Fischer-Random-Chess
Der Artikel basiert auf der Übersetzung der englischsprachigen Wikipedia [1]Fischer Random Chess, auch Chess960, ist eine von Bobby Fischer entwickelte Schach Variante.
Zum ersten mal vorgestellt wurde diese Variante am 19. Juni 1996 in Buenos Aires. Fischers Ziel war es, eine Schachvariante zu entwickeln, die mehr Gewicht auf die Kreativität und das Talent des Spielers legte, als auf das Auswendiglernen und Analysieren von Eröffnungen. Dies sollte durch zufällige Eröffnungsstellungen erreicht werden, die ein Auswendiglernen von Eröffnungszügen wenig hilfreich erscheinen lassen.
Es gibt viele Methoden, die Eröffnungsstellung auszulosen. Hans L. Bodlaender schlug folgende Methode, die Eröffnungsstellung auszuwürfeln vor:
Diese Methode gibt auch eine einfache Anweisung zur Berechnung der maximal möglichen Anzahl an Eröffnungspositionen. Jeder Läufer hat 4 mögliche Positionen, die Dame 6, und die Springer 5 bzw. 4. Damit ergeben sich 4×4×6×5×4 = 1920 mögliche Eröffnungspositionen. Da die Springer nicht unterscheidbar sind ist diese Zahl noch zu halbieren, was dann zu 960 Möglichkeiten führt.
Wie im normalen Schach, ist es auch im Fischer Random Chess jedem Spieler einmal pro Spiel erlaubt zu rochieren. Da die Positionen des Königs und der Türme nicht den regulären Positionen entsprechen müssen, muss die Rochade neu definiert werden:
Wie auch im normalen Schach wird empfohlen, dass der Spieler eine Rochade ankündigt, um Missverständnisse bezüglich des gewollten Zuges zu vermeiden.
Zusammenfassend bedeutet dies:
Eric van Reem merkte an, dass es auch andere Möglichkeiten gibt die Rochade auszuführen:
Generell ist es angebracht eine Rochade anzukündigen um Missverständnissen vorzubeugen. Wird mit einer Schachuhr gespielt, so kann der Druck auf die Uhr als Zeichen genommen werden, dass der Zug jetzt vollständig ist.
Bei Spielen am Computer ist normalerweise ein gesondertes Menuitem oder ein Button für die kurze und lange Rochade vorhanden. Auch erkennen gute Schachprogramme bei einigen Zügen des Königs, dass nur eine Rochade gemeint sein kann, und komlettieren den Zug von sich aus. Nicht jedes Schachprogramm kann die Rochaden im Fischer Random Chess korrekt handhaben.
Falls elektronische Schachbretter, die anhand von Sensoren die Positionen der Figuren erkennen, verwendet werden, sollte man erst König und Turm vom Brett nehmen und sie anschliessend auf ihre neuen Positionen stellen.
2003 befragte David A. Wheeler viele aktive Fischer Random Chess Spieler, unter ihnen Eric van Reem, Hans-Walter Schmitt und R. Scharnagl, um die exakten Regeln zu ermitteln. Alle waren sich einig, dass der König kein besetztes Feld queren dürfe, mit Ausnahme des Feldes des rochierenden Turms.
Spiele die mittels der Portable Game Notation (PGN) notiert werden, können die Eröffnungsposition mit Hilfe der Forsyth-Edwards Notation (FEN), als Wert des "FEN"-Tags, festhalten. Die Rochade wird, wie im normalen Schach, als 0-0 bzw 0-0-0 notiert.
Um Fischer Random Chess Partien in PGN korrekt zu notieren, muss ein zusätzliches "Variant"-Tag gesetzt werden, um die Regeln zu identifizieren. Von den meisten Schachprogrammen wird hier der Wert "Fischerrandom" korrekt erkannt. Das bedeutet, dass in einer PGN-notierten Partie nach den ersten sieben Tags eine Zeile [Variant "Fischerrandom"] stehen muss. Achten sie darauf das Tag "Variant" zu nehmen, "Variation" ist ein gültiges Tag mit anderer Bedeutung!
FEN ist in der Lage alle möglichen Eröffnungspositionen von Fischer Random Chess zu erfassen, aber unmodifiziertes FEN ist nicht in der Lage alle Positionen einer Partie zu notieren. Dies liegt an der Mehrdeutigkeit der FEN-Notation, wenn beide Türme auf einer Seite des Königs stehen und eine Rochade noch möglich ist. FEN notiert dann lediglich, dass eine Rochade möglich ist, aber nicht mit welchem Turm.
