Musik der Antike
Der Ursprung der Musik, zu allen Zeiten und bei allen Völkern ein beliebter Gegenstand der Spekulation, wird bei den Völkern des Altertums mit Übereinstimmung von der Gottheit hergeleitet, infolgedessen ihnen allen die Musik als bildend und veredelnd, unter Umständen auch als wunder wirkend gilt.
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2 China 3 Ägypten 4 Israel 5 Griechenland 6 Quelle |
Schon bei dem ältesten Kulturvolk der Erde herrscht diese Anschauung, bei den Indern, welche in Brahma nicht nur den obersten der Götter, sondern auch den Schöpfer der Musik und in seinem Sohne Nared den Erfinder des nationalen Musikinstruments, der Vina, verehren.
Den durch göttliche Macht offenbarten Tonweisen aber wurden die wunderbarsten Wirkungen zugeschrieben: Eine hatte zur Folge, dass der, welcher sie anstimmte, vom Feuer verzehrt wurde, eine andere vermochte die Sonne zu versinstern, eine dritte Regen hervorzubringen etc. Die in diesen Mythen ausgesprochene Phantastik der Inder kennzeichnet auch ihre Theorie; unfähig, die Masse der von der Natur gegebenen musikalischen Klänge durch Reduzierung auf eine übersichtliche Anzahl zu einem entwicklungsfähigen System zu ordnen (was, streng genommen, erst der nachchristlichen Zeit gelingen sollte), schwelgten die Inder in einem fast unbegrenzten Reichtum von Intervallen und Tonarten, welch letztere sich nach Angabe des Musikgelehrten Soma auf nicht weniger als 960 beliefen.
Hierbei ist allerdings zu bemerken, dass der Begriff "Tonart" im Altertum ein anderer und weiterer war als gegenwärtig und alle die durch Erhöhung, Vertiefung oder Überspringung einzelner Intervalle der Skala entstehenden Varianten als solche galten.
Findet man ferner, dass sich die Inder eben so wenig wie die übrigen Völker des Altertums auf die Einteilung der Oktave in zwölf Halbtöne beschränkten, sondern auch Vierteltöne verwendeten (es kamen deren nach Ambros 22 aus die Oktave), so erscheint ihre Musik zwar überreich an melodischem Material, ebendeswegen aber ungeeignet, auf dem Weg logischer
Entwickelung zu innerer Selbständigkeit geführt zu werden.
Besser hätte dies dem nüchtern-rationalistischen Sinn der Chinesen gelingen können, wäre derselbe mit der für künstlerischen Fortschritt nötigen Phantasie gepaart gewesen; in Ermangelung der letztern aber konnte sich die chinesische Musik nicht über die primitiven Entwicklungsstufen kleinlicher Spekulation erheben und noch weit weniger über einen eng begrenzten Kreis hinaus wirken als die Werke der bildenden Kunst Chinas.
Trotzdem nahm die Musik im öffentlichen Leben Chinas eine hervorragende Stellung ein; man erkannte in ihr ein wirksames Mittel zur Beförderung der Sittlichkeit, und der weiseste aller chinesischen Gesetzgeber, Konfutse (500 v. Chr.), behauptete sogar, wenn man wissen wolle, ob ein Land wohl regiert und gut gesittet sei, so müsse man seine Musik hören.
Mit der Zeit bildete das starre Festhalten am Hergebrachten, welches in China den Fortschritt auf allen Gebieten der Arbeit erschwerte und schließlich das Land um die Früchte seiner Jahrtausende alten Kultur gebracht hat, auch für die Entfaltung der Musik ein schweres Hemmnis. Als Beleg dieser überkonservativen Richtung sei nur die Tatsache erwähnt, dass die uralte fünftönige, der Quarte und Septime ermangelnde Skala (dieselbe, welche Giacomo Puccini seiner Ouvertüre zu Turandot zu Grunde gelegt hat) allen Reformversuchen zum Trotz noch bis in das 16. Jahrhundert n. Chr. den Chinesen als Normalsystem galt.
