Die Frau ohne Schatten
Die Frau ohne Schatten ist eine Oper in drei Aufzügen von Richard Strauss (Opus 65), Text von Hugo von Hofmannsthal.Uraufführung: 10. Oktober 1919 in Wien (Dirigent: Franz Schalk), Regie: Hans Breuer Bühne: Franz Roller, einige Tage später erfolgte die zweite Aufführung in Dresden
- 3 Akte, Dauer ca. 3h40min
Table of contents |
2 Entstehungsgeschichte 3 Handlung 4 Musik 5 Bedeutung und Wirkung 6 Bearbeitung 7 Inszenierungen 8 CD-Tipps |
Personen
(Hauptpartien kursiv)
Entstehungsgeschichte
Hofmannsthals erste Einfälle zu diesem Werk datieren auf das Jahr 1911, basierend auf der Unterhaltung deutscher Ausgewanderter von Johann Wolfgang von Goethe (1795). Die Entstehung der Oper geht nicht ohne Schwierigkeiten ab, was ein umfangreicher Briefwechsel zwischen Hofmannsthal und Strauss bezeugt. Die Vorlage Goethes behandelt Hofmannsthal frei, er erfindet zwei Paare, einen Kaiser und eine Kaiserin aus einem Traumreich bzw. einer Jenseits-Welt, und ein Färber-Ehepaar aus der irdischen Welt. Neben Goethe zieht der belesene Hofmannsthal weitere Vorlagen heran, so Teile aus 1001 Nacht, aus Grimmschen Märchen und zitiert sogar einmal wörtlich den Mephistofeles aus dem Faust (Amme: "Her zu mir"). In der ganzen Textanlage ist die Oper als Märchen mit dem Thema des Segens der Liebe durch Geburt der Kinder konzipiert. Hofmannsthal verglich sie in einigen Briefen mit Wolfgang Amadeus Mozarts Zauberflöte, zumindest die doppelten Paare sind dort ebenfalls angelegt. Erste Briefe datieren auf das Jahr 1911, Strauss fing sogleich zu komponieren an, die Arbeit an Text und Musik lief parallel und gegenseitig inspirierend. Die Frau ohne Schatten entstand während des 1. Weltkrieges. Strauss war glücklich über den hervorragenden Text von Hofmannsthal, haderte jedoch mehrfach mit der Partitur und vielen Details, die er um die dramatische Wirkung willen geändert haben wollte. 1915 war die Oper fertig, doch erst 1919 wurde sie uraufgeführt.
- Hofmannsthal an Strauss, 18.9.1919:
- Ich freue mich unsäglich aufs Hören. Die gewissen Schwierigkeiten mit dem Stoff, stupide Versuche, zu deuten und herumzurätseln, wo alles einfach Bild und Märchen ist, auf das alles bin ich gefasst. Das geht vorüber, und was bleiben soll, bleibt.
Handlung
Der Kaiser und die Kaiserin sind Herrscher der südöstlichen Inseln, einem Traumland. Seit ihrer Vermählung kann die Kaiserin sich nicht mehr in ein Tier verwandeln, aber sie gehört auch nicht zu den Menschen, denn sie wirft keinen Schatten und fühlt sich nicht als Mutter, was als Zeichen ein und dasselbe ist.
Ihnen folgt die Amme, die alles Menschliche hasst. Ein Falke verkündet ihr: Die Frist ist bald um, wenn die Frau dann keinen Schatten wirft, muss der Kaiser versteinern. Für die fehlende Fruchtbarkeit trifft ihn, nicht sie der Fluch. Die Kaiserin will den Schatten gewinnen, gemeinsam mit der Amme macht sie sich auf zu den Menschen.
Der Färber Barak lebt mit seiner Frau und seinen drei zurückgebliebenen Brüdern in Armut, aber zufrieden. Auch diese Ehe ist unfruchtbar. Die Färbersfrau, ebenso unglücklich wie die Kaiserin, wird von dieser und der Amme umworben, sie soll den Schatten und die ungeborenen Kindern gegen Reichtum abgeben. Sie schließt mit der Amme den Pakt, die Kaiserin versteht den schlimmen Handel, kann ihn aber nicht verhindern. Aus einer Pfanne, in der die Färbersfrau Essen kocht, hört sie die Stimmen der ungeborenen Kinder weinen und klagen. Doch sie trennt die Betten, der Pakt ist geschlossen.
