Baureihe 103
''Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Baureihe 103 der Deutschen Bundesbahn und Deutschen Bahn AG. Die Baureihe der Deutschen Reichsbahn der DDR finden sie unter Baureihe V 36.Baureihe 103 | |
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Anzahl | 249 |
Nummerierung | DB 103 001–004; 103 101–245 |
Hersteller | AEG, BBC;, Henschel-Werke, Krauss-Maffei, Krupp, Siemens |
Indienststellung | 1965; 1970–1973 |
Ausmusterung | 2003 |
Achsformel | Co'Co' |
Dienstmasse | 110,0/114,0* t |
Achslast | 18,3/19,0* t |
Länge über Puffer | 19.500/20.200** mm |
Höchstgeschwindigkeit | 200 km/h |
Stromsystem | 15 kV, 16,34 Hz |
Anzahl der Motoren | 6 |
Antrieb | HVA/SKA* |
Stundenleistung | 6.420/7.780* kW |
Leistungskennziffer | 58,4/68,2* kW/t |
Dauerleistung | 5.950/7.440* kW |
Anfahrzugkraft | 312* kN |
Zugsicherung | Sifa/LZB |
Bremsbauart | Druckluftbremse KE-GPR; elektrische Bremse |
Nachdem das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Eisenbahnnetz wieder einigermaßen in Stand gesetzt war, konnte die Deutsche Bundesbahn wieder mit dem Aufbau eines Schnellverkehrsnetzes beginnen. Zunächst liefen Lokomotiven der Vorkriegsbaureihen E 18 und E 19, ab den 1960ern unterstützt durch die neuen E 10 und E 10.12, im Schnellzugverkehr vor TEE-, D- und F-Zügen. Bereits damals wurde darüber nachgedacht, die Geschwindigkeit einiger Fernzüge über die damals gefahreren 160 km/h hinaus zu steigern. Erste Planungen sahen einen Nachbau der E 19 vor, die konstruktiv für bis zu 180 km/h und evtl. noch mehr ausgelegt war, bei diesem Tempo jedoch nicht innerhalb des Regelbremswegs von 1.000 m zum Stehen zu bringen war, da die elektrische Bremse zu schwach war. Man holte daraufhin alte Pläne aus den frühen 1950ern aus den Schubladen (Arbeitstitel E 01), die eine Co'Co'-Lokomotive mit 180 km/h Höchstgeschwindigkeit und 5.000 kW Antriebsleistung vorsahen, die jedoch zu Gunsten der E 10 fallengelassen worden war. Man änderte dieses Konzept nun dahingehend ab, dass die Lokomotive 200 km/h laufen sollte und lediglich 18 t Achsfahrmasse haben sollte, und gab ihr den Namen E 03. Ein entsprechender Entwicklungsauftrag erging an die Henschel-Werke (mechanischer Teil) und SSW (elektrischer Teil).
Vorbereitend für die Prototypen wurden 1963 zunächst neue Drehgestelle in zwei Lokomotiven der Baureihe E 10 aus der laufenden Produktion erprobt, mit denen die Lokomotiven bis zu 200 km/h fahren konnten. E 10 299 bekam einen Verzweiger-Antrieb von Henschel, E 10 300 den Gummiring-Kardanantrieb von SSW. Die Versuchsreihen mit beiden Lokomotiven verliefen überaus erfolgreich, man war sich allerdings nicht sicher, welcher der beiden Antriebe der bessere sei. Von den vier Anfang 1965 ausgelieferten E 03-Prototypen waren daher zwei mit dem Henschel- und zwei mit dem SSW-Antrieb ausgerüstet. Die Kopfform der Lokomotiven war an der TH Hannover entwickelt worden und machte die Lokomotiven nicht nur stromlinienförmig, sondern nach Meinung vieler Eisenbahnfreunde auch zur schönsten Deutschen Lokomotive. Interessanterweise war im Februar 1965 als erste die E 03 002 fertig geworden, die daher aber aus Image-Gründen als E 03 001 beschildert wurde. Einen Monat später folgte die echte E 03 001, sowie bis Juni die E 03 003 und 004. Ihren ersten Einsatz im Personenverkehr hatten die neuen Lokomotiven während der Internationalen Verkehrsausstellung im Juni 1965 in München, als drei Lokomotiven planmäßig Schnellzüge mit 200 km/h zwischen München und Augsburg beförderten, und E 03 003 mit ausgebauten Fahrmotoren auf dem Ausstellungsgelände stand - die Motoren wurden dringend als Ersatzteile für die drei Einsatzloks benötigt, die während der IVA recht häufig mit Motorschäden durch Überlastung liegen blieben.
