Japanisches Schriftsystem
Das moderne japanische Schriftsystem besteht aus vier verschiedenen Zeichensätzen: Kanji, Hiragana, Katakana und Rōmaji. Sie haben unterschiedliche Funktionen und werden daher in Alltagstexten gleichzeitig verwendet. In Sachtexten wird heute meist nach westlichem Vorbild in Zeilen von links nach rechts geschrieben, in literarischen Texten häufig noch in Spalten von oben nach unten und diese von rechts nach links. Dabei werden die Worte gewöhnlich ohne Leerzeichen aneinandergereiht.
Table of contents |
2 Kana 3 Rōmaji 4 Reformgedanken 5 Weblinks |
Kanji (漢字) bedeutet "chinesische Zeichen". Sie haben (im Gegensatz zu den Kana) eine eigenständige Bedeutung und werden auch als Logogramme bezeichnet, die wiederum in drei Gruppen aufgeteilt werden können: Piktogramme, Ideogramme und Phonogramme. Die Kanji wurden im 5. Jahrhundert aus China importiert, und ihre Lesung wurde dem Japanischen angepasst. Viele Kanji haben zwei oder noch mehr unterschiedliche Lesungen (Aussprache-Arten), die man in zwei Gruppen zusammenfassen kann:
Kanji
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Anzahl der jōyō Kanji, was übersetzt "für den Alltag gebräuchliche" Kanji bedeutet, vom Bildungsministerium auf 1.945 festgelegt, die auch in der Schule gelehrt werden. Amtliche Texte und viele Zeitungen beschränken sich auf diese Zeichen und geben alle anderen Begriffe in Kana wieder. Daneben gibt es weitere ca. 300 Kanji, die nur in japanischen Eigennamen verwendet werden.
Gebildete Japaner beherrschen nicht selten über 5.000 Kanji, was vor allem zum Lesen von literarischen Texten notwendig ist. Insgesamt gibt es mehr als 50.000.
In manchen Berufen wird die Beherrschung von bis zu 1.000 weiteren Kanji, die in diesem Bereich eine Rolle spielen, vorausgesetzt, doch dabei handelt es sich dann um hochspezialisierte Fachbegriffe.
Japanische Texte für Erwachsene lassen sich bei Bedarf mit hoher Geschwindigkeit "querlesen". Da der wesentliche Inhalt mit Kanji geschrieben wird und auch komplexe Begriffe mit nur wenigen Kanji dargestellt werden können, kann man durch Springen von Kanji zu Kanji unter Nichtbeachtung der anderen Zeichensysteme den Sinn eines Textes rasch erfassen. Andererseits kann man am Gesamtanteil und dem Schwierigkeitsgrad der Kanji eines Textes erkennen, für welche Alters- bzw. Bildungsgruppe er vorzugsweise geschrieben wurde.
Insgesamt geht die Anzahl der verwendeten Kanji jedoch zurück, was möglicherweise auch daran liegt, dass aufgrund der heute vorhandenen elektronischen Schreibhilfen die jüngeren Japaner sie zwar noch lesen, aber besonders die selteneren Kanji immer öfter nicht mehr schreiben können. So dass in zahlreichen Printmedien inzwischen über komplizierten Kanji die dazugehörigen Kana abgedruckt werden.
Manche höfischen Dichter des 7 bis 8. Jahrhunderts begannen, die chinesischen Zeichen ganz unabhängig von ihrer Bedeutung nur mehr als Lautzeichen zu verwenden, um bestimmte ästhetische Effekte für ihre Poesie zu erzielen.
Langsam kristallisierten sich dadurch jeweils ein oder wenige "Standardzeichen" für jede mögliche japanische Silbe heraus. Diese Schreibart hatte aber den Nachteil, dass sie sehr aufwändig war - für die oft vielsilbigen japanischen Wörter benötigte man jeweils mehrere komplizierte chinesische Zeichen.
Dies führte zur Bildung der so genannten Kana aus den Kanji. Sie sind Silbenalphabete, bei denen die einzelnen stark vereinfachten Zeichen keine eigenständige Bedeutung haben und nur Laute wiedergeben. Je nach Entstehungsgeschichte und Schreibstil unterscheidet man bei den Kana zwischen Hiragana und Katakana.
Hiragana (ひらがな oder auch 平仮名) wurden im 9. Jahrhundert entwickelt und zuerst vor allem von adeligen Frauen verwendet, da für Frauen sowohl das Studium der chinesischen Sprache als auch das Erlernen der Kanji als unangemessen galten. Bei Hiragana handelt es sich um die Kursivformen der oben beschriebenen "Dichter-Kanji". Daher wirken sie relativ einfach geformt und abgerundet. Im Laufe der Jahre setzte sich jeweils ein einziges Zeichen für jede mögliche japanische Silbe durch. Diese wurden in ein Alphabet eingeordnet, das man nach dem Vorbild des Sanskrit systematisch aufbaute, der einzigen alphabetischen Sprache, die durch den Buddhismus in Japan einigen Gelehrten bekannt war. Dieses Alphabet, die "Fünfzig-Laute-Tafel", dient auch heute noch in Japan zur alphabetischen Anordnung, etwa in Wörterbüchern.
Japanische Kinder lesen und schreiben alles zuerst in Hiragana, bevor sie zum Lernen der Kanji übergehen (Beispiel: ひらがな bedeutet Hiragana in Hiragana geschrieben, und 平仮名 bedeutet Hiragana in Kanji geschrieben). Bei Texten für Erwachsene werden Hiragana vor allem für Prä- und Suffixe, für grammatikalische Partikel und für solche japanischen Worte verwendet, für die es kein Kanji gibt oder für die das Kanji so selten ist, dass man es mit Rücksicht auf die Leser nicht benutzen möchte. In Privatbriefen wird dies häufig gemacht, da es als höflich gegenüber dem Empfänger gilt, diesen nicht durch die eigene Bildung beeindrucken zu wollen.