Ihr die fehlenden Intervalle aufzuzwingen, so behaupteten die Musikgelehrten, heiße so viel, wie der Hand einen sechsten oder siebenten Finger anfügen zu wollen, und selbst dem als Musikkenner allgemein anerkannten Prinzen Tsai-Yu, der sich in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts an die Spitze der musikalischen Fortschrittspartei gestellt hatte, gelang es nicht, den Widerstand zu brechen.
Derselbe einseitige Konservatismus war es auch, welcher die künstlerisch noch weit begabtern Ägypter auf dem halben Weg ihrer Ausbildung zurückhielt. Dass die Musik im öffentlichen wie im Privatleben Ägyptens eine wichtige Rolle spielte, zeigen die zahlreichen, auf fast allen Monumenten des Landes wiederkehrenden bildlichen Darstellungen von Sängern und Instrumentisten, bald einzeln, bald zu Chören und Orchestern vereint.
Auch läßt die Mannigfaltigkeit der dort erscheinenden Instrumente, unter ihnen die große, reichbesaitete Harfe, auf eine gewisse äußere Pracht und Üppigkeit der ägyptischen Musik schließen; indessen darf mit Recht angenommen werden, dass ihr Inhalt zu diesem Reichtum der Darstellungsmittel in keinem Verhältnis stand. Denn wie die Skulptur und Malerei Ägyptens, auf einer gewissen Ausbildungsstufe angelangt, durch den Machtspruch einer in geheimnisvollem Dunkel wirkenden Priesterkaste zur steten Wiederholung gewisser Typen gezwungen war, so auch die Dicht- und Tonkunst; diese Künste aber mußten unter den genannten Verhältnissen um so sicherer dem Zustand der Erstarrung anheimfallen, als sie zu ihrem Gedeihen die lebendige Teilnahme des Volkes am wenigsten entbehren können.
In diesem Zustand zeigt sich die ägyptische Kunst noch zur Zeit Platons (4. Jahrhudert v. Chr.), der in seinen "Gesetzen" (Nomoi, Buch 2) berichtet, dass man dort schöne Formen und gute Musik wohl zu schätzen wisse; "wie aber diese schönen Formen und gute Musik beschaffen sein müssen, ist von ihren Priestern bestimmt, und weder Malern, Musikern noch anderen Künstlern ist es erlaubt, etwas Neues, von jenen einmal als schön erkannten Mustern Abweichendes einzuführen. Daher kommt es auch, dass ihre Gemälde und Statuen, die vor 10.000 Jahren verfertigt wurden, in keinem einzigen Stück besser oder schlechter sind als diejenigen, welche noch jetztgemacht werden."
Mußte so Ägypten, durch ein ungünstiges Geschick gehindert, seine künstlerische Mission unvollendet lassen, so bleibt ihm doch die Ehre, den beiden hervorragendsten Kulturvölkern des Altertums, den Hebräern und den Griechen, die Bahn zur Erreichung der höchsten Ziele gewiesen zu haben.
Im alten Ägypten sind Musikaufführungen mit Tanz ebenso nachgewiesen wie bei den Hethitern. Die Lieder wurden auch in einer Art Notenschrift dargestellt. Bekannt sind als Instrumente die Leier, die Trompete, die Harfe und ein Zupfinstrument in ihren jeweils frühesten Formen. Näheres siehe unter Musikgeschichte.
Was die Musik der Hebräer betrifft, so sind wir hinsichtlich ihrer inneren Beschaffenheit lediglich auf Vermutungen angewiesen, da nicht nur keinerlei schriftliche Mitteilungen über sie vorhanden sind, sondern es auch an Monumenten des hebräischen Altertums (ein Relief des
Titus-Triumphbogens in Rom mit Abbildung eines Zugs gefangener Juden ausgenommen) gänzlich mangelt. Auch die im Alten Testament überlieferten zahlreichen Angaben über musikalische Einrichtungen, Instrumente etc. bieten für jenen Mangel keinen Ersatz; und wiewohl es nicht zweifelhaft sein kann, dass die Tonkunst mit dem Kultus wie mit dem täglichen Leben der Hebräer eng verflochten gewesen ist, wiewohl ihre Dichtungen, namentlich die Psalmen Davids, nach Herders Ausspruch "vom Geiste der Tonkunst so innig durchdrungen sind, daßIndien
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