Aus den Erfahrungen während der IVA und den Meßfahrten zog man für die Serienloks verschiedene Konsequenzen, so wurde beispielsweise die Leistung des Haupttransformators gesteigert, die Motoren besser isoliert und durch bessere Schleifkohlen unempfindlicher gegen Überlastung gemacht. Außerdem installierte man an den Seiten je ein zusätzliches Lüfterband. Letztere Maßnahme ging jedoch stark zu Lasten der Sauberkeit im Maschinenraum und führte dazu, dass für alle folgenden E-Lok-Neubauten das Belüftungssystem komplett neu konzipiert wurde. Als erste Serienlokomotive wurde am 27. Mai 1970 die 103 109 ausgeliefert.
Ab Herbst 1971 sollte das neue InterCity-Netz mit 1.-Klasse-Zügen, 200 km/h Höchstgeschwindigkeit und 2-Stunden-Takt auf den Hauptverkehrsachsen starten. An Fahrzeugen standen neben den neuen 103.1 (so die Bezeichnung der Serienloks) und den nur 160 bzw. 140 km/h schnellen E 10.12 und normalen E 10 auch die ebenso neuen Elektrotriebwagen der Baureihe 403 zur Verfügung. Trotz größter Anstrengungen konnte jedoch lediglich der Abschnitt Augsburg-Donauwörth rechtzeitig für 200 km/h ausgebaut werden. Dies war zunächst jedoch unwichtig, da ohnehin keine Genehmigung zum Fahren jenseits von 160 km/h vorlag: Die halbautomatische Geschwindigkeitssteuerung der Loks, bestehend aus der Automatischen Fahr-Bremssteuerung (AFB) und der Linienzugbeeinflussung (LZB) war noch so unausgereift, dass sie nicht in Betrieb genommen werden durfte. Die AFB war außerdem für das schwere Zugunglück bei Rheinweiler am 21. Juli 1971 verantwortlich: Gegen den Willen des Lokführers hatte die Steuerung den Zug statt auf 70 auf 140 km/h beschleunigt, was den D-Zug in der engen Kurve vor Rheinweiler aus den Schienen kippen ließ.
Ab der Lokomotive 103 216 wurden konstruktive Änderungen vorgenommen: Der Lokkasten wurde um 70 cm verlängert, da sich das Personal über die beengten Verhältnisse auf den Führerständen beklagte. Weitere Verbesserungen wurden später auch in die älteren Loks eingebaut, z.B. besser gefederte Radsatzlager, Drehdämpfer und neue Einholm-Stromabnehmer.
Erst ab 1979 wurde der InterCity wirklich erfolgreich, da er fortan auch die zweite Wagenklasse führte, im Stundentakt fuhr, einen Speisewagen besaß und auch endlich auf vielen Strecken 200 km/h fahren durfte. In den folgenden Jahren wurden die 103.1 nicht nur zum Symbol für die moderne Bahn und deren Paradepferd, sondern erreichten vor ihren IC-Zügen auch die höchsten Laufleistungen aller Deutschen Lokomotiven. Bis heute hält die inzwischen ausgemusterte 103 157 unangefochten den Rekord für die höchste monatliche Laufleistung aller DB-Lokomotiven: Im Juli 1972 legte sie an 31 Tagen 50.251 km zurück.
