Burenkrieg
Der Burenkrieg (1899–1902) war ein Konflikt zwischen Großbritannien und den Burenrepubliken Oranje Freistaat und Transvaal, der mit der Eingliederung der letzteren in das Britische Empire endete. Ursachen waren einerseits das Streben Großbritanniens nach den Bodenschätzen der Region und nach einem territorial geschlossenen Kolonialreich in Afrika und andererseits die ausländerfeindliche Gesetzgebung der Burenrepubliken.
Vorgeschichte
Nach der Abtretung der niederländischen Besitzungen an der Südspitze Afrikas an Großbritannien 1806 gerieten die in der Kapkolonie lebenden Buren zunehmend in die Minderheit. Um ihre Identität zu wahren und sich nicht den britischen Gesetzen beugen zu müssen (z. B. der rechtlichen Gleichstellung freier Eingeborener oder der Abschaffung der Sklaverei), wichen Tausende von Buren im so genannten Großen Treck von 1836–1844 ins Hinterland aus. Nördlich des Oranje-Flusses gründeten sie 1842 den Oranje Freistaat mit der Hauptstadt Bloemfontein und 1853 nördlich des Vaal die Republik Transvaal (auch: Südafrikanische Republik) mit der Hauptstadt Pretoria.
Von Beginn an standen die beiden Burenrepubliken dem Expansionsstreben Großbritanniens im Wege, so dass immer wieder Konflikte – auch bewaffnete – entstanden. Die 1877 erfolgte Annexion Transvaals durch das Empire löste 1880/81 einen Aufstand der Buren aus, in dem sie die Unabhängigkeit ihres Landes vom Empire erreichten. Dieser Aufstand wird zuweilen auch als Erster Burenkrieg bezeichnet.
Auslösende Faktoren
Gold, Diamanten und Uitlanders
Das wichtigste auslösende Moment für den Burenkrieg waren die ertragreichen Diamant- und Gold-Vorkommen, die 1869 in Kimberley und 1886 in Witwatersrand (Johannesburg) auf dem Gebiet der Burenrepubliken entdeckt worden waren. Sie lockten Tausende von Goldgräbern aus aller Herren Länder an, vor allem natürlich aus den benachbarten britischen Kolonien, der Kapkolonie und Natal. Die Buren sahen sich erneut in ihrer Eigenart bedroht. Unter dem anti-britisch gesinnten Präsidenten Paulus „Ohm“ Krüger (1883-1902) verweigerten sie den so genannten „Uitlanders“ die politische und rechtliche Gleichstellung.
Rhodes und der Kap-Kairo-Plan
Dies lieferte Großbritannien den Vorwand, sich zum Anwalt der Ausländer in den Burenrepubliken zu machen und erneut gegen deren Unabhängigkeit vorzugehen. Das eigentliche Interesse der britischen Politik galt jedoch der Kontrolle der Bodenschätze und der Verwirklichung des so genannten Kap-Kairo-Plans, der ein geschlossenes britisches Kolonialreich von Ägypten bis Südafrika vorsah.
Einer der Protagonisten dieses Plans war der imperialistische Politiker Cecil Rhodes, ein im Diamantengeschäft reich gewordener Unternehmer, der seit 1881 als Abgeordneter im Parlament der Kapkolonie saß. Um die Burenrepubliken einzukreisen, hatte er 1885 die Inbesitznahme von Betschuana-Land, dem heutigen Botswana, und 1889 die des späteren Rhodesien (heute Sambia und Zimbabwe) durch die Briten betrieben.
Der Jameson Raid
Seit 1890 war Rhodes Premierminister der Kapkolonie und setzte seine Einkreisungspolitik fort. 1895 unterstützte er den so genannten Jameson Raid, einen bewaffneten Überfall unter Führung des Briten L. S. Jameson, durch den Präsident Krüger gestürzt werden sollte. Der Regierung der Südafrikanischen Republik gelang es aber, diesen Plan zu vereiteln.
Die erfolgreiche Abwehr dieses Anschlags veranlasste Kaiser Wilhelm II zu einem Glückwunschtelegramm an Ohm Krüger. Die so genannte Krüger-Depesche löste wiederum in England eine Welle anti-deutscher Empörung aus.
Während der Jameson Raid die Kriegsbereitschaft in den Burenrepubliken weckte, sahen sich die Briten 1897 durch das militärische Bündnis zwischen dem Oranje Freistaat und Transvaal provoziert.
Der Kriegsverlauf
Nach einem Ultimatum, das Krüger dem britischen Gouverneur der Kapkolonie, Alfred Milner gestellt hatte, brachen am 12. Oktober 1899 die Kampfhandlungen aus. Die Burenarmeen zählten bis zu 85.000 Mann, die gut bewaffnet waren und sich zudem im eigenen Land frei bewegen und verpflegen konnten. Davon standen aber selten mehr als 40.000 Mann im Feld. Ihnen standen anfangs nur ca. 10.000 britische Soldaten gegenüber. Die Kämpfe verliefen für die Buren daher zunächst äußerst günstig.