Bei Verwendung von wenig bekannten oder noch nicht gelernten Kanji (z. B. in Schulbüchern) wird die korrekte Aussprache in Form von kleinen Hiragana über (bei senkrechter Schreibweise rechts neben) das entsprechende Zeichen geschrieben. Solche Hiragana werden als Furigana (ふりがな) bezeichnet.
Katakana (カタカナ oder auch 片仮名) wurden von buddhistischen Mönchen, besonders der Shingon-Sekte, entwickelt und dienten zunächst als Lesehilfe für chinesische religiöse Texte sowie als eine Art Stenographie. Sie bestehen zumeist aus "Bruchstücken" von Kanji und fallen als besonders einfach geformt und eckig auf. Aufgrund ihres futuristischen Aussehens werden sie außerhalb Japans manchmal für Design-Effekte oder sogar für Sciencefiction-Filme verwendet (z. B. bestehen die grünen Zeichenkaskaden, die in den drei US-Filmen der Matrix-Trilogie über den Bildschirm laufen, aus Ziffern und spiegelverkehrten Katakana).
Heute werden Katakana meistens für importierte Wörter aus Fremdsprachen (so genannte Lehnwörter) verwendet, die keine chinesischen Schriftzeichen benutzen (hauptsächlich aus dem Englischen, Deutschen und Portugiesischen, aber auch aus allen anderen Fremdsprachen außer Chinesisch und Koreanisch). Dabei wird das fremdsprachige Wort anhand der Aussprache umgesetzt, auch wenn eine originalgetreue Übertragung möglich wäre. Ein Beispiel: Internet wird in Katakana インターネット, also i-n-ta-(Verlängerungszeichen)-ne-(Verschärfungszeichen)-to geschrieben und somit intaanetto ausgesprochen.
Auch seltener benutzte Namen von Tieren und Pflanzen, für die Kanji nicht mehr üblich sind, werden in Katakana geschrieben. Daneben dienen Katakana der Hervorhebung, ähnlich den Kursiven im Deutschen.Kana
Hiragana
Katakana
Transkription nach Hepburn | Hiragana | Katakana | |||||||||||||||
a | i | u | e | o | あ | い | う | え | お | ア | イ | ウ | エ | オ | |||
ka | ki | ku | ke | ko | か | き | く | け | こ | カ | キ | ク | ケ | コ | |||
sa | shi | su | se | so | さ | し | す | せ | そ | サ | シ | ス | セ | ソ | |||
ta | chi | tsu | te | to | た | ち | つ | て | と | タ | チ | ツ | テ | ト | |||
na | ni | nu | ne | no | な | に | ぬ | ね | の | ナ | ニ | ヌ | ネ | ノ | |||
ha | hi | fu | he | ho | は | ひ | ふ | へ | ほ | ハ | ヒ | フ | ヘ | ホ | |||
ma | mi | mu | me | mo | ま | み | む | め | も | マ | ミ | ム | メ | モ | |||
ya | yu | yo | や | ゆ | よ | ヤ | ユ | ヨ | |||||||||
ra | ri | ru | re | ro | ら | り | る | れ | ろ | ラ | リ | ル | レ | ロ | |||
wa | (w)i | (w)e | (w)o | わ | (ゐ) | (ゑ) | を | ワ | (ヰ) | (ヱ) | ヲ | ||||||
n | ん | ン |
Bei den Rōmaji (ローマ字) handelt es sich um das lateinische Alphabet. Es wird manchmal (aber längst nicht überall) zur Umschrift von japanischen Schildern verwendet, damit sich Ausländer besser zurechtfinden, und wird teilweise auch zu Marketing-Zwecken benutzt, weil in Rōmaji geschriebenes Englisch besonders modern und international wirken soll. Da alle Schüler in Japan heutzutage Englisch lernen, lernen auch alle Rōmaji. Es gibt zwei Transkriptionsysteme in Rōmaji: Das Hepburnsystem und das Kunreisystem.
Heute ist Rōmaji für Japaner als Eingabe-Methode auf Computern (die in Japan fast immer englische Tastaturen haben) noch wichtiger als als internationale Kommunikationsweise. Um auf dem Computer Japanisch zu schreiben, buchstabiert man gewöhnlich in Rōmaji, die auf dem Bildschirm zunächst als Kana erscheinen; sobald ein Wort fertig ist, drückt man die Leertaste, und der Computer setzt die Kana bei Bedarf in Kanji um. Gibt es mehrere gleich ausgesprochene Kanji-Kombinationen, wählt man die richtige aus einer angebotenen Liste aus.
Es hat in Japan mehrmals Überlegungen gegeben, die japanische Schrift, ähnlich wie es z. B. im Türkischen geschehen ist, komplett auf die lateinische Schrift umzustellen, oder z. B. wie im Koreanischen fast nur noch die Silbenschriften zu verwenden und auf Kanji weitgehend zu verzichten.
Dies scheiterte jedoch an den kulturellen Gegebenheiten:
Siehe auch: Alphabet, Schrift, Japanisch, Japan
Rōmaji
Reformgedanken
Auch manche Eigenheiten der japanischen Kultur gingen dann verloren - so gibt es etwa für viele Vornamen mehrere verschiedene Schreibweisen, aus denen die Eltern nach ästhetischen Überlegungen eine auswählen. Z. B. kann der japanische Vorname Akira in Kanji u. a. als 明, 光, 旭, 玲, 日明, 彰, 晶, 彬, 明朗, 晄, 徴 oder 亜喜良, in Hiragana als あきら und in Katakana als アキラ geschrieben werden.Weblinks