R. Scahrnagl hat eine Modifikation von FEN (FRC-FEN) entwickelt um dieses Problem zu lösen.Eröffnungsstellungen
Die Eröffnungsstellungen im Fischer Random Chess müssen die folgenden Regeln erfüllen:
Hinweis: der weisse König kann nie auf der a oder der h Linie stehen, da immer noch Platz für einen Turm an jeder Seite bleiben muss
Diese Methode erzeugt alle möglichen 960 Eröffnungspositionen mit gleicher Wahrscheinlichkeit. Eine dieser Positionen ist die normale Schacheröffnungspostion, die dann zu einem normalen Schachspiel führt.Rochaden
Rochaderegeln
Ist die Eröffnungsstellung erst einmal gefunden, wird ein ganz normales Schach gespielt. Alle Figuren müssen den aus dem normalen Schach bekannten Regeln folgen und Ziel des Spiels ist, den gegnerischen König matt zu setzen.
Das bedeutet, dass die Endpositionen, der beteiligten Figuren jeweils genau denen der zugehörigen Positionen im normalen Schach entsprechen.Der Rochadevorgang
Beim Spiel mit einem menschlichen Gegner an einem physischen Brett, wird empfohlen, dass der König bei der Rochade erst ausserhalb des Bretts neben sein zukünftiges Feld gestellt wird, dann der Turm auf seine Endposition gesetzt und abschliessend der König auf seine Endposition gesetzt wird. Dies Regel ist leicht zu befolgen und zeigt den geplanten Zug unmissverstandlich an.
Im Gegensatz dazu legt Reinhard Scharnagl Wert darauf, dass die Rochade ein Königszug ist und daher der König immer zuerst bewegt werden sollte.Mehrdeutigkeiten der Rochaderegeln
Viele Publikationen der Rochaderegeln sind unglücklicherweise mehrdeutig. Zum Beispiel schreiben die Erstpublikationen von Eric van Reem und chessvariants.com nicht vor, dass die Felder zwischen dem König und seiner neuen Position frei sein müssen. Als Resultat meinten einige Spieler, die sich auf diese Publikationen stützten, dass der König bei der Rochade andere Steine überspringen könne.Das Spiel
Die Untersuchung der Eröffnungen von Fischer Random Chess steckt noch in den Kinderschuhen, aber es gibt auch hier einige fundamentale Grundregeln. Diese beinhalten:
Es wurden Stimmen laut, die argumentieren, dass mit jeder Eröffnungsposition zwei Spiele mit Farbwechsel für die Spieler gemacht werden sollten, da einige Eröffnungspositionen für Weiss sehr vorteilhaft sein könnten. Bis jetzt gibt es allerdings noch keine Anzeichen, dass eine Stellung einer Farbe besondere Vorteile geben würde.Die Notation
Da die Eröffnungsposition in der Regel eine andere ist als im normalen Schach, muss sie in der Notation mit vermerkt werden.
KRN-Code | |||||
0 | Springer | Springer | Turm | König | Turm |
1 | Springer | Turm | Springer | König | Turm |
2 | Springer | Turm | König | Springer | Turm |
3 | Springer | Turm | König | Turm | Springer |
4 | Turm | Springer | Springer | König | Turm |
5 | Turm | Springer | König | Springer | Turm |
6 | Turm | Springer | König | Turm | Springer |
7 | Turm | König | Springer | Springer | Turm |
8 | Turm | König | Springer | Turm | Springer |
9 | Turm | König | Turm | Springer | Springer |
Umgekehrt kann die ID wie folgt aus der Eröffnungsposition berechnet werden:
- ID = (Position des weissen Läufers (b=0, d=1, f=2, h=3)) +
- ID = (2 weisser Läufer auf f) +
- = 518
Es gibt mehrere Methoden zur Ermittlung der Eröffnungsposition
Edward Northam entwickelte folgende Methode mittels zweier unterscheidbarer Münzen:
Die Zuordnung der Zahlen zu Positionen auf dem Brett funktioniert nun wie bei Bolaenders Würfelmethode:
Um den Vorgang noch zu beschleunigen kann man mehr als 1 Münzenpaar auf einmal werfen und zusätzlich einen Würfel verwenden. Es muss dann lediglich vorher festgelegt werden, welche Münzen zusammen gehören und in welcher Reihenfolge sie ausgewertet werden. Hat man 4 verschiedene Münzen - a, b, c und d - und einen Würfel, so reicht ein Wurf für die gesamte Aufstellung. Erst wertet man a und b aus, dann a und c, a und d, b und c, b und d und am Ende den Würfel.
Auch R. Scharnagl hat eine Methode um den Fall zweier gleichfarbiger Läufer bei der Methode Lottofee zu korrigieren, bestätigt aber, das auch seine Methode nicht für gleiche Wahrscheinlichkeiten aller möglichen Positionen sorgen kann. Er gibt aber auch zu bedenken, dass das Hauptziel von Fischer Random Chess trotzdem erreicht wird.
Eine stochastisch korrekte Methode mit gleichfarbigen Läuferfeldern umzugehen stammt von David Wheeler. Erst wird durch zufällige Wahl zwischen linkem und rechtem Lufer (zum Beispiel durch Wahl eines Bauern aus verdeckten Händen) entschieden welcher Läufer umziehen muss. Anschliessend wird das zugehörige Feld der anderen Farbe ermittelt, indem die schwarzen Figuren in den Beutel geworfen werden und ein einmaliger Zug dann festlegt welche Position der Läufer erhält. Zum Beispiel durch die Zuordnung Turm = 1. Feld, Springer = 2. Feld, Läufer = 3.Feld und Dame oder König = 4. Feld.
