Streuobstwiese
Die Streuobstwiese ist die traditionelle Obstbauform, bei der verschiedene Obstbaumsorten in Hochstammform auf einer Wiese stehen. Im Gegensatz zum modernen Plantagenanbau haben dabei die Obstbäume auch jeweils ein unterschiedliches Lebensalter.Da Kulturen mit intensiver Bewirtschaftung heute die einzig wirtschaftlich zu betreibenden Anlagen sind, ging die Zahl der Streuobstwiesen im 20. Jahrhundert immer mehr zurück. Seit den 80er Jahren ist jedoch wieder ein Umdenken zu verzeichnen, da der Streuobstanbau aus ökologischen und landschaftsschützerischen Gründen propagiert wird. Selbst "Biobauern" produzieren ihr Obst jedoch kaum auf Streuobstwiesen, da diese Form der Landbewirtschaftung unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten unrentabel ist.
Streuobstbau bedeutet heute Hochstamm-Obstbau ohne Verwendung synthetischer Behandlungsmittel wie Pestiziden oder Mineraldünger. Ein Obstbaum ist dann ein Hochstamm, wenn die ersten Äste frühestens ab 1,80 Meter Höhe anfangen.
Die Herleitung der Bezeichnung Streuobstwiese ist umstritten. Es gibt mindestens zwei Erklärungsansätze:
- Die Bäume stehen ungleichmäßig verstreut auf der Wiese.
- Die Verwendung der Wiesen zur Herstellung von Einstreu (Stroh). Da es sich bei Streuobstwiesen in aller Regel um ertragsschwache Böden handelt, wäre damit durch den gleichzeitigen Anbau von Obst und der Nutzung der Fläche zur Streugewinnung die Bewirtschaftung optimiert worden.
Table of contents |
2 Praktische Probleme 3 Pflanzen- und Tierwelt der Streuobstwiese 4 Literatur 5 Weblinks |
Streuobstwiesen bieten einer mannigfachen Pflanzen- und Tierwelt Lebensraum. Im Unterwuchs gibt es neben zahlreichen Grasarten eine große Anzahl bunt blühender Wiesenkräuter. Nach Hartmann haben bis zu 2.000 verschiedene Tierarten in einem Streuobstbestand ihre Heimat, gemäß den Schätzungen des NABU sind es sogar 5.000. Den größten Anteil nehmen dabei Insekten, Spinnentiere und Tausendfüßler ein. Käfer, Wespen, Hummeln und Bienen finden hier ebenfalls Lebensraum. Sie alle zusammen sind Nahrungsgrundlage für eine Reihe verschiedener Wirbeltiere. Für eine Reihe mitteleuropäischer Vogelarten sind Streuobstbestände die ideale Brutstätten. Der Rückgang der Streuobstflächen in den letzten Jahren hat deswegen beispielsweise dazu geführt, dass der Rotkopfwürger in Deutschland sehr selten geworden ist.
Die heute zu recht geschätzten alten Streuobstanlagen sind nur aufgrund ihrer "Vernachlässigung" wegen der mangelnden Wirtschaftlichkeit ein "Eldorado" für seltene Tiere und Pflanzen. "Vernachlässigung" bedeutet jedoch trotzdem Pflege. Stellt man eine Streuobstwiese unter Naturschutz, schneidet aber die Obstbäume und das Gras darunter nicht, verändert sich das Landschaftsbild sowie der Tier- und Pflanzenbestand trotzdem. Alle Pflegepläne für Naturschutzgebiete rufen eine Wandlung der Tier- und Pflanzenwelt hervor, wenn sie nicht zur genauen Beibehaltung der historisch überkommenen Nutzung führen.
Den wirtschaftlichen Anforderungen genügende neue Streuobstanlagen, sofern überhaupt möglich, wären wohl kaum mit den alten Streuobstanlagen zu vergleichen, in denen oft jahrelang ökologisch wertvolle, aber ökonomisch untragbare, langsam absterbende Bäume bzw. bereits abgestorbene Bäume einfach stehen gelassen werden, da ihre Beseitigung in den wirtschaftlich nicht rentablen Anlagen keinen Sinn hat. Einziger Ausweg aus diesem Dilemma scheint die Erstellung von Streuobstanlagen zu sein, die nicht wirtschaftlichen Zwängen unterliegen, z.B. durch ökologisch motivierte Initiativen finanzierte Anlagen.
Die ökologische Bedeutung der Streuobstwiese
Der Streuobstbau erfüllt eine Vielzahl ökologischer und landschaftsgestaltender Funktionen. Er nimmt eine ökologische Mittelstellung zwischen Wald und offener Feldflur ein. Extreme Temperaturen werden abgeschwächt und die Windgeschwindigkeit vermindert. Die Bodenerosion an Steilhängen und Hangschultern wird durch Baumbewuchs mit Wiesenuntergrund gemindert. Vom Mittelalter bis weit in das 20. Jahrhundert waren Dörfer und Kleinstädte von Obstgärten umgeben, so dass die Streuobstwiese mit ihren unterschiedlichen Wuchstypen, Blühzeiten und -farben und Herbstfärbung auch ein landschaftsprägendes Element hatte.Praktische Probleme
Ein großes Problem bei Streuobstwiesen ist die sehr schwierige und aufwendige Pflege bzw. die extrem arbeits-intensive Ernte, da es sich um Hochstamm-Anlagen handelt, die nur mit Leitern o.ä. bearbeitet werden können. Auch sind Spritzungen (auch von biologischen Pflanzenschutzmitteln) nur sehr verlustreich auszubringen und die unerwünschte Abdrift der aufzutragenden Substanzen (etwa Schwefel im Bioanbau) ist aufgund des stärkeren Windes in den lockeren und hohen Anlagen beträchtlich. Auch die so genannte Umtriebszeit ist ein Problem, da die Dauer von der Pflanzung bis zum Vollertrag sehr lang ist. So stünden die in den siebziger Jahren angebauten Massensorten (beste Beispiele: Golden Delicious, Gloster) heute im Vollertrag und einige der neueren, besser schmeckenden und widerstandsfähigeren Sorten würden erst in ein bis zwei Jahrzehnten in den Handel kommen.Pflanzen- und Tierwelt der Streuobstwiese
Obstsorten
Der Streuobstanbau setzt Obstbäume mit bestimmten Eigenschaften voraus. Sie müssen robust sein, eine gewisse Klimaresistenz aufweisen und auch mit schlechten Böden zurechtkommen. Sie unterscheiden sich damit von den heute typischen Sorten des Erwerbanbaus. Im folgenden sind einige Obstsorten aufgeführt, die für den Streuobstanbau typisch sind:Apfel
Birne
Pflaumen und Zwetschen
Süß- und Sauerkirschen
Pflanzenwelt
Der Unterwuchs einer Streuobstwiese zeichnet sich neben verschiedenen Gräsern durch eine große Anzahl blühender Wiesenkräuter aus, die je nach Standortbedingungen anders zusammengesetzt sind. Diese Zusammensetzung war früher auch dadurch begünstigt, dass Streuobstwiesen extensiv beweidet wurden. Beispielhafte Pflanzen, die zum Standort Streuobstwiese zählen sind u.a.:
Tierwelt
Aufgrund der unterschiedlichen Bäume und Pflanzen, die auf einer Streuobstwiese zu finden sind, ist auch das Tierleben hier sehr vielfältig. Exemplarisch seien genannt:Insekten
Vögel
Säugetiere
Literatur
siehe auch: Streuobstsorte des Jahres, Apfelsorten, Apfel