Einheitslokomotivprogramm
Das Einheitslokomotivprogramm der Deutschen Bundesbahn umfasste die Beschaffung der E-Lok-Baureihen E 10, E 40, E 41 und E 50 (die heutigen Baureihen 110, 140, 141 und 150 sowie davon abgeleitete Varianten), um nach dem Zweiten Weltkrieg mit modernen Lokomotiven wieder in die elektrische Zugförderung einsteigen zu können. Aus Kostengründen sollten so viele Bauteile wie möglich unter den Loks austauschbar sein, daher spricht man auch von Einheitsloks. Da die meisten dieser Fahrzeuge inzwischen das stolze Alter von 40 Jahren erreicht haben, werden sie bald durch neue Hochleistungs-E-Loks ersetzt werden.
Table of contents |
2 Die Baureihen 3 Baureihe 150 4 Konstruktion 5 Technische Daten |
Entwicklung
Fahrleitungsnetz der Bundesbahn war nach dem Krieg zwar stark beschädigt, aber im Gegensatz zum Netz der Deutschen Reichsbahn der DDR nicht als Reparationsleistung demontiert worden. Bereits ab 1946 konnte in Süddeutschland wieder elektrisch gefahren werden (im Norden gab es ohnehin keine Fahrleitungen); Die Vorkriegsbaureihen, die den Krieg überstanden hatten, reichten dafür zunächst aus. Außerdem wurden aus halbfertigen Komponenten, die bei Kriegsende in den Werken standen, noch einige Elektroloks gebaut. 1950 beschloss der zuständige Fachausschuss der Bundesbahn, dass im Zuge der Ausdehnung des elektrischen Netzes zwei Grundtypen neu beschafft werden sollten: Eine sechsachsige Güterzuglok auf Basis der E 94, und eine Mehrzwecklok, die sich locker an die E 44 anlehenen sollte. Die Führerstände sollten so gebaut werden, dass die Triebfahrzeugführer ihre Arbeit sitzend verrichten konnten. Bei allen vorherigen Baureihen mussten sie stehend fahren, um die Aufmerksamkeit zu erhöhen, was den Beruf des Lokführers zu einem anstrengenden Job machte. Häufigste Berufskrankheit waren abgenutzte Kniegelenke. Inzwischen war die Sicherstellung der Aufmerksamkeit des Lokführers jedoch auf technischem Wege über die Sicherheitsfahrschaltung möglich.
Die Mehrzwecklok erhielt zunächst den Arbeitstitel E 46, wurde jedoch in E 10 umbenannt, nachdem sie durch Erhöhung der geforderten Höchstgeschwindigkeit formell eine Schnellzuglokomotive wurde. Ab 1952 lieferten alle namhaften Lokomotivfabriken in Deutschland zunächst entsprechende Versuchslokomotiven der Baureihe E 10.0, in denen die Anforderungen des Bundesbahn-Zentralamts und ihre jeweiligen eigenen Vorstellungen verwirklicht waren. Das Versuchsprogramm ergab, dass zwei Typen von E-Loks nicht ausreichen würden, um allen Leistungsanforderungen gerecht zu werden. Das überarbeitete Typenprogramm enthielt nun die Schnellzuglok E 10, die durch eine andere Getriebeübersetzung zur Güterzuglok E 40 werden konnte, die Nahverkehrslok E 41 und die schwere Güterzuglok E 50. Zusätzlich war auch noch eine Schnellverkehrslok E 01 angedacht, die jedoch verworfen wurde, da das Streckennetz hohe Geschwindigkeiten damals nicht hergab und die E 10 als Schnellzuglok für ausreichend angesehen wurde. Es wurde die Designentscheidung getroffen, bei allen Loks des Einheitslokprogramms den Gummiringfeder-Antrieb von SSW einzusetzen, da er sich in den damit ausgerüsteten E 10.0 überdurchschnittlich bewährt hatte. Lediglich die erste Serie der E 50 erhielt noch den althergebrachten Tatzlagerantrieb, da man dem SSW-Antrieb noch nicht zutraute, so große Leistungen ohne übermäßigen Verschleiß auf die Schienen zu bringen - nachdem sich diese Sorgen als unbegründet erwiesen, erhielten auch die nachfolgenden E 50 den Gummiringfeder-Antrieb.