Es wurden viele andere Methoden zur Ermittlung der Eröffnungsposition gefunden, aber viele haben das Problem, das nicht alle möglichen Positionen gleich wahrscheinlich sind.
Nachdem die Läufer nun auf verschiedenen Farben stehen, wird mit dem König wie in Methode Lottofee verfahren.
Edward Northam empfahl folgendes Vorgehen um die Eröffnungsposition ohne Hilfsmittel erzeugen zu können:
2001 wurde Leko erster Fischer Random Chess Weltmeister, durch einen Sieg gegen Michael Adams durch ein 8 Partien Match im Rahmen der Mainzer Schach-Classics. Es gab keine Qualifikation (die es auch bei den ersten normalen Schachweltmeisterschaften nicht gab), aber beide Spieler waren zu dieser Zeit unter den besten 5 der normalen Schach-Weltrangliste. Leko wurde ausgewählt, da er viele Neuerungen in die Schachtheorie eingebracht hatte und wegen seines vorjährigen Turniersieges. Dazu hatte er mit Fischer selbst Fischer Random Chess gespielt. Adams wurde gewählt, weil er die Weltrangliste im Blitzschach anführte und als extrem starker Spieler in ungewöhnlichen Situationen galt. Das Match endete denkbar knapp mit 4,5 - 3,5.
2002 wurde in Mainz ein Fischer Random Turnier abgehalten, das 131 Spieler anzog und von Peter Svidler gewonnen wurde. 2002 wurde Fischer Random Chess auch von ChessVariants.com "Recognized Variant of the Month" für April 2002 gewählt und der jugoslawische Großmeister Svetozar Gligoric veröffentlichte sein Buch Shall We Play Fischerandom Chess?, das dieser Variante zu mehr Popularität verhalf.
Beim Mainzer Schach-Classic 2003, schlug Svidler Leko in einem 8 Partien Match um den Weltmeistertitel mit 4,5 - 3,5. Das offene Schach960 Turnier zog 179 Spieler an, darunter 50 Großmeister. Es wurde von Levon Aronian, dem Juniorenweltmeister von 2002, gewonnen. Er wird als Svidlers Herausforderer auf die Mainzer Schach-Classics 2004 eingeladen werden.Andere Methoden zur Ermittlung der Eröffnungsposition
Münzwurf
Jede andere Methode zufällig die Zahlen 1 bis 4, oder wenigstens 1 bis 2 zu erzeugen, kann ebenso verwendet werden.
Die durchschnittlich benötigte Zahl an Würfen bei dieser Losvariante ist 6. Werden ein Würfel und 2 Münzen verwendet, muss kein Wurf wiederholt werden. Für Würfe in denen eine Zahl zwischen 1 und 3 benötigt wird, wird dann der Würfel genommen, und 4, 5 und 6 wie 1, 2 und 3 gezählt.Lottofee
David J. Coffin regte folgende Methode an, die keine Computer, Münzen, Würfel oder Tabellen benötigt:
Auf diese Art konnen zwar alle möglichen Eröffnungspositionen gezogen werden, aber nicht alle haben die gleiche Wahrscheinlichkeit. Die stochastische Analyse zeigt, dass die Eröffnungen mit den Läufern auf a1-b1, c1-d1, e1-f1 oder g1-h1 lediglich halb so wahrscheinlich sind, wie die übrigen Positionen.Acht Karten
Diese Methode setzt 8 numerierte Karten voraus, die die 8 Figuren (oder Symbole für sie) zeigen. Zunächst werden die Karten gemischt und nebeneinander ausgelegt. Die Figuren werden dann entsprechend den Karten aufgestellt. Stehen die Läufer auf gleichfarbigen Feldern, wird nun erneut gemischt und eine Karte gezogen. Nun kommt die Kartennummer ins Spiel. 1 bis 4 bedeutet dass der linke, 5 bis 8 dass der rechte Läufer umziehen muss. Falls die Nummer grösser 4 war, muss man noch 4 abziehen, und positioniert den Läufer auf das von Links ausgezählte Feld der anderen Farbe.Platonische Krper
Wenn Platonische Körper als Würfel zu Verfügung stehen, ist es nie nötig einen Wurf zu wiederholen. Gezählt werden dabei immer nur die freien Felder von links nach rechts.
Die Methode erfordert leider die wohl sehr selten als Würfel verfügbaren platonischen Körper.Nicht zufällige Setups
Die Eröffnungsposition muss nicht unbedingt zufällig sein. Es kann zum Beispiel eine Turnieraufstellung festgelegt worden sein, oder die Spieler einigen sich auf eine Eröffnungsposition.Geschichte
Das erste Fischer Random Chess Turnier wurde in 1996 in Jugoslawien gespielt und wurde von Peter Leko gewonnen.