Germanismus
Ein Germanismus ist ein Wort oder eine grammatische Besonderheit des Deutschen, die unverändert in eine andere Sprache übernommen und dort mehr oder weniger stark integriert wurde.
Im Englischen gibt es einige Germanismen: angst (als tiefgreifende, existenzielle Angst), autobahn, blitz(-krieg), doppelganger (Doppelgänger), eigenvector (Eigenvektor, auf Grund der Fehlannahme, dass der Eigenvektor nach dem Mathematiker Manfred Eigen benannt sei), Gesundheit! (als Ausruf), kindergarten, leitmotif, sauerkraut, schadenfreude, waldsterben, weltanschauung (oft auch als direkt übersetzte Form world outlook), weltschmerz, zeitgeist. Das deutsche über- wird auch zuweilen (oft als uber) in Zusammensetzungen verwendet, wie ubergeek, um extreme Steigerung auszudrücken. Vor allem die besondere Eigenschaft der deutschen Sprache aus verschiedenen Wortstämmen beliebig viele, neue, zusammengesetzte Hauptwörter zu bilden, trägt zu einer vermehrten Verbreitung aber auch zu interessanten Neologismen bei. Es gibt aber umgekehrt mehr Anglizismen im Deutschen, als es Germanismen im Englischen gibt.
Im Französischen gibt es einige an die Erfahrungen im 2. Weltkrieg anknüpfende Germanismen, etwa witz für einen schlechten, bedrohlichen Scherz oder ersatz für Ersatzkaffee. Das Wort Lied im Französischen meint ein Kunstlied, wie ja auch Chanson (im Französischen das übliche Wort für deutsch Lied) im Deutschen eine spezifische Bedeutung hat.
Im Japanischen gibt es einige Wörter, die aus dem Deutschen kommen, z.B. Arbeit (in der Bedeutung Nebenjob). Andere ins Japanische übertragene Wörter kommen aus dem Alpinismus (Hütte (als Berg- oder Schutzhütte), Piste, Stemmbogen) oder der Medizin (Allergie, Karte (als Patientenkarte)).
Im Niederländischenen ist in den letzten Jahren eine zunehmende Zahl von Germanismen beobachtet worden.
Das Deutsche hat auch in einigen Formen auf das Polnische, das Tschechische und andere slawische Sprachen eingewirkt, z.B. kajuta (Kajüte), sztorm (Sturm), burmistrz (Bürgermeister), szynka (Schinken) im Polnischen, barva (Farbe), mnich (Mönch) im Tschechischen. Das Russische hat einige Wörter aus dem Militär übernommen, z.B. Maßstab und Marschroute.
Dass Germanismen sich nicht nur auf lexikalisches Material, sondern auch auf die Grammatik beziehen können, wird beispielsweise an einer deutschen Besonderheit in der Wortstellung deutlich, die ins Polnische übertragen wurde:
Syn ale nie przyszedl. (Der Sohn aber kam nicht). Die übliche polnische Wortstellung wäre Ale syn nie przyszedl.
Im Spanischen einiger südamerikanischer Länder gibt es Germanismen, die von deutschen Einwanderern eingeführt wurden. So gibt es z.B. in Chile kuchen und in Uruguay Frankfurter. Letzteres wird jedoch teilweise auch - als Scheingermanismus - mit der Bedeutung Hot Dog verwendet, also für ein Wurstbrötchen. Interessant ist die argentinische Bezeichnung Pancho: Dieses Wort wird in Argentinien landläufig als Spitzname für die Namen Francisco oder Franco verwendet, und daher auch auf das Wurstbrötchen mit Frankfurter Würstchen übertragen.
Germanismen in Fremdsprachen können gegenüber dem deutschen einen Bedeutungswandel erfahren haben und erscheinen den Lernenden dann als "falsche Freunde". So ist ein russisches "butterbrod" mit Wurst oder Käse belegt, ein "galstuk" kein Halstuch, sondern eine Krawatte und ein "parukmacher" ein Frisör.
Wenn es um importierte Wörter geht, kann man auch von einem deutschen Lehnwort oder Fremdwort sprechen.
Siehe auch: Liste deutscher Fremdwörter in anderen Sprachen, AnglizismusBeispiele in verschiedenen Sprachen
Abwandlungen deutscher Wörter