Die Serienloks der Baureihe 110 erhielten Ordnungsnummern ab 101 aufwärts und werden entsprechend auch als Baureihe 110.1 bezeichnet. Ab Dezember 1956 wurden in mehreren Serien insgesamt 379 Maschinen von den Herstellern Krauss-Maffei, Krupp, Henschel-Werke (alle mechanischer Teil) sowie SSW, AEG und BBC (elektrischer Teil) ausgeliefert. Ab 110 288 wurde der neue Lokkasten der E 10.12 auch bei den normalen E 10 verwendet. Diese Lokomotiven werden daher manchmal auch als 110.3 bezeichnet. Eine Lok (bezeichnet als 751 001) diente dem BZA Minden als Bahndienstlokomotive.
Einige E 10 erhielten bereits ab Werk neu entwickelte Henschel-Drehgestelle und Getriebe für bis zu 160 km/h, und zogen ab Anfang der 1960er Jahre als Baureihe E 10.12 Fernzüge wie den Rheingold. Zusätzlich erhielten sie einen windschnittigeren Lokkasten (den "Bügelfalten"-Lokkasten), der auch ab 110 288 bei den normalen 110 verwendet wurde. 1991 zeigte sich zunehmend, dass die Loks durch die schweren und schnellen Einsätze abgewirtschaftet waren. Mehrfach brachen während der Fahrt die Großzahnräder und richteten starke Schäden am jeweiligen Motor und dessen Getriebe an. Als Notmaßnahme wurde die Höchstgeschwindigkeit auf 120 km/h begrenzt, und die Lokomotiven fortan im Eilzugdienst rund um München eingesetzt. Zu diesem Zeitpunkt waren sie bereits in die Baureihe 113 umgezeichnet, um der DR-Baureihe 112 im neuen gesamtdeutschen Nummernschema Platz zu machen. Inzwischen dürfen die Loks zwar wieder 140 km/h laufen, sind damit aber nicht besser als die normalen 110 und werden als Splitterbauart betrachtet, die vorrangig abgestellt werden soll.
Bei der Baureihe 114 handelte es sich um E 10.12, die auf Serien-Drehgestellen der Baureihe 110 bis zu 160 km/h laufen durften. Wegen starkem Verschleiß musste die Höchstgeschwindigkeit der Loks ab 1985 auf 140 km/h begrenzt werden. Zur Unterscheidung von den 112ern, die noch 160 km/h fahren durften, wurden sie ab 1988 als Baureihe 114 bezeichnet. Im Zuge eines Drehgestelltauschs wurden alle 114er ab 1993 zu normalen 110.3 umgebaut und als 110 485 - 504 in den Bestand eingereiht.
Die Baureihe 140 (bis 1968: E 40) ist technisch gesehen eine 110.1 ohne elektrische Bremse und mit geänderter Getriebeübersetzung. Mit 879 Exemplaren ist sie die meistgebaute Type des Einheitslokprogramms. Ihre Höchstgeschwindigkeit betrug anfangs entsprechend ihrem beabsichtigten Einsatzgebiet im mittelschweren Güterzugdienst 100 km/h, wurde im Juni 1969 jedoch auf 110 km/h erhöht, um die Züge zu beschleunigen und die Loks auch besser im Berufsverkehr einsetzen zu können. Die letzte Serie (manchmal als Baureihe 140.8 bezeichnet) erhielt dazu eine Ausrüstung für Wendezugbetrieb und Doppeltraktion. Einige wenige Lokomotiven erhielten zu Versuchszwecken die zu den schweren Erztransportwagen Bauart Faals 150 kompatible automatische Mittelpufferkupplung, wie sie auch einige Loks der Baureihe 151 besitzen.
31 Lokomotiven der Baureihe 140 wurden ab 1959 für den Einsatz auf der Rampe Erkrath-Hochdahl und der Höllentalstrecke mit einer Gleichstrom-Widerstandsbremse ausgerüstet. Einige besitzen auch (wie die Baureihe 140.8) Einrichtungen für den Wendezugbetrieb. Ansonsten unterscheiden sie sich nicht von der Baureihe 140. Die Loks wurden Anfangs als E 40.11 und ab 1968 als Baureihe 139 bezeichnet. Nach Ende der Einsätze im Höllental hat die DB die Loks in München zusammengezogen, von wo sie einerseits in gemeinsamen Plänen mit der Baureihe 140 eingesetzt werden, andererseits aber auch häufig vor Güterzügen nach Österreich und bis zum Brenner gelangen, wofür sie auf Grund ihrer elektrischen Bremse besonders geeignet sind. Weitere 139er entstanden Anfang der 1990er Jahre durch Umbau von Loks der Baureihe 110 unter Verwendung von Drehgestellen ausgemusterter 140er.
