Strahlenbelastung
Als Strahlenbelastung oder auch Strahlenexposition bezeichnet man die Einwirkung von Strahlung auf den Menschen. Es gibt unterschiedliche Arten von Strahlung, die in zwei große Gruppen unterteilt werden. Ist die Energie so hoch, dass sie aus Atomen und Molekülen Elektronen entfernen kann, spricht man von ionisierender Strahlung. Dazu gehören die Röntgen- und Gammastrahlung sowie die Teilchenstrahlung (Alpha-, Betastrahlung). Teilchenstrahlung wird, wie auch die Gammastrahlung, von radioaktiven Stoffen ausgesendet. Reicht die Energie für eine Ionisation nicht aus, handelt es sich um nichtionisierende Strahlung. Sie umfasst den Bereich der Radio- und Mikrowellen, elektromagnetische Felder und die optische Strahlung, also auch das Licht.
Einheiten der Strahlenbelastung
Zur Quantifizierung der Strahlenwirkung verwendet man den Begriff der Dosis. Als Energiedosis bezeichnet die Energiemenge, die von einer bestimmten Materiemenge durch Absorption der Strahlung aufgenommen wird. Maßeinheit ist das Gray, 1 Gray = 1 Joule pro Kilogramm.
Um die Wirkung der Strahlung auf den menschlichen Körper auszudrücken, reicht die Angabe der Energiedosis nicht aus, da die verschiedenen Strahlungsarten bei gleicher Energiemenge im Körpergewebe unterschiedliche biologische Wirkungen haben. Die biologischen Wirksamkeiten werden durch Wichtungsfaktoren berücksichtigt. Das Produkt aus Energiedosis und Wichtungsfaktor heißt Äquivalentdosis. Die Maßeinheit ist das Sievert, abgekürzt Sv.
Als dritter Schritt in diesem komplexen System von Begriffen und Maßeinheiten ist noch die unterschiedliche Strahlenempfindlichkeit der Organe und Gewebe zu berücksichtigen. Die Haut des Menschen ist z. B. weit weniger empfindlich gegenüber einer Strahlenexposition als verschiedene innere Organe. Daher führt man den Begriff der effektiven Dosis ein, bei der durch organspezifische Faktoren deren Empfindlichkeiten Rechnung getragen wird. Die effektive Dosis ist die Summe der gewichteten Äquivalentdosen und ein Maß für das Risiko, das durch die Strahlung verursacht wird.
Aus dem Weltall gelangt kosmische Strahlung auf die Erde. Aufgrund der schützenden Lufthülle ist die Stärke von der Höhenlage abhängig. Im Durchschnitt führt die kosmische Strahlung zu einer effektiven Dosis von ca. 0,3 mSv pro Jahr.
Eine weitere Strahlungsquelle sind die natürlichen Radionuklide in den Böden und Gesteinen der Erdkruste. Sie wird als terrestrische Strahlung bezeichnet. Sie wird verursacht von Radionukliden, die bei der Entstehung des Universums gebildet wurden und nun aufgrund ihrer langen Halbwertzeit noch übrig geblieben sind. Der Mittelwert der Strahlenbelastung beträgt ebenfalls etwa 0,3 mSv pro Jahr.
Aus dem Boden gelangen die natürlichen Radionuklide in Wasser, Pflanzen und Tiere und damit in die Nahrung des Menschen. Alle Nahrungsmittel und auch das Wasser enthalten geringe Konzentrationen natürlicher Radionuklide. Am häufigsten ist das radioaktive Element Kalium-40. Dies führt dazu, dass auch der Mensch selbst eine gewisse Menge natürlicher Radionuklide enthält. Im Mittel sind dies rund 9000 Bq.
Eine besondere Stellung unter den natürlichen Radionukliden nimmt das Radon ein. Radon-222 ist ein radioaktives Edelgas, das aus dem Boden stammt und in geringer Konzentration praktisch überall vorhanden ist. Es entsteht aus dem Zerfall von Uran und zerfällt selbst in eine Reihe weiterer Nuklide. Im Freien wird es rasch verdünnt, in Wohnungen kann es sich jedoch unter Umständen zu höheren Konzentrationen anreichern, insbesondere in einigen Gebieten Deutschlands, in denen besondere geologische Verhältnisse existieren. Die durchschnittliche Radonkonzentration in Wohnungen beträgt in Deutschland etwa 50 Bq/m³.
Insgesamt beträgt die Strahlenexposition des Menschen durch natürliche Quellen etwa 2,4 mSv pro Jahr, etwa die Hälfte davon wird durch das Radon verursacht. Der Wert schwankt jedoch regional zwischen 1 und 5 mSv pro Jahr.
Ein weiterer, allerdings sehr geringer Teil der zivilisatorischen Strahlenexposition ist auf den Normalbetrieb von kerntechnischen Anlagen, z. B. Kernkraftwerken, zurückzuführen. Technologisch bedingt gelangen beim Betrieb von Kernkraftwerken geringe Mengen radioaktiver Stoffe über den Kamin in die Luft oder werden über das Abwasser in die Umgebung abgegeben. Die daraus resultierende Strahlenexposition liegt in der Praxis im Mittel unter 0,01 mSv, d.h. erheblich unterhalb der natürlichen Strahlenexposition.
Deutlich größer können die Belastungen bei gravierenden Unfällen sein. Für das erste Jahr nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl wurde eine zusätzliche durchschnittliche Strahlenbelastung von 1,0 mSv in Bayern 0,1 mSv in Nordrhein-Westfalen errechnet. In unmittelbarer Nähe des brennenden Reaktors von Tschernobyl waren die Menschen extrem hohen Strahlenbelastungen ausgesetzt.
