Rentenversicherung
Dieser Artikel bezieht sich auf die deutsche Rentenversicherung. Für die Schweizer Rentenversicherung siehe: Alters- und Hinterlassenenversicherung
Die gesetzliche Rentenversicherung (RV) in Deutschland ist Bestandteil (Versicherungszweig) der gegliederten Sozialversicherung. Sie findet ihre Grundlage im Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Fassung vom 19.2.2002 (BGBl. I S. 754).
Die RV im SGB VI bildet zusammen mit den anderen gesetzlichen Altersversorgungsformen (Alterssicherung der Landwirte, berufsständische Pflichtversorgung der verkammerten freien Berufe) eine der drei Säulen des deutschen Alterssicherungssystems, neben der betrieblichen/überbetrieblichen/tariflichen Altersversorgung (zweite Säule) und der auf privater Vorsorge aufbauenden Versorgung (gefördert im Rahmen der sog. „Riester-Rente“). Eine Sonderversorgung besteht für die Beamten der öffentlichen Hand.
Träger der Rentenversicherung
Träger der RV sind:
Die Bundesknappschaft ist zugleich Träger der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung der im Bergbau Beschäftigten und neuerdings für die Versicherung der geringfügig Beschäftigten (Minijobs) zuständig; Seekasse und Bahnversicherungsanstalt führen neben der Arbeiter- auch die Rentenversicherung der Angestellten im Auftrag der BfA durch; die Veranlagung der selbständigen Künstler und Publizisten, für deren Leistungen die BfA zuständig ist, erfolgt bei der Künstlersozialkasse als besonderer Abteilung der Unfallkasse des Bundes in Wilhelmshaven.
Die Träger der RV werden, wie alle übrigen Träger der Sozialversicherung, im Verhältnis 50:50 durch Vertreter der Arbeitgeber und der Versicherten selbstverwaltet. Die Versicherten bestimmen durch Briefwahl ihre Vertreter. Die Träger stehen unter staatlicher Rechtsaufsicht. Die Organisationsstruktur der Träger der RV wird in jüngerer Zeit als reformbedürftig angesehen.
Versicherte
In der RV sind alle abhängig beschäftigten Arbeitnehmer einschließlich Auszubildender mit erstmaliger Aufnahme der Arbeitstätigkeit pflichtversichert (Zwangsversicherung); darüber hinaus bestimmte Gruppen von Selbständigen (Landwirte, Handwerker, Künstler und Publizisten, Küstenfischer und –schiffer, Seelotsen, Hausgewerbetreibende, Ich-AG). Daneben ist für Selbständige, die nicht pflichtversichert sind, eine freiwillige Versicherung möglich. Für bestimmte Berufsgruppen in Kammerberufen, z.B. Ärzte, Ingenieure, Architekten, Steuerberater und Rechtsanwälte besteht eine Pflichtversicherung in sog. berufsständischen Versorgungswerken.
Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung
Versicherte Risiken der RV sind Alter (die sog. "Rente"), verminderte Erwerbsfähigkeit (Invalidität) und Tod.
Leistungen der RV sind Rentenzahlungen auf Grund eines dieser Risikofälle (Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrenten an Witwen/Witwer, Waisen sowie den vorletzten Ehegatten bei Kindererziehung) sowie Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben (Grundsatz Reha vor Rente).
Voraussetzung für die Rentengewährung sind die Erfüllung von allgemeinen und besonderen Wartezeiten (mindestens fünf Jahre), bei der Altersrente das Erreichen des Renteneintrittsalters (mindestens 60. Lebensjahr); Regelaltersrente ohne Abschläge wird bei Renteneintritt ab dem 65. Lebensjahr gewährt.
Berechnung der Rentenhöhe
Die Höhe der Altersrente wird nach der Rentenformel berechnet. Diese ist im Sozialgesetzbuch normiert. Sie berechnet sich aus der Multiplikation der im Laufe des beitragspflichtigen Erwerbslebens kumulierten Entgeltpunkte (Entgeltpunkt ist die Verhältniszahl des persönlichen Arbeitsentgeltes zum Durchschnittsentgelt eines Kalenderjahres) mit dem sich jährlich in Abhängigkeit der Entwicklung der Bruttolöhne und demographischer Veränderungen anpassenden aktuellen Rentenwert, gegebenenfalls mit Abschlägen bei Inanspruchnahme vor dem 65. Lebensjahr.
Besonderheiten bestehen in der Knappschaftsversicherung (Rentenversicherung der Bergleute).
Der soziale Solidargedanke der RV kommt u. a. in der Berücksichtigung von Zeitabschnitten ohne Beitragsleistung (z. B. Kindererziehungszeiten, Zeiten zwischen Eintritt der Erwerbsminderung und vollendetem 60. Lebensjahr) zum Ausdruck.
Darüber hinaus erbringen die Träger der RV auch Leistungen im Rahmen der medizinischen und beruflichen Rehabilitation zur Wiederherstellung bzw. Verbesserung der Erwerbsfähigkeit (versicherungsfremde Leistungen).
Die Finanzierung erfolgt nicht im Kapitaldeckungs- sondern im Umlageverfahren Dabei werden laufende Rentenausgaben auf die derzeitigen Beitragszahler umgelegt Generationenvertrag). Der Beitragssatz wird als Prozentsatz vom Bruttolohneinkommen (Arbeitsentgelt) bis zur Beitragsbemessungsgrenze erhoben, bei Selbständigen vom Erwerbseinkommen; er ist für die Angestellten- und die Arbeiterrentenversicherung gleich hoch, für die Knappschaftsversicherung höher.