Gemäß dem Typenprogramm kam der Baureihe 141 (bis 1968: E 41) die Rolle der Nahverkehrs- und leichten Güterzuglok zu. Da sie auch auf elektrifizierten Nebenstrecken einsetzbar sein sollte, war das Entwicklungsziel, eine Achslast von 15 t nicht zu überschreiten. Als einzige Baureihe des Einheitslokprogramms erhielt die 141 ein Schaltwerk auf der Niederspannungsseite des Transformators, während man bei allen anderen Baureihen auf eine hochspannungsseitige Steuerung setzte. Das Niederspannungsschaltwerk gab den Loks dank seiner charakteristischen Geräuschentwicklung auch ihren Spitznamen "Knallfrosch". Im Laufe der fast 50-jährigen Einsatzgeschichte der E 41 wird dieses Schaltwerk sicherlich unzählige Reisende zu Tode erschreckt haben. Insgesamt wurden 451 Loks beschafft, die letzten davon mit Ausrüstung für den Einsatz vor S-Bahnen im Großraum Rhein-Ruhr und später in Nürnberg. Diese S-Bahn-141er wurden außerdem mit einer elektrischen Bremse ausgerüstet, die die Bremsenergie in die Fahrleitung zurückspeisen kann (alle anderen 141er besitzen keine elektrische Bremse).
Die Baureihe 150 (bis 1968 als E 50 bezeichnet) war die schwere Güterzug-Ellok des Einheitslokomotivprogramms. Zwischen 1957 und 1973 wurden in mehreren Serien insgesamt 194 Lokomotiven geliefert, die zunächst zusammen mit der schweren Vorkriegs-Lok E 94 eingesetzt wurden und diese später ersetzten. Wie bereits gesagt verwendete die erste Serie der E 50 noch den von Vorkriegs-Loks bekannten Tatzlagerantrieb, da mit dem neuen SSW-Gummiringfeder-Antrieb nicht genügend Erfahrungen im hohen Leistungsbereich vorlagen. Die Baureihe 150 war die erste, die durch die neuen Hochleistungs-Lokomotiven der Baureihen 145 und 152 ersetzt wurde, seit Mitte 2003 sind die Lokomotiven vollständig ausgemustert. Letzter Einsatzbetriebshof für die verbliebenen Loks war Kornwestheim, von wo aus sie neben dem schweren Güterzugdienst auch im Schiebedienst auf der Geislinger Steige und der Spessart Rampe Laufach-Heigenbrücken eingesetzt wurden. Seit Abstellung der letzten Loks wird dort durch die Baureihe 139 nachgeschoben.
Alle Lokomotiven des Einheitslokomotivprogramms folgen einheitlichen Konstruktionsgrundsätzen. Die Drehgestelle sind geschweißte Kasten-Konstruktionen mit Drehzapfen. Bei der E 50 sind diese dreiachsig (mit asymmetrischer Achsanordnung zwecks besserem Kurvenlauf) ausgeführt, sonst zweiachsig. Die ebenfalls geschweißten Lokkästen unterscheiden sich im wesentlichen nur durch ihre Länge und die Anordnung von Seitenfenstern und Lüftergittern. Die Baureihe 110.3 verwendet den Lokkasten der E 10.12 mit stärker hervorgezogener Stirnfläche, auch als "Bügelfalten"-Kasten bezeichnet. Der Rahmen stützt sich über Schraubenfedern und Gummielemente auf die Drehgestelle ab. In einigen Lokomotiven wurde auch Flexicoil-Federung erprobt. Alle Lokomotiven besitzen eine indirekt wirkende Druckluftbremse Bauart Knorr mit Hochabbremsung (bei hohen Geschwindigkeiten wird automatisch stärker gebremst) und zum Rangieren eine direkt wirkende Zusatzbremse. Die Bremsklötze der E 40 sind im Vergleich zu denen der E 10 kleiner ausgeführt. Die 110er-Derivate und die Baureihe 150 verfügen zusätzlich über eine mit der Druckluftbremse gekoppelte fremderregte elektrische Widerstandsbremse. Die beim elektrischen Bremsen entstehende Wärme wird über Dachlüfter abgeführt.
