Querschnittssyndrom
Unter einem spinalen Querschnittssyndrom (syn.: Querschnittlähmung) wird in der Medizin eine Kombination von Symptomen verstanden, die bei Unterbrechung der spinalen Nervenleitung auftritt. Ursächlich können Verletzungen des Rückenmarks (z.B. bei Wirbelsäulenbrüchen), aber auch Tumoren und spezielle Erkrankungen (z.B.multiple Sklerose) sein.Zum Querschnittssyndrom gehören
- Lähmungen,
- vegetative Entgleisungen (u.a. Kreislaufstörungen),
- Spastiken, Hyperreflexibilität.
Table of contents |
2 Systematik und Diagnostik 3 Verlauf 4 Therapie 5 Weblinks 6 Quellen |
Ätiologie
Die häufigste Ursache des Querschnittssyndroms sind Unfälle mit Frakturen der Wirbelsäule, insbesondere der Halswirbelsäule. Sie werden in
- lineare Frakturen, dh. Scherungen und Quetschungen des Rückenmarks durch Verschiebung von Wirbelkörpern in der Längsachse (Longitudinalachse) der Wirbelsäule,
- Kompressionsfrakturen mit resultierender Quetschung des Rückenmarks und
- Berstungs- oder Trümmerfrakturen mit Verlagerung von Trümmersegmenten in den Rückenmarkskanal
Bei den linearen Frakturen spielt die Dislokation (Verschiebung) von Wirbelkörpern in der Längsachse der knöchernen Wirbelsäule die entscheidende Rolle. Das Rückenmark wird durch die Stufenbildung der Wirbelkörper geschädigt. Es sind alle Ausprägungen der Rückenmarksschädigung denkbar.
Die Kompressionsfrakturen sind häufig Folge eines Kopfsprunges in zu flaches Wasser. Dem Unfallmechanismus liegt eine zu starke Flexion zugrunde.
Trümmerfrakturen führen fast immer zu schweren neurologischen Störungen.
Weiterhin führen Rückenmarksschädigungen aufgrund anderer umfangreicher Funktionen zu
Die Läsionshöhe wird durch das letzte noch intakte Rückenmarkssegment definiert. So bezeichnet die Diagnose "Querschnitt unterhalb von C5", dass das Segment C5 noch intakt ist [2].
Systematik und Diagnostik
Nach dem Leitsymptom Lähmung unterscheidet man:
Schlaffe Lähmungen können nach gewisser Zeit in spastische Lähmungen übergehen.
Unmittelbar nach Rückenmarksschädigung kommt es zu vegetativen Störungen, die in manchen Fällen persistieren. Dazu gehören Störungen von Kreislauf-, Atem- und Thermoregulation.
Segment | Kennmuskel | Funktion |
---|---|---|
C5 | M. deltoideus | Armadduktion |
C6 | M. biceps brachii | Beugung im Ellenbogen |
C7 | M. trizeps brachii | Streckung im Ellenbogen |
C8 | kleine Handmuskeln | Fingerspreizen |
Die Schädigung ab und oberhalb von C4 führen zu einer Lähmung des N. phrenicus und somit zu vollständigem Ausfall der Atmung, da auch die intercostale Inervation betroffen ist. Ein derartiges Trauma ist somit akut lebensbedrohlich und bedarf sofortiger lebenserhaltender Therapie.
Bei Schädigung unterhalb C4 lässt sich die Läsionshöhe am wachen Patienten durch Prüfung von Sensibilität und Motorik ermitteln. Die Sensibilität wird anhand von Dermatomen, die Motorik durch Testung der aktiven Beweglichkeit von Kennmuskeln geprüft.
Hypertension | Diese Phase dauert nur wenige Minuten an |
spinaler Schock | schlaffe Lähmung in abhängigen Segmenten, Ausfall aller Reflexe, Dauer Wochen bis Monate |
Spastik, Hyperreflexie | Übersteigerte Eigenreflexe, autonome Hyperreflexie z.B. mit Blutdruckspitzen bei Manipulation an der Blase |
Der Verlauf hängt vom Ausmaß der Rückenmarkschädigung ab. Ein voll ausgeprägtes spinales Querschnittsyndrom mit hoher Läsion (HWS-Bereich) läuft in 3 Phasen ab:
- Phase der Hypertension
- spinaler Schock
- Phase der Spastik und Hyperreflexie
Therapie
Notfallbehandlung
Bei allen bewußtseinsgetrübten und bewußtlosen Patienten muss bei entsprechendem Unfallhergang von einer spinalen Schädigung ausgegangen werden. So ist bei 10% aller Schädel-Hirn-Verletzten mit einem spinalen Notfall zu rechnen. Deshalb hier immer Versorgung mit einer Halskrawatte.
Im Umkehrschluss muss bei Schädigung der Brustwirbelsäule (BWS) mit einem Thoraxtrauma und bei Verletzungen der Lendenwirbelsäule (LWS) mit einem retroperitonealen Hämatom gerechnet werden.
Zur Kreislaufunterstützung sollte vorrangig Volumen, sekundär Dobutamin appliziert werden. Bei Bewußtlosigkeit und insuffizienter Atmung muss die tracheale Intubation und Beatmung angestebt werden.
initial | 30 mg/kg KM als Bolus |
kontinuierlich | 5,4 mg/kg KM/h als Infusion über 23 Stunden |
Der Nutzen einer Behandlung mit Methylprednisolon (z. B. Urbason) ist nicht evident. Sie wird aber trotzdem empfohlen, wenn sie möglichst innerhalb der ersten 3 Stunden -nicht später als 8 Stunden- nach Trauma eingeleitet wird. Eine Unterlassung gilt jedoch nicht als Fehler [2].
Die operativen Möglichkeiten liegen in der Dekompression des Rückenmarks und in der Stabilisierung der Wirbelsäule.
Der Dekompressions-OP liegt die Hoffnung zugrunde, dass z.B. durch Begradigung von Stufen (bei Verschiebung in der Longitudinalachse der Wirbelsäule (siehe oben)) druckbedingte Durchblutungsstörungen beseitigt werden. Bei ausreichend frühzeitiger Durchführung kann es zu neurologischen Erholungen unterschiedlichen Ausmaßes kommen.
Dabei werden verschiedene unfallchirurgische Verfahren der Osteosynthese angewandt, die zu Versteifungen von Wirbelsäulenabschnitten und somit zu og. Zielen führen.
Es wird diskutiert, dass der Erfolg derartiger Operationen am größten ist, wenn sie innerhalb von 3 Tagen nach dem Trauma erfolgen [2].
operative Versorgung
Eine frühzeitig durchgeführte Stabilisierungsoperation bietet Vorteile für die intensivmedizinische Behandlung. Zum einen kann das Luftwegsmanagement durch Tracheotomie optimiert werden. Zum anderen entfallen Probleme beim Lagerungswechsel in Pneumonieprophylaxe und Pflege.Weblinks
Quellen