Lex Heinze
Die Lex Heinze war eine umstrittene Gesetzesnovelle, mit der im Jahre 1900 die öffentliche Darstellung "unsittlicher" Handlungen in Kunstwerken, Literatur und Theateraufführungen zensiert, sowie der Straftatbestand der Zuhälterei eingeführt wurde. Nach zahlreichen öffentlichen Protesten und Widerständen der sozialistischen Opposition entschärfte der Deutsche Reichstag den ersten Entwurf und billigte die "Sittlichkeitsparagraphen" des Strafgesetzbuches in einer Kompromißfassung. Benannt war die Novelle nach dem verurteilten Berliner Ehepaar Heinze, deren Mordprozeß mit Zuhälterei und Prostitution in Verbindung gebracht wurde.
Am 6. Februar 1900 kam es zur ersten Verabschiedung der Lex Heinze. Durch den "Kunst- und Schaufensterparagraphen" sollte die Verbreitung von Bildern und Schriften, "...welche, ohne unzüchtig zu sein, das Schamgefühl gröblich verletzen..." unterbunden werden. Der "Arbeitgeberparagraph" drohte Arbeitgebern mit Strafe, die ihre Arbeiterinnen "zur Duldung oder Verübung unzüchtiger Handlungen bestimmen". Hinzu kam ein "Theaterparagraph", der Gefängnis vorsah für jeden, "...der öffentlich theatralische Vorstellungen, Singspiele, Gesangs- oder deklamatorische Vorträge, Schaustellungen von Personen oder ähnliche Auffürungen veranstaltet oder leitet, welche durch gröbliche Verletzung des Scham- und Sittlichkeitsgefühls Ärgernis zu erregen geeignet sind".
Vor allem die Kunst- und Theaterparagraphen lösten in der Öffentlichkeit starken Protest aus. Die Gegner kritisierten die beliebig auslegbare Zensur und wiesen darauf hin, dass zahlreiche wertvolle und allgemein anerkannte Kunstwerke aus der Antike bis zur Neuzeit nicht mehr ausgestellt werden dürften. Am 15. März 1900 gründeten etwa 150 Künstler, Politiker und Gelehrte unter der Führung des prominenten Schriftstellers Hermann Sudermann den Goethe-Bund zur Wahrung der künstlerischen und wissenschaftlichen Freiheit. Mit Unterstützung der Sozialdemokraten im Reichstag erreichten sie einige Änderungen, die am 22. Mai zu einer Kompromissfassung führten, in der zumindest der "Theaterparagraph" ersatzlos gestrichen wurde. Die Zensur umging man ohnehin durch die Kennzeichnug von Veranstaltungen als "Geschlossene Gesellschaft".
Der § 184 StGB des Deutschen Reiches "Verbreitung unzüchtiger Schriften" in seiner Endfassung:
"Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer
Die Lex Heinze kann als Vorläufer der heute üblichen Straftatbestände Erregung öffentlichen Ärgernisses, Verbreitung pornographischer Schriften, Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger und Zuhälterei angesehen werden.
Siehe auch: Zensur - Geschichte der Zensur - Sittlichkeit - StrafgesetzbuchGeschichte
Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden."''