Spannung (Mechanik)
Die mechanische Spannung (Symbol ) ist die Kraft pro Flächeneinheit, die in einer gedachten Schnittfläche durch einen Körper, eine Flüssigkeit oder ein Gas wirkt. Als Vektor hat sie drei Komponenten, und sie hängt von der Orientierung der Schnittfläche ab. Der Richtungssinn ist erst dann definiert, wenn man definiert, welche Seite der Schnittfläche man betrachtet, denn die Spannung ist die Kraft pro Flächeneinheit, die das in Gedanken weggeschnittene Material auf das verbliebene Material ausübt. Sie ist also in beiden gegenüberliegenden Schnittufern entgegengesetzt gerichtet.Folgende Skizze verdeutlicht dies an einem Kragträger:
Die einfachste Darstellung hat der Spannungstensor, wenn man die drei Schnittflächen jeweils senkrecht zu einer Richtung eines kartesischen Koordinatensystems wählt. Die drei Kräfte in den drei Schnittflächen entsprechen den Zeilen der folgenden Matrix:
Die Diagonalelemente stellen dabei die Normalspannungen dar, also die Kräfte die senkrecht zur Fläche wirken. Die nichtdiagonalen Elemente werden als Schubspannungen bezeichnet. Sie wirken tangential zur Fläche. Im Doppelindex beschreibt der erste Index, in welcher Richtung der äußerer Normaleneinheitsvektor der Schnittfläche zeigt, und der zweite Index, in welcher Richtung die Spannung wirkt.
Die Tensorrechnung erlaubt, den Spannungszustand zunächst unabhängig von einem bestimmten Koordinatensystem zu beschreiben und erst nach einer Herleitung des jeweiligen Berechnungsverfahrens die Komponentengleichungen den geometrischen Eigenschaften des Körpers anzupassen, beispielsweise in Zylinderkoordinaten. In der Tensorrechnung definiert man als Spannungstensor denjenigen Tensor zweiter Stufe, der skalar multipliziert mit der äußeren Flächennormalen einer Schnittfläche den Kraftvektor pro Flächeneinheit ergibt.
Die mechanische Spannung hat die selbe physikalische Dimension wie der Druck, nämlich Kraft/Fläche. Der Druck stellt einen Spezialfall einer mechanischen Spannung dar. Als Maßeinheiten sind N/mm² und Pa = N/m² gebräuchlich.
Jeder Spannungszustand lässt sich durch Hauptachsentransformation in ein Koordinatensystem umrechnen, in dem alle Schubspannungen verschwinden. Wenn man in diesesm Koordinatensystem die drei Normalspannungen zu einem Vektor zusammenfasst, kann man diesen in zwei Komponenten zerlegen:
- Die Komponente quer zur Raumdiagonalen ist ein Maß dafür, wie groß in anderen Schnittrichtungen die Schubspannungen je nach Schnittrichtung maximal werden können. Allein dieser Anteil ist bei der Berechnung von Stahlkonstruktionen relevant. Er entspricht der Vergleichsspannung nach Gestaltsänderungshypothese. Wenn er die Fließspannung der jeweiligen Stahlsorte überschreitet, verformt sich der Stahl plastisch.
- Die Komponente in Richtung der Raumdiagonalen beschreibt den Druck; dieser Anteil ist bei der Berechnung von Stahlkonstruktionen irrelevant, da er in keinerlei Schnittrichtung zu Schubspannungen führt, und insofern auch zu keiner plastischen Deformation.
Die jeweilige Hauptspannungsrichtung ergibt sich aus der Gleichung , wobei für die errechnete Hauptspannung eingesetzt wird. Die Lösungen sind Eigenvektoren der Spannungsmatrix S und geben die Richtung der Spannungen an. In normierter Form bilden sie eine Orthonormalbasis des 3-dimensionalen Raumes, sofern keine der Hauptspannungen gleich Null ist.
Eine geometrische Darstellung der Spannungszustände wird durch den Mohrschen Spannungskreis gegeben.
Den Zusammenhang zur Deformation stellt für elastische Verformungen das Hookesche Gesetz her. Wichtigste Materialkonstanten sind dabei Elastizitätsmodul und Querkontraktionszahl. Die plastische Deformation beschreiben die Fließbedingung, das Fließgesetz und das Verfestigungsgesetz. Den Zusammenhang zur Verformungsgeschwindigkeit in viskosen Flüssigkeiten stellt Newton's Zähigkeitsansatz her. Wichtigste Materialkonstante ist darin die dynamische Viskosität.
Das Deformationsverhalten eines Körpers wird durch den Zusammenhang zwischen Spannungs- und Deformationstensor beschrieben. Diese Beziehung wird rheologisches Gesetz genannt und ist eine Materialeigenschaft des Körpers. Die Rheologie beschäftigt sich mit dem Fliessen und der Deformation von Körpern.
Die ohne außen an den Körper angreifende Kräfte auftretenden Spannungen werden auch Eigenspannungen genannt.
Ein hydrostatischer Spannungszustand liegt vor, wenn die drei Hauptspannungen gleich sind.
Die Spannung in Gasen wird im Boyle-Mariotte-Gesetz und im Gay-Lussac-Gesetz beschrieben.
Siehe auch: elektrische Spannung, Festigkeit, Elastizität, Plastizität, Kontinuumsmechanik