Der elektrische Teil der Lokomotiven beginnt auf dem Dach mit den Scheren-Stromabnehmern Bauart DBS 54a, daran schließen sich die obligatorischen Dachtrenner, der Druckluft-Hauptschalter und Oberspannungswandler zur Überwachung der Fahrdrahtspannung an. Die Transformatoren sind bei allen Bauarten ähnlich aufgebaut, jedoch leistungsmäßig unterschiedlich dimensioniert. Generell handelt es sich um Dreischenkel-Trafos mit Ölkühlung. Am Trafo ist das Schaltwerk mit 28 Fahrstufen angeschlossen. Die Steuerung ist als Nachlaufsteuerung (Lokführer wählt Fahrstufe vor, und das Schaltwerk läuft diese selbstständig an) mit Lastschaltern ausgeführt, im Notbetrieb ist Handsteurung (über Kurbel und Welle) möglich. Etliche Loks der BR 110 und der BR 140 besitzen Thyristor-Lastschalter.
Die Baureihe 141 verwendet als einzige Baureihe ein Niederspannungs-Schaltwerk mit Rundwähler und pneumatischem Antrieb. Die Nachlaufsteuerung wurde jedoch im Laufe der Zeit zu einer Auf-Ab-Steuerung zurückgebaut.
Die Typen der Fahrmotoren unterscheiden sich ebenfalls zwischen den Baureihen, bedingt durch die unterschiedlichen Leistungsanforderungen. Die 110 und 140 benutzen 14-polige Motoren vom Typ WB 372, wie sie später auch bei den Baureihen 111 und 151 weiterverwendet wurden. Die Motoren der Baureihe 141 wurden aus denen des Elektrotriebzuges ET 30 weiterentwickelt, sie sind zehnpolig und tragen die Bezeichnung ABM 6651. Die Motoren der Baureihe 150 sind stärker ausgeführt und tragen die Bezeichnung EKB 760. Sie stammen technisch von den in der E 94 verwendeten AEG-Motoren ab.
An Sicherheitseinrichtungen auf dem Führerstand sind bei allen Lokomotiven die mechanische oder elektronische Sicherheitsfahrschaltung, Punktförmige Zugbeeinflussung (inzwischen entsprechend den neuen Vorschriften mit Softwarestand der PZB 90) und Zugfunk-Geräte vorhanden. Recht neu sind noch die die Rechner des elektronischen Buchfahrplans EBuLa und die bei Lokomotiven im Reisezugverkehr inzwischen ebenfalls zwingend vorgeschriebene Türblockierung ab 0 km/h (TB0). Einige Lokomotiven aller Baureihen wurden versuchsweise mit Rechnern des Leitsystems CIR-ELKE ausgerüstet.
(Zuerst immer die Daten der 110, abweichende Daten anderer Baureihen in Klammern)
Die Baureihen
Baureihe 110 (Serie)
Das Einsatzspektrum der Baureihe 110 hat sich im Laufe der Jahre immer mehr in Richtung Nahverkehr verschoben, entsprechend wurden sie auch im Zuge der dritten Stufe der Bahnreform DB Regio zugeschlagen, was das faktische Ende der Einsätze im Fernverkehr bedingte. Um die Loks besser einsetzen zu können, wurden viele 110.3 ab 1997 mit Steuergeräten für die konventionelle DB-Wendezugsteuerung (KWS) ausgerüstet. Zumindest teilweise griff man hierbei auf die Einbausätze ausgemusterter 140er und 141er zurück.
Bis auf wenige Ausnahmen tragen alle noch in Betrieb befindlichen Lokomotiven dieser Baureihe das aktuelle verkehrsrote Farbschema.Baureihe 113
Baureihe 114
Baureihe 140
Baureihe 139
Baureihe 141
Baureihe 150
Konstruktion
Technische Daten
Baureihen 110 und 140
Baureihe 141
Baureihe 150
Siehe auch: Liste der Baureihen