
Neugriechische Zeit
Wirtschaft
Verkehr
Industrie
Tourismus
Sehenswürdigkeiten
Klima
Jan | Feb | Mär | Apr | Mai | Jun | Jul | Aug | Sep | Okt | Nov | Dez | |
09°C | 10°C | 13°C | 18°C | 23°C | 28°C | 31°C | 30°C | 26°C | 21°C | 14°C | 10°C | |
01°C | 02°C | 05°C | 07°C | 12°C | 16°C | 18°C | 18°C | 15°C | 11°C | 06°C | 02°C | |
40 | 38 | 43 | 35 | 43 | 30 | 22 | 20 | 27 | 45 | 58 | 50 | |
20°C | 22°C | 25°C | 31°C | 36°C | 39°C | 42°C | 39°C | 36°C | 32°C | 27°C | 26°C |
Partnerstädte
Weblinks