Beatmung
Beatmung dient der Unterstützung oder dem Ersatz unzureichender oder nicht vorhandener Spontanatmung. Ihre lebenserhaltende Funktion ist zentraler Bestandteil von Notfallmedizin, Intensivmedizin und Narkosemedizin.
Hauptunterscheidung muss man treffen zwischen der kontrollierten Beatmung und der assistierten Beatmung.
Beatmung wird dann angewandt, wenn die Spontanatmung ausfällt (Apnoe) oder insuffizient wird.
Dies kann u.a. in Narkose, bei Vergiftungen, Kreislaufstillständen, neurologischen Erkrankungen oder Kopfverletzungen auftreten, außerdem bei Lähmung der Atemmuskulatur aufgrund von Rückenmarksläsionen oder der Wirkung von Medikamenten.
Eine Reihe von Lungenerkrankungen oder Thoraxverletzungen, sowie Herzkrankheiten, Schock und Sepsis können ebenfalls eine Beatmung
erforderlich machen.
Abhängig von der klinischen Situation kann die Beatmung über wenige Minuten aber auch über Monate hinweg fortgeführt werden.
Während die Rückkehr zur Spontanatmung in der Routine-Anästhesie selten ein Problem darstellt, ist das Weaning eines Intensivpatienten nach längerer Beatmungsdauer ein schwieriger Prozess, der Tage oder Wochen in Anspruch nehmen kann.
Einige Patienten mit schweren Hirnschäden, Rückenmarksverletzungen oder neurologischen Erkrankungen erlangen die Fähigkeit zur Spontanatmung nicht zurück und bedürfen daher der andauernden Beatmung (Heimbeatmung).
Während der Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid zwischen Blut und Alveolen durch Diffusion stattfindet und keine äußere Anstrengung erfordert, muß die Atemluft durch die Atemwege aktiv dem Gasaustausch zugeführt werden.
Bei der Spontanatmung wird in der Pleurahöhle durch die Atemmuskulatur ein Unterdruck erzeugt. Der dabei entstehende Druckunterschied zwischen atmosphärischem Druck und intrathorakalem Druck erzeugt einen Luftstrom.
Bei der Unterdruck-Beatmung mit Eisernen Lungen wird genau dieser Mechanismus imitiert. Die eiserne Lunge erzeugt einen Unterdruck in einer Kammer, die den Körper umschliesst und am Hals abgedichtet wird.
Alle anderen Techniken der Beatmung sind Überdruck-Beatmungen, d.h. Luft wird durch externen Überdruck in die Lungen gepresst.
Die einfachste Form der Beatmung ist die Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung, die in der Laienreanimation angewandt wird. Diese Technik ist jedoch begrenzt, da mit ihr keine mit Sauerstoff angereicherte Luft gegeben werden kann: Nur 16 Prozent Sauerstoffanteil können so erreicht werden; im Vergleich dazu hat Raumluft 21 Prozent Sauerstoff, Beatmungsgeräte können bis zu 100 Prozent Sauerstoff verabreichen.
Durch den direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten besteht bei der Mund-zu-... Beatmung außerdem das Risiko der Krankheitsübertragung.
Wenn möglich sollte daher mechanischen Hilfsmitteln wie z.B. einem Beatmungsbeutel der Vorzug gegeben werden.
Ein Beatmungsbeutel besteht aus einer Gesichtsmaske, die über Mund und Nase des Patienten gestülpt wird, um einen dichten Abschluss zu erreichen; einem elastischen, kompressiblen Beutel und einem Ventil, welches den Luftstrom lenkt. Eine Sauerstoffquelle kann an ein Reservoir am Beutel angeschlossen werden, um eine höhere Sauerstoffkonzentration zu erreichen. Diese einfache Technik kann ausreichen, einen ateminsuffizienten oder apnoeischen Patienten über Stunden zu beatmen.
In der Anästhesie und Intensivmedizin werden routinemässig Beatmungsgeräte benutzt.
Diese Ventilatoren ermöglichen eine Vielzahl unterschiedlicher Beatmungsmodi, die von der assistierten Spontanatmung (ASB) zur vollständig kontrollierten Beatmung reichen. Moderne Ventilatoren erlauben eine kontinuierliche Adaption der Invasivität entsprechend dem Zustand des Patienten.
Bei beatmeten Patienten besteht eine Neigung zum Kollaps von Alveolen (Atelektasebildung). Durch Nutzung eines PEEP (Positiv-endexpiratorischen Druckes) versucht man, die Lunge am Ende eines Atemzyklus offenzuhalten. Darüberhinaus kommt PEEP bei Krankheitsbildern wie z.B. Pneumonie, ARDS und Lungenödem zum Einsatz.
Mechanische Beatmung kann nur dann erfolgreich und sicher erfolgen, wenn die Atemwege des Patienten offengehalten werden, d.h. wenn die Luft ungehindert in die und aus den Lungen strömen kann. Außerdem müssen Leckagen vermieden werden, damit Luftstrom und Druckverhältnisse den eingestellten Werten entsprechen.
Ein weiteres Risiko ist die Aspirationspneumonie. Bei der Aspiration gelangt Mageninhalt über die Speiseröhre (Ösophagus) und Trachea in die Lungen. Durch die schiere Menge oder auch durch den Säuregehalt des Mageninhalts kann es zu schweren Beeinträchtigungen der Lungenfunktion kommen. Maßnahmen zur Vermeidung der Aspiration hängen von der Situation des individuellen Patienten ab - den wirksamsten Schutz bietet allerdings die endotracheale Intubation.