Die Verabschiedung des Gesetzes zur Alters- und Invaliditätsversicherung durch den Reichstag des Deutschen Reiches unter Otto von Bismarck bildet die Grundlage der Bismarck’schen Sozialgesetzgebung (24. Mai 1889). Im Rahmen dieser Sozialgesetzgebung wurde die Rentenversicherung (RV) zum 1. Januar 1891 (vgl. RGBl. 1889 I S. 97) erstmals eingeführt.
Wesentliche Reformschritte waren 1911 die Einführung der Hinterbliebenenrenten sowie die Einbeziehung der Angestellten in die Rentenversicherung, 1957 der Übergang zum System der Umlagefinanzierung sowie der dynamischen Koppelung der Rentenhöhe an die Bruttolohnentwicklung. Das alte System des Ansparens (Kapitalbildung) von Rentenzahlungen auf einem Sparbuch/Konto war infolge der Weltkriege und der Weltwirtschaftskrise zusammengebrochen. 1972 kommt es zur Einführung der flexiblen Altersgrenze sowie seit 1992 zum Versuch der Sicherung des von demographischer Entwicklung und wirtschaftlicher Stagnation bedrohten Systems (Rentenproblem).
Mit dem Begriff Rente werden in Deutschland allgemein die Leistungsbezüge im Ruhestand aus den gesetzlichen Sozialversicherungssystemen für Pflichtversicherte erfasst.
Die Zahlung der Rente erfolgt für Angestellte durch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), für Arbeiter durch eine der 22 Landesversicherungsanstalten (LVA). Daneben gibt es spezielle berufsständische Rentenversicherungen (Bergbau und Seefahrt). Die Zahlungsabwicklung erfolgt durch den Rentenservice der Deutschen Post AG.
Abzugrenzen ist die "Rente" von der Pension. Pensionäre erhalten ihre Leistungen aus Sonderkassen (Pensionskassen). Als Pensionäre werden nur im Ruhestand befindliche Beamte bezeichnet. Auch in steuerlicher Hinsicht gibt es Unterschiede. Während der Rentner nur den Ertragsanteil zu versteuern hat, sind die Leistungen aus der Pensionskasse in voller Höhe zu versteuerndes Einkommen.
Zunehmend wird mit dem Begriff Rente auf die sog. Rentenproblematik reduziert.
Die Rente umfasst ein ganzes Bündel an verschiedenen Leistungen. Neben der Altersrente (das ist umgangsprachlich "die Rente") wird auch Witwen-, Witwerrente und Halb-, Vollwaisenrente gezahlt.
Die Höhe der Rentenleistungen für alle Rentenbezüge bemessen sich dabei nach den geleisteten Einzahlungen während des Berufslebens der versicherten Person. Die Einzahlungen werden in Entgeltpunkte umgerechnet. Die tatsächliche Rentenhöhe berechnet sich allerdings nicht ausschließlich nach den Entgeltpunkten, sondern wird nach der sog. Rentenformel, die neben den Entgeltpunkten weitere Faktoren wie die Dauer der Erwerbstätigkeit und neuerdings auch einen sog. demographischen Faktor berücksichtigt. Die Rentenformel ist im Sozialgesetzbuch normiert.
Steuerlich ist sie nur teilweise mit dem sog. Ertragsanteil als Einkommen zu berücksichtigen. Dieser Ertragsanteil entspricht einer fiktiven Verzinsung, die von den getätigten Einzahlungen abgezogen wird. Je früher der Versicherte in Rente, desto geringer ist einerseits die absolute Rentenhöhe und desto höher wird der zu versteuernde Ertragsanteil an der monatlichen Altersrente.
Tatsächlich ist dieser zu versteuernde Ertragsanteil nur eine fiktive Größe. Da die Gelder der gesetzlichen Rente aus dem Umlageverfahren kommen (siehe auch Generationenvertrag) und nicht wie bei der privaten Vorsorge nach dem Kapitaldeckungsverfahren, wurden die vergangenen Einzahlungen der jetzigen Leistungsempfänger sofort bei Einzahlung bis auf die sog. Schwankungsreserve verbraucht.
Oft wird der Begriff "Altersrente" verwechselt mit dem Ausscheiden aus dem Berufsleben. Das hat aber nur einen mittelbaren Zusammenhang. Während zum Beispiel das Rentenalter erhöht wird (künftig 68 Jahre), sinkt das Alter, in dem man aus dem Berufsleben ausscheidet, tendenziell, zur Zeit liegt es teilweise bereits bei einem Alter von 50 Jahren, typisch bei 57 ... 60 Jahren. Um die Lücke zwischen altersbedingtem Ausscheiden aus dem Berufsleben und dem Rentenbezug zu schließen, gibt es zum Beispiel Vorruhestandsregelungen bzw. Sozialhilfe. Weiterhin kann man aber auch während des Bezuges von Altersrente weiterarbeiten, solange die entsprechenden bedingungen eingehalten werden.
Siehe auch: Rentenproblematik, Rentenversicherung, Sozialversicherung, Sozialstaat, Agenda 2010
Pflichteinzahlungen in die Rentenversicherung
Grundsätzlich wird die RV finanziert durch Beiträge, die je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen werden (Ausnahmen: in der Knappschaftsversicherung trägt der Arbeitgeber zwei Drittel des Beitrags; Selbständige tragen den Beitrag allein (Besonderheiten in der Künstlersozialversicherung); Besonderheiten für geringfügig Beschäftigte) sowie verschiedene Bundeszuschüsse (etwa ein Viertel der Gesamtfinanzen) und sonstige Einnahmen. Historische Entwicklung und heutige Situation
Literatur
Weblinks