Bilderverehrung
Als Bilderverehrung (Ikonodulie, Ikonolatrie oder Idololatrie, dt. auch Bilderdienst) bezeichnet die bildliche Darstellung göttlicher Wesen, göttlicher Kräfte und mit Gott verbundener geschöpflicher Wesen (Engel, Heilige) und die damit verbundene Verehrung dieser Bildern, Skulpturen oder Ikonen. Dabei muss unterschieden werden zwischen einem realistischen und einem symbolischen Verständnis der Bilder. Im ersten Fall besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Abgebildetem und Abbild, der bis zur völligen Gleichsetzung beider führen kann; Salbung, Einkleidung oder Opferdarbringung zeigen ein solches Verständnis an. Davon ist die Verehrung symbolischer Bilder, wo eine grundsätzliche Verschiedenheit zwischen beiden gedacht wird, zu unterscheiden.
Bereits prähistorisch kann Bilderverehrung beobachtet werden. Höhlenmalereien aus Alt- und Jungsteinzeit besitzen teilweise einen unbestreitbar religiösen Charakter.
Der Hinduismus verfügt über eine besonders vielfältige Bilderwelt. Ausgeprägt sind mythologische Deutungen und kosmologische Beziehungen (Mandalas).
Der Buddhismus lehnte zunächst jedwede Form von Bildern und Bildverehrung ab. Für Budhha gab es ledigliche symbolische Darstellungen. Im Laufe seiner Geschichte entfaltete vor allem der tibetische Buddhismus eine reiche Bilderwelt; die Darstellungen dienen jedoch weniger einer Idololatrie als vielmehr der Meditation und sind als Hilfen hierzu zu verstehen.
Im Gegensatz dazu standen und stehen unter den Religionen der Zoroastrismus, das Judentum und der Islam.
Auch das Christentum war - nicht zuletzt wegen seiner jüdischen Verwurzelung - gegenüber dem Bilderdienst von Haus aus zurückhaltend bis abgeneigt. Die bereits früh bezeugte Verwendung christlicher Symbole – z.B. von Kreuz, Hirten, Lamm, Fisch, Schiff, Palme, Phönix, Taube, Pfau – an den Wänden der Wohnungen, auf Gräbern, Sarkophagen und Geräten widerspricht dem nicht.
Erst bei den gnostischen Sekten des 2 und 3. Jahrhunderts treffen wir auch Bildnisse Christi an. Allmählich drang aber der Schmuck der Gotteshäuser mit Bildern auch in die rechtgläubige Kirche ein. Das 4. Jahrhundert bildet die Zeit des Kampfes um das rechtverstandene Abbild göttlicher Dinge. Noch sprachen sich Synoden und die angesehensten Kirchenväter namentlich gegen die Abbildungen Christi und Gottes als durchaus unzulässig aus.
Aber schon jetzt gab es z.B. in Edessa ein angeblich authentisches Bild Christi, und bald kamen weitere ähnliche Bilder hinzu wie auch Darstellungen von Maria und anderer Heiliger. So wurden beispielsweise Kirchen mit Darstellungen der Heiligen ausgeschmückt, denen der Sakralbau geweiht war. Augustinus klagt über Bilderanbetung, während Cyrill von Alexandrien den Bilderdienst förderte.
Gregor I begründete die Bilderverehrung: die Bilder seien die Bücher der Armen, aus welchen sie, die nicht lesen können, die Kenntnis der heiligen Geschichte schöpfen. Längst hatte sich die Ikonodulie im Orient und im Mittelmeerraum durchgesetzt. Bei den Franken hingegen, namentlich bei Karl dem Großen, blieb die Ablehnung bestimmend. Bischof Serenus agierte bilderstürmerisch, weil er die Gefahr sah, dass die Heiligenbilder nur an die Stelle der Götzenbilder träten.
Im Verlauf des 6. Jahrhunderts wurde es herrschende und kirchlich gebilligte Sitte, sich vor den Bildern und Statuen niederzuwerfen, sie durch Niederknieen, Küssen, Anzünden von Kerzen und von Weihrauch, Bekleidung mit kostbaren Gewändern und Verzierung mit Geschmeiden zu ehren.
Man fing an, zu besonders berühmten Bildern zu wallfahrten, sie zu preisen und zu beschenken; der Gegensatz gegen den andringenden Islam und gegen das Judentum konnte dazu verleiten, in diesem Bilderdienst etwas spezifisch Christliches zu finden. Aber darin lag auch für die oströmischen Kaiser, welchen eine so schroffe Scheidewand zwischen den Religionen im politischen Interesse unerwünscht war, ein Motiv zum Einschreiten.
Es waren besonders Leo der Isaurier (717-741), Konstantin Kopronymos (741-775), Leo der Chasare (775-780), Leo der Armenier (813-820) und Theophilos (829-842), welche sich die Ausrottung des Bilderdienstes zum Ziel gesetzt hatten und dabei vom Heer kräftig unterstützt wurden.
Aber gegen den schon vom ersten dieser Monarchen eingeleiteten förmlichen Bildersturm (Ikonoklasmus) erhob sich Widerspruch. Das Mönchtum, der außerhalb des Reiches lebende (und daher in seinen Äußerungen freiere) Kirchenvater Johannes von Damaskus, und die Kaiserinnen Irene und Theodora setzten sich dafür ein, dass die Bischöfe auf den Synoden von Nicäa (787) und Konstantinopel (842) den Beschluss faßten, dass die Bilder Christi, der Jungfrau, der Engel und Heiligen durch Küssen, Kniebeugen, Lichteranzünden und Weihrauch zu verehren seien, wahrhaftiger Gottesdienst im Sinn der Anbetung jedoch nur der Trinität zu leisten sei. Die lateinische Kirche schloss sich dieser Position trotz des Widerstandes, welchen die fränkische Kirche unter Karl dem Großen leistete, an. Schließlich wurde unter bestimmten Umständen auch die "Abbildung" Gottes des Vaters als legitim erachtet.
In der christlichen Malerei hat fast kein Künstler auf Darstellungen Gottes verzichtet. Ein Sonderstellung nehmen in diesem Kontext reformierte, baptistische, mennonitische und einige weitere evangelikale Kirchen ein. Sie begründen ihre Haltung mit dem 2. Gebot, 2.Mose (Exodus) 20,4-6: "Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist" (Luther84-Übersetzung). Demgegenüber kennen Luther und die römisch-katholische Kirche dieses Gebot nicht, da sie sich an der Wiederholung des Dekalogs, 5.Mose (Deuteronomium) 5,6-21, wo das "Bildergebot" als Untergedanke innerhalb des 1. Gebotes erscheint, orientieren. Mitbestimmend für die Entscheidung von Martin Luther war Karlstadts Bildersturm (1522), der für ihn in seiner gesellschaftlichen Verheerung erschreckend war. Als stärkstes theologisches Argument wird seit Johannes von Damaskus zur Geltung gebracht, dass Gott selbst in der Menschwerdung Christi das alttestamentliche Bilderverbot -- das ja im Alten Testament ausdrücklich mit der Unsichtbarkeit Gottes begründet wird -- aufgehoben oder zumindest radikal relativiert habe.
siehe auch IkonoklasmusAußerchristliche Bilderverehrung
Außerchristliche Ablehnung der Bilderverehrung
Das Christentum und die Bilderverehrung