Durch die langen Einsätze vor den schweren InterCitys zeigten sich bei den meisten Maschinen ab Anfang der 1990er Jahre zunehmend Verschleißerscheinungen, z.B. Haarrisse an den Drehgestellrahmen oder defekte Fahrmotoren und Schaltwerke. Die Ursachen waren klar: Eigentlich waren die Loks für den Einsatz vor einklassigen und damit leichten Zügen konstruiert worden, und nicht für die aus 10-14 Wagen bestehenden InterCitys, wie sie ab 1979 gefahren wurden. Außerdem zeigte das Kostenoptimierungsprogramm DB 90 erste Wirkungen: Die Wartungsintervalle waren gestreckt worden und es wurde gefahren, bis tatsächlich Defekte auftraten. Zunächst behalf man sich damit, die Höchstgeschwindigkeit einiger Loks auf 160 km/h zu begrenzen, die AFB außer Betrieb zu nehmen (die Automatik schaltete gerne zwischen zwei Fahrstufen hin und her, um die gewünschte Geschwindigkeit zu halten, und ruinierte so das Schaltwerk) und Drehgestelle zu tauschen. Für die nächsten Jahre war dennoch damit zu rechnen, dass die Instandhaltungskosten explodieren würden, daher wurde beschlossen, schnell einen Nachfolger für die Maschinen zu beschaffen (Baureihe 101) und die Loks auszumustern, obwohl sie im Vergleich zu den Einheitsloks der Nachkriegszeit noch recht jung waren. Ihr trauriges und viel zu frühes Ende fanden sie dann bei einer Recyclingfirma in Opladen. Mitte 2003 stand keine Lokomotive mehr im aktiven Dienst, nachdem einige wenige noch als Reserveloks und für Sonderdienste verwendet worden waren.
In den beiden dreiachsigen Drehgestellen ist jeweils der mittlere Radsatz zwecks besserer Kurvengängigkeit um 8 mm seitenverschiebbar. Die Achslager werden durch gummigefederte Hebel geführt und sind über Schraubenfedern mit hydraulischen Dämpfern abgefedert. Ab 103 216 sind sie zusätzlich in Querrichtung gefedert, um einen ruhigeren Lauf zu erreichen. Ältere Loks wurden entsprechend nachgerüstet. Ebenfalls in den Drehgestellen liegen die Leichtbau-Fahrmotoren mit ihren Getrieben. Die Kraftübertragung erfolgt über den neu entwickelten Gummiring-Kardanantrieb von SSW. Die Drehgestelle sind über Zug-Druck-Stangen am Rahmen angelenkt. Der Lokkasten besteht aus den zwei Endführerständen und drei abnehmbaren Dachhauben.
Die ersten Serienloks waren noch mit Scheren-Stromabnehmern Bauart DBS 54a mit speziellen Hochgeschwindigkeits-Wippen ausgerüstet worden. Ab 1976 wurden Einholm-Stromabnehmer SBS 65 verbaut, da es mehrfach vorgekommen war, dass die Scherenstromabnehmer die Fahrleitung herunter rissen. Die weitere Dachausrüstung besteht aus zwei Dachtrennern, dem Druckluft-Hauptschalter sowie einem Oberspannungswandler zum Messen der Fahrdrahtspannung. Der ölgekühlte und fremdbelüftete Haupttransformator mit 6.250 kVA Traktionsleistung besitzt drei Schenkel (primär, sekundär und magnetischer Rückschluss) und 40 Anzapfungen für das Hochspannungs-Schaltwerk, die über einen Rundwähler und Thyristor-Lastschalter geschaltet werden. Die Steurung erfolgt über eine elektronische Nachlaufsteuerung; alternativ kann auf eine Impulssteuerung per Hilfsfahrschalter zurückgegriffen werden. Pro Sekunde können zwei Stufen geschaltet werden.