Die Amme lockt das Weib mittels eines schönen Jünglings auf den bösen Weg. Barak weiß nicht, was im Haus und in seiner Frau vorgeht. Angst umgibt die Kaiserin, wie lange ist noch die Frist? welches Geschick wird ihr begegnen? In der dritten Nacht schafft es die Amme, dass die Färbersfrau ihren Mann angreift, sie kündigt ihm die Treue und erklärt ihm, sie habe ihren Schatten und die ungeborenen Kinder verkauft. Barak entgegnet furchterregend: ihm fällt ein Richtschwert in die Hand, das er gegen seine Frau erhebt. In diesem Moment entgleitet der Amme ihre bösen Geschicke (Übermächte sind im Spiel). Die Erde tut sich auf, verschlingt das Färberpaar, ein Kahn taucht auf, in den die Amme die beiden legt.
Die Geprüften landen in der Geisterwelt, zu einer letzten Prüfung. In einem Tempel sitzt die Kaiserin und harrt des Gerichtes. Das Färberpaar, nun mehr mit Einsicht und gegenseitiger Liebe beflügelt, steht davor, man verwehrt ihnen Einlass. Die Amme entzweit die beiden erneut. "Trink von dem Wasser", ruft eine Stimme der Kaiserin, "und der Schatten wird dein sein". Die Kaiserin ist verzweifelt, sie hat Mitleid mit den Menschen und fühlt sich ihnen zugehörig. Sie trinkt nicht, da erscheint der Kaiser auf einem Sockel aus Stein.
"Ich will nicht" ist ihre Antwort, damit siegt sie für ihren Mann und für die beiden Menschen. Färber und Färberin sind frei und wenden sich ihrer irdischen Welt zu, der Kaiser steigt unversteinert von seinem Sockel, geisterhaft tönen die letzten Strophen der ungeborenen Kinder.Musik
Strauss schafft mit seiner hochdramatischen Musik eine klare, kontrastierende Charakterisierung der Personen und Szenen, nahezu filmartig plastisch sind etwa seine Motive für den Falken, die Schwertszene im 2. Akt oder die Ankunft des Kahns im Reich der Herrscher zu Beginn des 3. Aktes. Unterschiedlich ist die Betrachtung des musikalischen Stils, manche meinen, Strauss habe in seiner musikalischen Sprache eine Kehrtwendung hin zur Tonalität gemacht, andere wiederum heben die grell-eruptiven Orchesterfarben und die z.T. atonal wirkende Harmonik hervor. Letztlich zeigt sich in diesem Werk Strauss' Meisterschaft der musikalischen Psychologisierung der Figuren mit allen (damals) zur Verfügung stehenden Mitteln, sogar eine Glasharmonika findet im Orchester Verwendung.
Die Frau ohne Schatten ist Programmmusik auf der Opernbühne und die Bezeichnung einer phantastischen Musik passt insofern am besten, da Strauss alle Übergänge, jegliche Stimmung und Befindlichkeit der Personen genau zeichnet.Bedeutung und Wirkung
In der Rezeption ist Die Frau ohne Schatten ohne Zweifel eine der bedeutendsten Opern von Strauss, ohne die Vorgänger Elektra und Salome wäre eine solche Handlung, ein solches Ausdruckspotenzial nicht möglich gewesen. Insbesondere Symbolik und psychologische Elemente im Text wie in der Musik sind wesentliche Akzente dieser Oper, die beileibe nicht mehr im Goetheschen Sinne ein Märchen ist. Zu beziehungsreich sind etwa die Funktionen des Schattens, des Themas Fruchtbarkeit und Ehe sowie die auch in der Musikgeschichte zentralen Themen von Prüfung und Erlösung gestaltet. Bearbeitung
1946, drei Jahre vor seinem Tod, entschloss sich Strauss, aus der Oper eine Orchesterfantasie auszukoppeln, die die Höhepunkte der Musik zusammenfasst. Die Partitur wurde am 30. Mai 1946 in Ouchy (Schweiz) abgeschlossen. Strauss widmete das einsätzige Werk Manfred vom Mautner Markhof, einem Kunstmäzen. Die Orchesterfantasie wurde am 26. April 1947 im Wiener Konzerthaus-Saal von Karl Böhm uraufgeführtInszenierungen
(Auswahl)
CD-Tipps