Geschichte Serbiens/19. Jahrhundert bis heute
Dieser Artikel ist ein Unterabschnitt der Geschichte Serbiens.
Die Erinnerung an die einstige Größe waren wichtige Komponenten bei der Entstehung des serbischen Nationalismus im 19. Jahrhundert. Vor allem im gerade unabhängig gewordenen Fürstentum Serbien vertraten nationale Ideologen eine großserbische Form des Panslawismus. Sie wollten alle Südslawen, die noch unter österreichischer oder türkischer Herrschaft lebten, in einem gemeinsamen Staat unter serbischer Führung vereinigen. Dabei gerieten sie immer mehr in einen Gegensatz zu dem aus dem Illyrismus hervorgegangenen kroatischen Nationalbewegungen, die die Führungsrolle unter den Südslawen für sich beanspruchten. Dieser Grundkonflikt der südslawischen Nationalideologien (großserbisch, großkroatisch oder jugoslawisch) konnte nie gelöst werden. Das führte dazu, daß das 1918 entstandene Jugoslawien nie über ein gemeinsames Staatsbewusstsein verfügte. Diesen Mangel konnte weder die Idee vom dreieinigen Volk (ein jugoslawisches Volk der Stämme der Serben, Kroaten und Slowenen) der Königszeit noch Titos Parole von bratstvo i jedinstvo (Brüderlichkeit und Einheit) überdecken.
1908 wurde Bosnien-Herzegowina von Österreich-Ungarn annektiert. Dies führte zu einem ernsten und dramatischen europäischen Konflikt, die sog. Bosnische Krise: Protest seitens des Osmanischen Reiches; Entrüstung in Serbien, das seine nationalen Pläne durchkreuzt sah und mit einer Mobilisierung antwortete; Russland stieß in der so genannten Meerengenfrage (Öffnung des Bosporus und der Dardanellen) auf britischen Widerstand, glaubte sich von Österreich-Ungarn ebenfalls überspielt und stellte sich hinter Serbien; Großbritannien bestärkte nun Russland und forderte eine internationale Konferenz zur Klärung der bosnischen Frage, die aber von Österreich-Ungarn abgelehnt wurde; Italien sprach sich gegen eine Machterweiterung Österreich-Ungarns und zur Erhaltung des Status quo am Balkan; Frankreich hielt sich zurück, da es sich einer militärischen Kraftprobe noch nicht gewachsen su sein glaubte; und Deutschland hielt fest zu Österreich-Ungarn, lehnte jedoch die Präventivkriegsabsichten des österreichischen Generalstabs zur sog. Abrechnung mit Serbien ab. Deutschland warnte Russland zur Unterstützung Serbiens in der als Demütigung empfundenen Petersburger Note und zwang es, auf Serbien vorzuherrschen um die Annexion anzunehmen. Russland beabsichtigte jedoch, Serbien gegen jede zukünftige Drohung zu ihrer Unabhängigkeit zu verteidigen.
Die Bosnienkrise löste die Mazedonienkrise ab. Schon im 19. Jahrhundert wurde Mazedonien zum bulg.-griech.-serb. Streitobjekt. Bulgarische, griechische und serbische Freischärler, die Komitadschi, Klephten und Tschetniks kämpften um Einfluss. 1912 vermittelte Russland ein Balkanbündniss zwischen Bulgarien, Griechenland und Serbien, dem sich auch Montenegro anschloss. Es kam im Oktober 1912 zum 1. Balkankrieg. Die Osmanen erlitten schwere Niederlagen und wurden bis vor Istanbul zurückgeworfen. Mazedonien sollte laut einem nicht offiziellen Einverständniss zwischen Bulgarien und Serbien aufgeteilt werden. Bulgarien bekam den größeren Teil Mazedoniens, Serbien den Nordwesten sowie einen Zugang zum Meer durch Nordalbanien, das durch eine Unterstützung Bulgariens gedeckt werden sollte. Österreich-Ungarn verhinderte jedoch den Zugang Serbiens zum Meer, indem es ein unabhängiges Albanien ins Leben rief, unterstützt durch Italien, das seine eigenen Interessen in Albanien verfolgte. Im Streit um die Grenzziehung in Mazedonien griff Bulgarien, das seine Kräfte überschätzte, in Juni 1913 Serbien an, um ein fait accompli zu schaffen; der 2. Balkankrieg begann. Bei Bregalnica in Mazedonien wurde die bulgarische Armee geschlagen. Daraufhin erklärten Griechenland und Montenegro Bulgarien den Krieg, dem sich auch Rumänien wie auch selbst das Osmanische Reich anschlossen. Das führte zum endgültigen militärischen Zusammenbruch Bulgariens. Österreich-Ungarn drohte zugunsten Bulgariens einzugreifen, wurde aber von Deutschland und Italien zurückgehalten. Im Frieden von Bukarest in August 1913 wurde Mazedonien serbisch.