Eine ganze Reihe von Maßnahmen und Geräten bieten Schutz gegen den Kollaps der Atemwege, Luftleckagen und Aspiration:
Im Allgemeinen wird die Prognose des Beatmungspatienten von der zugrundeliegenden Erkankungen und deren Antwort auf die Therapie bestimmt. Aber auch die Beatmung selbst kann ernsthafte Probleme verursachen, die ihrerseits den Aufenthalt auf einer Intensivstation verlängern und manchmal zu bleibenden Schäden oder gar zum Tod führen können. Daher ist es wünschenswert, die Beatmungsdauer so kurz wie möglich zu halten.
Infektiöse Komplikationen, hier besonders Pneumonien, treten bei einer Vielzahl von Patienten, die länger als einige Tage beatmet bleiben, auf. Die endotracheale Intubation unterläuft die natürlichen Abwehrmechanismen gegen Lungeninfektionen, insbesondere den Prozess der "mukozilliärenClearance". Dieser kontinuierliche Transport von Sekreten aus den Lungen in die oberen Luftwege dient der Abfuhr von Bakterien und Fremkörpern. Die intubationsbedingte Ausschaltung dieses Mechanismus gilt als Hauptfaktor bei der Entstehung von Pneumonien.
Es gibt Hinweise darauf, daß Sauerstoff in höheren Konzentrationen (>40%) auf Dauer selbst zu Schäden am Lungengewebe beatmeter Patienten führen kann. Daher empfiehlt es sich, die niedrigste angemessene Sauerstoff-Konzentration einzustellen. Allerdings kann bei Patienten mit schweren Störungen des pulmonalen Gausaustausches eine hohe Sauerstoffkonzentration überlebensnotwendig sein.
Die meisten Beatmungsformen gründen auf der Anwendung von Überdruck auf die Lungen. Das Gewebe erkrankter Lungen kann durch die dabei entstehende mechanische Belastung (Überdehnung, Scherkräfte, hohe Spitzendrücke) sowie durch entzündliche Prozesse zusätzlich geschädigt werden. Die dadurch verursachte Verschlechterung des pulmonalen Gasaustauschs erfordert dann wiederum eine noch aggresivere Beatmung.
"Lungenprotektive Beatmung" ist ein Sammelbegriff für Strategien zur Minimierung der beatmungsinduzierten Lungenschäden. Viele von ihnen basieren auf Ventilatoreinstellungen zur Vermeidung der Überdehnung der Lungen.
Die Einstellung der Beatmungsparameter erfolgt ausgehend von Größe, Gewicht und klinischem Zustand des Patienten und wird anhand von Klinik, Vitalzeichen und Blutgasanalysen validiert.
(Fortsetzung folgt)
Frühe Beschreibungen verschiedener Maßnahmen zur künstlichen Beatmung finden sich bei Hippokrates, Avicenna und Paracelsus. Aus dem 1. Jahrhundert v.Chr. berichten römische Ärzte sogar von einer Tracheotomie.
1763 wandte Smellie ein flexibles Metallröhrchen zur Intubation der Trachea an, Fothergill nahm einen Blasebalg zu Hilfe.
1876 wurde die erste Eiserne Lunge gebaut, die bis weit ins 20. Jahrhundert hinein von großer Bedeutung sein sollte.
Um die Jahrhundertwende entstand die Laryngoskopie und bereitete den Weg für die heute übliche endotracheale Intubation. Um die Mitte des 20. Jahrhunderts entstanden die ersten maschinellen Respiratoren der Firmen Engström, Dräger, Bennet usw.
Klinische Anwendung
Techniken
Über- und Unterdruck-Beatmung
Mund-zu-Mund- und Beutelbeatmung
Mechanische Ventilatoren / Beatmungsgeräte
Sichern der Atemwege
(Anm.: Die Terminologie für diese Prozedur ist u.U. verwirrend. Als "Tracheotomie" wird oft der chirurgische Eingriff bezeichnet, als "Tracheostomie die minimalinvasive Variante dieses Eingriffs (Dilatationstracheostomie), während das "Tracheostoma" das Ergebnis der Operation ist.)Beatmungsinduzierte Lungenschäden und lungenprotektive Beatmung
Nomenklatur der maschinellen Beatmung und Atmungsunterstützung
* ASV Assisted Spontaneous Ventilation -- unterstütze Spontanatmung
* CPAP Continuous Positive Airway Pressure -- kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck
* BIPAP Biphasic Positive Airway Pressure
* CPPV Continious Positive Pressure Ventilation -- kontinuierliche Überdruckbeatmung
* EPAP Expiratory Positive Airway Pressure -- positiver expiratorischer Atemwegsdruck
* HFPPV High Frequency Positive Pressure Ventilation -- Hochfrequenzüberdruckbeatmung
* HFV High Frequency Ventilation -- Hochfrequenzbeatmung
* IPPV Intermittend Positive Pressure Ventilation -- intermittierende Überdruckbeatmung
* IRV Inversed Ratio Ventilation -- Beatmung mit umgekehrten Atemphasen/Zeit-Verhältnis
* LFPPV Low Frequency Positive Pressure Ventilation -- Niedrigfrequenzüberdruckbeatmung
* MB Maschinelle Beatmung
* MMV Mandatory Minute Volume -- (vorgegebenes) maschinelles Minutenvolumen
* PEEP Positive Endexpiratory Pressure -- positiver endexpiratorischer Druck
* PNPV Positive Negative Pressure Ventilation -- Wechseldruckbeatmung
* (S)IMV (Synchronized) Intermittent Mandatory Ventilation -- (synchronisierte) intermittierende maschinelle Beatmung
* ZAP Zero Airway Pressure -- Spontanatmung unter Atmosphärendruck
Beatmungsparameter
Adjuvante Maßnahmen
Geschichte
Siehe auch
Atmung - Kardiopulmonale Reanimation - IntensivstationLiteratur
Weblinks
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