Erste Erfolge der Buren
Unter den Generälen Jan Christiaan Smuts, Louis Botha und James Barry Munnick Hertzog zwangen sie die Briten, sich in die Städte Ladysmith, Kimberley und Mafikeng zurückzuziehen. Der britische Oberbefehlshaber General Redvers Buller scheiterte zunächst bei dem Versuch, den Fluss Tugela zu überschreiten, um die belagerten Städte zu entsetzen. Im Dezember 1899 und im Januar 1900 musste er zudem in den Schlachten von Colenso und Spion Kop zwei katastrophale Niederlagen gegen die Burenarmee unter General Botha hinnehmen.
Wende zugunsten der Briten
Das Blatt wendete sich für die Briten erst, als der unfähige Buller Anfang des Jahres 1900 von Feldmarschall Frederick Sleigh Roberts und dessen Stabschef General Horatio Herbert Kitchener abgelöst wurde und 60.000 Mann Verstärkung in Südafrika eintrafen. Die belagerten Städte wurden freigekämpft, und die Buren im Spätsommer bei Diamond Hill und Belfast geschlagen. Am 5. Juli fiel die Hauptstadt Transvaals, Pretoria, und Präsident Krüger floh nach Europa. Der Krieg schien für Großbritannien gewonnen zu sein; Roberts kehrte nach England zurück und überließ Kitchener den Rest der Arbeit.
Guerillakrieg und Verbrannte Erde
Nun aber änderten die Buren ihre Taktik und gingen zu einem für die Briten äußerst verlustreichen Guerilla-Krieg über. Unter ihrem Anführer Christian de Wet kämpften sie noch volle zwei Jahre lang weiter. In kleinen Trupps führten sie Überraschungsangriffe – zumeist auf die Nachrichtenverbindungen, Nachschub- und Verkehrswege der Briten – durch, um sich dann rasch zurückzuziehen.
Da ein so operierender Gegner auf konventionelle Weise kaum zu fassen war, wandte Kitchener eine Strategie der „verbrannten Erde“ an: Die Farmen in den Guerillagebieten wurden zerstört und die Ernten vernichtet, um den Gegner auszuhungern. Die Bewohner der Farmen, vor allem Frauen und Kinder, wurden in Konzentrationslagern interniert. Aufgrund katastrophaler Lebensbedingungen in diesen Lagern starben über 27.000 Internierte an Hunger und Krankheiten.
Beide Seiten zogen zudem Ureinwohner Südafrikas in ihre Auseinandersetzung hinein, obwohl sie sich zu Kriegsbeginn darauf geeinigt hatten, dies nicht zu tun. Die Buren erschossen viele Schwarze, die auf Seiten der Briten kämpften, bei der Gefangennahme, weil sie sie nicht als reguläre Kombattanten anerkennen wollten. Daraufhin ließ auch Kitchener burische Gefangene hinrichten.
Friedensschluss
Am 31. Mai 1902 wurde der Burenkrieg schließlich mit dem Frieden von Vereeniging beendet. Der Vertrag sah die Eingliederung der beiden Burenrepubliken in das Britische Empire vor, gewährte den Buren aber ansonsten großzügige Friedensbedingungen: Sie erhielten alle Rechte britischer Staatsbürger und Afrikaans wurde als Amtssprache anerkannt. Um die Buren zu befrieden, stimmten die Briten in dem Vertrag aber auch diskriminierenden Regelungen zu, die die Bürgerrechte der nicht-weißen Einwohner Transvaals und des Oranje Freistaats einschränkten.
Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses standen 250.000 von insgesamt 450.000 eingesetzten britischen Soldaten ca. 30.000 Kämpfer auf Seiten der Buren gegenüber. (Die Briten hatten mitten im Burenkrieg ihre traditionellen Rotröcke gegen moderne Khaki-Uniformen in Tarnfarbe ausgewechselt.)
Versöhnung nach dem Krieg
Trotz der mit äußerster Grausamkeit geführten Kämpfe gelang die Versöhnung zwischen Briten und Buren relativ rasch. Bereits 1907 wurden dem Oranje Freistaat und Transvaal Selbstverwaltung und eigene Regierungen gewährt. 1910 bildeten sie mit der Kapkolonie und Natal die Südafrikanische Union. Diese erhielt den Status eines Dominion innerhalb des Britischen Empire, war von da an also de facto ein souveräner Staat. Alle drei Generäle der geschlagenen Burenarmee, Botha, Smuts und Hertzog, dienten der Union nacheinander als Premierminister.
siehe auch: Geschichte Südafrikas
Literatur
Weblinks
Siehe auch: Liste von Kriegen, Liste von Schlachten