Deterministische Strahlenwirkungen können direkt auf eine bestimmte Strahlenexposition zurückgeführt werden. Sie treten nur bei hohen Strahlendosen oberhalb eines Schwellenwerts auf, und zwar sofort oder innerhalb weniger Wochen. Betroffen sind in erster Linie die Blutbildungsorgane, die Schleimhäute des Magen-Darm-Traktes und der Luftwege sowie die Keimdrüsen. Strahlenexpositionen oberhalb etwa dem 10-fachen des Schwellenwerts führen beim Menschen ohne ärztliche Behandlung zum Tod. Bekannte Beispiele für derart hohe Strahlenexpositionen finden sich beim Reaktorunfall in Tschernobyl oder bei den Atombombenexplosionen in Hiroshima und Nagasaki.
Die zweite Art sind die stochastischen Strahlenwirkungen. Sie treten mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit erst Jahre oder Jahrzehnte nach der Exposition auf. Die Höhe der Dosis beeinflusst dabei nicht die die Schwere der Erkrankung, sondern nur die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens. Da diese Wahrscheinlichkeit im niedrigen Dosisbereich sehr gering ist, können solche Spätschäden aufgrund der vergleichsweise geringen Fallzahlen oft nicht statistisch nachgewiesen werden.
Untersuchungen in Hiroshima und Nagasaki zeigen, dass auch Menschen, die nur geringen Strahlenbelastungen ausgesetzt waren, Spätfolgen erlitten. Zehn Jahre nach den Atombomben abwürfen stieg die Zahl der Leukämie-Erkrankten an, nach 25 Jahren auch die Zahl anderer Krebserkrankungen. Es gibt Vermutungen darüber, welche Folgen geringfügige Dauerstrahlenbelastungen haben. Wenn Menschen einer zusätzlichen Strahlenbelastung von 1 mSv pro Jahr ausgesetzt sind, könnte sind die Zahl der Krebstoten um 1 bis 2 je 100000 Menschen steigen. Die Vermutungen sind bis heute jedoch sehr unsicher. Nicht krebsartige Spätwirkungen ionisierender Strahlung können in vielen Organen auftreten, insbesondere in Knochenmark, Nieren, Lunge und Augenlinse.
Natürliche Strahlenbelastung
Die gesamte Welt und damit auch die Menschen sind ständig ionisierender Strahlung ausgesetzt Die Ursache dafür sind natürliche Strahlenquellen, die unabhängig vom Menschen entstanden sind und existieren. Künstliche Strahlenbelastung
Mit der Entwicklung von Industrie, Forschung und Medizin hat sich der Mensch in zunehmendem Maße radioaktive Stoffe und ionisierende Strahlung nutzbar gemacht. Diese sind Ursache einer zusätzlichen, so genannten zivilisatorischen Strahlenexposition. Der weitaus größte Teil davon ist der Medizin zuzurechnen, vor allem der diagnostischen Anwendung der Röntgenstrahlung. Bei den meisten Untersuchungen treten Dosen auf, die mit jenen vergleichbar sind, die der Mensch seit jeher durch natürliche Strahlenquellen aufnimmt. Insgesamt beträgt die Strahlenbelastung durch medizinische Anwendungen im Durchschnitt etwa 1,5 mSv pro Jahr.Wirkung ionisierender Strahlung auf den Menschen
Seit Beginn seiner Existenz ist der Mensch Strahlung ausgesetzt. Heute weiß man, dass ionisierende Strahlung eine schädigende Wirkung auf die Zelle als kleinste biologische Einheit ausüben kann, indem sie die Erbsubstanz verändert oder zerstört. Der Organismus besitzt in begrenztem Maße die Fähigkeit, Zellverluste auszugleichen sowie geschädigte Zellen zu erkennen und durch bestimmte Mechanismen den Normalzustand wiederherzustellen. Die Abwehr- und Reparatursysteme können jedoch versagen oder überfordert sein. Der ausschlaggebende Faktor dafür ist die Höhe der Dosis. Man unterscheidet zwei Arten von biologischen Wirkungen:Tabellen
Diese Tabelle zeigt die verschiedenen Arten der Strahlenbelastungen:
Art der Strahlenbelastung | Strahlenbelastung im Jahr |
Natürliche Strahlenbelastung | |
Kosmische Strahlung | 0,3 mSv |
Terrestrische Strahlung | |
von außen | 0,5 mSv |
Einatmen von Radon | 1,0 mSv |
sonstige innere Strahlung | 0,3 mSv |
Künstliche Strahlenbelastung | |
Medizinische Anwendungen | 1,5 mSv |
Kernkraftwerke (Normalbetrieb) | 0,01 mSv |
Folgen des Tschernobyl-Unfalls | 0,02 mSv |
Atombombenversuche | 0,01 mSv |
Sonstige künstliche Strahlung | 0,02 mSv |
Zusammen | 3,7 mSv |
Die Tabelle zeigt die Folgen kurzzeitiger und hoher Strahlenbelastungen:
Kurzzeitige Belastung | Strahlenschäden |
250 bis 500 mSv | Veränderungen im Blutbild, Schäden an Embryos |
1000 mSv | Akute Gefahr für die Gesundheit, beginnende Strahlenkrankheit (Übelkeit, Erbrechen, Haarausfall) |
2000 mSv | Strahlenkrankheit, Hautschäden, ca. 10% Todesfälle |
3000 mSv | Blutungen, schwere Veränderungen im Blutbild, ca. 20% Todesfälle |
4000 mSv | Schwere Entzündungen, 50% Todesfälle innerhalb von 5 Wochen |
Ab 6000 mSv | Mehr als 90% Todesfälle, selbst durch Transplantation von Knochenmark kann man die Mehrzahl der Verletzten nicht mehr retten. |
Quellen
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