Zur Erzielung höherer Zugkräfte im Geschwindigkeitsbereich ab 160 km/h konnte die Traktionswicklung am Haupttransformator leistungslos von 500 V auf 650 V umgeschaltet werden. Diese Funktion wurde jedoch später stillgelegt.
Mit ihrer installierten Gesamt-Dauerleistung von 7.440 kW waren die 103.1 bis zum Erscheinen der ersten Drehstom-Elloks die leistungsfähigsten E-Loks der DB und wurden mit ihrem Masse-Leistungs-Verhältnis von 15,6 kg/kW als das mit konventioneller Technik erreichbare Optimum angesehen.
Die Kurzzeitleistung liegt nochmal um einiges höher; so kann z. B. die max. Anfahrzugkraft von 300 kN bis zu einer Geschwindigkeit von 120 km/h aufrecht erhalten werden; dies entspricht einer Leistung von 10 MW.
Von ähnlicher Dimension ist die elektrische Bremse, die erstmals
fahrdrahtunabhängig ausgeführt ist. Sie ist selbsterregend und bedarf nur einer Stoßerregung aus der Fahrzeugbatterie. Die Bremswiderstandslüfter werden über den Bremsstrom gespeist; bei Netzausfall werden die Fahrmotorlüfter ebenfalls so versorgt.
Sie leistet kurzzeitig bis zu 9.800 kW und im Dauerbetrieb 4.800 kW, bei einer max. Bremskraft von 180 kN, die von 200 km/h bis in niedrige Geschwindigkeitsbereiche gehalten werden kann.
Weiter besitzen die Loks eine zweistufige, indirekt wirkende und mehrlösige HDruckluftbremse KE-GPR, die bei Betrieb der elektrischen Bremse vorgesteuert ist und im Regelfall erst kurz vor dem Stillstand bei dem Abfall der E-Bremse zum Einsatz kommt.
Die direkte Zusatzbremse wirkt über Druckübersetzer auf je 6 Bremszylinder pro Drehgestell.
Die Loks sind für den Betrieb mit elektropneumatischer Bremsssteuerung (ep-Bremse) ausgerüstet.
An Zusatzeinrichtungen auf den Führerständen besitzen die E 103 neben Sicherheitsfahrschaltung und Zugfunk auch eine mit der linienförmigen Zugbeeinflussung (LZB) gekoppelte punktförmiger Zugbeeinflussung. Bei ihrer Indienststellung besaßen alle Loks die extra für die Baureihe 103 von Siemens entwickelte LZB 100, später wurde diese durch die Mikroprozessor-gesteuerte LZB/I 80 ersetzt. Mit Inbetriebnahme der ICE-Neubaustrecken erhielten die Loks darüber hinaus die dort vorgeschriebene Notbremsüberbrückung (NBÜ), um zu verhindern, dass ein notgebremster Zug ausgerechnet im Tunnel zum Stehen kommt.
Die ursprüngliche Lackierung aller 103 war in den TEE-Farben Rot/Creme mit grau abgesetztem Unterrahmen (wurde später ebenfalls rot lackiert) gehalten. Mit dem neuen DB-Farbkonzept erhielten die meisten Loks ab Anfang der 1990er einen Anstrich komplett in Rot mit einem weißen Latz. Kurz vor dem absehbaren Ende der Baureihe 103 wurde sogar noch eine Lokomotive auf Initiative des Modellbahnherstellers Roco in Verkehrsrot lackiert (die Roco-Marketingabteilung hat sich diese Anregung wiederum von einem Aprilscherz der Fachzeitschrift Eisenbahn-Kurier geholt, in der ein montiertes Foto einer verkehrsroten 103 gezeigt worden war).
Siehe auch: Liste der Baureihen
* ab 103 101
** ab 103 216Geschichte
Entwicklung
Die Serienloks
Das Ende
Konstruktion