Die Ermordung des Erzherzogs Ferdinand durch die serbische Unabhängigkeitsbewegung "Schwarze Hand" gilt als eine der Ursachen für den 1. Weltkrieg.
Im 2. Weltkrieg konnte sich Serbien (als Teil von Jugoslawien) als einziges Land erfolgreich selbst von der deutschen Besatzung befreien. Dies war vor allem auf die Partisanen unter der Führung von Josip Broz Tito zurückzuführen. Auf der Konferenz von Teheran Ende 1943 beschlossen die USA, die Sowjetunion und Großbritannien aufgrund der Berichte über deren Kollaboration mit den Nazis die Unterstützung für die Tschetniks einzustellen.
Am 29. November 1943 wurde Jugoslawien als sozialistischer Staat neu gegründet. Siehe dazu auch: Geschichte Jugoslawiens.
In Zusammenhang mit den politischen Umwälzungen in den anderen sozialistischen Staaten Osteuropas 1989/1990 bildeten sich dann auch in Jugoslawien neue Parteien und es kam 1990 zu ersten freien Wahlen in einigen Republiken, die mehrheitlich von nationalistisch agierenden Parteien gewonnen wurden. Daraufhin proklamierten am 25. Juni 1991 zunächst Slowenien und Kroatien ihre Unabhängigkeit, was von der Belgrader Führung als Verfassungsbruch angesehen wurde. Die von Serben dominierte jugoslawische Zentralregierung suchte die Unabhängigkeitsbestrebungen militärisch niederzuwerfen, anfangs um den Staat zu erhalten, später aber mit dem Ziel alle Serben in einem Großserbien zu vereinen.
Dieser Versuch, im ausgehenden 20. Jahrhundert gewaltsam ein Großserbien zu schaffen, ist nicht nur gescheitert, er hat die Serben sogar Territorium gekostet: So sind sie aus Kroatien und dem Kosovo zum großen Teil vertrieben worden, die bosnische Republika Srpska ist dem einheitlichen Bosnien angegliedert und das Dinar ablehnende Euro-Land Montenegro hat angekündigt im Jahr 2005 erneut ein Referendum über die Abspaltung von Serbien abhalten zu wollen. Belgrad fürchtet, durch die Abspaltung Montenegros auch den Anspruch auf die Provinz Kosovo zu verlieren. Dazu kommt das man nach den vielen Kriegen und den jahrelangen Sanktionen wirtschaftlich ausgelaugt ist: So beträgt das Brutto-sozial Produkt nur 940 US-Dollar (zum Vergleich: das BSP Albaniens beträgt 1230 Dollar; das Sloweniens 9780 Dollar). Weil die Regierung die Zusammenarbeit mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag verweigert, hat die US-Regierung Finanzspritzen für das Land gestrichen.
Quelle: Spiegel Online; Stand August 2003.
Siehe auch:
Tim Judah: The Serbs. Hystory, Myth and the Destruction of Yugoslavia. Yale Nota Bene: New Haven and London 2000. ISBN 0-300-08507-9
Nationales Wiedererwachen
Nationale Bestrebungen im 19. und 20. Jahrhundert
Erster Weltkrieg
Zweiter Weltkrieg
Jugoslawien wird sozialistisch
Die Jugoslawienkriege (1991-1999)
Weitere Literatur
Weblinks