Eröffnung (Schach)
Jede Partie Schach beginnt mit der Eröffnung. Je nachdem, welche Bauern zuerst gezogen werden, spricht man von einer offenen, halboffenen oder geschlossenen Partie.
In der Eröffnung geht es vor allem darum, seine Figuren zu entwickeln, also in vorteilhafte Stellungen zu bringen. Meist ist mit der Eröffnung auch ein Angriff auf die Mitte des Spielfeldes verbunden. Man sollte in der Eröffnung darauf achten, seinem König die Rochade, z.B. durch falsche Bauernzüge, nicht zu verbauen, da das dem Gegner schnell zu einem Angriff auf den König verhelfen kann.
Die großen Schachlehrer Ruy Lopez, Gioacchino Greco, Philidor, aber auch großartige Schachspieler wie Paul Morphy, vor allem aber auch die Schachweltmeister, angefangen mit Wilhelm Steinitz bis hin zu Garri Kasparov heutzutage, haben die Grundzüge der Eröffnungslehre stets weiter vorangetrieben, so dass heute quasi folgende Grundsätze in der Schacheröffnung gelten:
Die Geschichte der Schacheröffnungen beginnt mit dem Großvater des Schachspiels, dem indischen Spiel Tschaturanga. In Tschaturanga zogen einige der heutigen Figuren noch nicht so, wie wir es heute gewohnt sind. Die Bewegungsmöglichkeiten waren sehr viel geringer, so dass in der Regel bis zu 20 Züge notwendig waren, bevor eine Feindberührung überhaupt möglich wurde.
Tschaturanga entwickelte sich in Persien weiter zu Shatranj. Bei Shatranj kam die Neuerung hinzu, dass Meisterspieler so genannte Tabijen entwickelten, das heißt es wurden Figurenaufstellungen kreiert, die ein Aufeinandertreffen der Parteien bereits mit dem ersten Zug möglich machten, jedoch waren die Tabijen so ausgeklügelt, dass keine Partei von Anfang an einen Vorteil besaß. In diesen Tabijen ist die Grundidee zu der heutigen Eröffnungslehre zu suchen.
Schach, in der Form wie es heute gespielt wird, gibt es in dieser Form erst seit 300 Jahren. Die Bewegung einiger Figuren ist neu, die Dame zieht weiter, die Läufer ebenso - und zuletzt kamen sogar noch solche Spezialzüge wie die Rochaden, das Schlagen en passant und der Doppelschritt des Bauern hinzu. Tabijen haben in unserer heutigen Zeit ihren Sinn verloren, denn die Figurenaufstellung wird durch jeden Spieler selber bestimmt, wobei sich die gegnerischen Parteien gegenseitig beeinflussen, was den Hauptgrund für die heute notwendige Eröffnungslehre bildet.
Früher meinte man, dass man in der Eröffnung unbedingt danach streben sollte, das Zentrum - das sind die Felder d4,d5,e4,e5 - mit Bauern zu besetzen, um so die Herrschaft über das Zentrum zu erkämpfen. Folgerichtig begannen die meisten Schachpartien mit den Zügen e4,e5 bzw. d4,d5 (siehe auch: Damengambit). Mit dieser Auffassung verbindet man insbesondere den Namen des Schachmeisters Tarrasch.
Später gelangte man zu der Auffassung, dass es ja eigentlich darum geht, das Zentrum zu kontrollieren - ohne es zwingend mit Bauern zu besetzen. Dabei erlangten u.a. die indischen Eröffnungen an Bedeutung. Beispielsweise versucht Schwarz in der Königsindischen Eröffnung mit Sf6,g6,Lg7,d6 Einfluss auf das Zentrum zu gewinnen. Diese so genannten hypermodernen Ideen stammten u.a. von den Schachmeistern Reti, Nimzowitsch und Breyer.
In diesem Zusammenhang ist der gebräuchliche Begriff Theorie oder Stand der Theorie eigentlich falsch. Tatsächlich handelt es sich um das Wissen, das man aus praktisch gespielten Partien gewonnen hat.
In der Regel werden in Eröffnungsbüchern die Hauptvarianten einer Eröffnung - das sind die am meisten gespielten Varianten, meist auch die als beste Züge anerkannten Varianten - ausführlich besprochen. Nebenvarianten - das sind selten gespielte Züge, in der Regel schwächere Züge - werden aufgeführt, aber weniger ausführlich behandelt.
Heute haben die Eröffnungsbücher etwas an Bedeutung verloren. Die Eröffnungen werden in umfangreichen Schachdatenbanken dargestellt. Die wichtigste wird von der Firma ChessBase herausgegeben.
Die meisten Schachprogramme verfügen über eine so genannte Eröffnungsbibliothek, in der möglichst viele der gängigen Eröffnungen in möglichst vielen ihrer Variationen abgespeichert sind, um dem Computer in der Eröffnungsphase einen Vorteil zu verschaffen. So zielt ein geschickter menschlicher Spieler auch darauf ab, den Computer durch ungewöhnliche Züge schnell aus seiner Eröffnungsbibliothek zu bringen, damit dieser nicht in quasi Nullzeit eine gute Antwort parat hat.
Zu Beginn eines Schachspiels, bevor der erste Zug gemacht wird, wird auf dem Schachbrett zuerst einmal die Grundstellung aufgebaut. Sofern es sich jetzt nicht um eine Fischer-Random-Chess-Partie bzw. Shuffle Chess handelt, sind die Figuren auf den folgenden Positionen aufzustellen:
In Jahrhunderten der Spielpraxis sind etliche Eröffnungssysteme versucht worden. Viele davon wurden durch Analyse oder Spielpraxis widerlegt. Andere haben sich als robust erwiesen und wurden und werden Tag für Tag zigtausendfach in den Turniersälen, im Internet oder in privaten Begegnungen von Spielern aller Spielstärken gespielt.
Über diese Eröffnungen gibt es eine Literatur, die Hunderttausende von Seiten zählt. Einige oft gespielte Varianten in gängigen Systemen sind bis zum 20., ja bis zum 30. Zuge durchanalysiert. Wirklich gut auskennen in diesen Komplikationen können sich nur die Berufsspieler, die Großmeister - und auch die müssen sich heutzutage auf bestimmte Systeme spezialisieren, in denen sie wirklich sattelfest sind.
Aber auch die nicht ganz so guten Spieler, die Amateure, versuchen sich so gut es geht Eröffnungssysteme anzueignen, mit denen sie gut zurecht kommen. Am besten kommt der Spieler zurecht, der ein System wählt, das seinen spezifischen Stärken besonders gut gerecht wird:
Eröffnungstheorie
Es gibt genügend Eröffnungen, die sich nicht an diese Regeln halten, bei den meistgespielten Eröffnungen jedoch wird man diese Regelmotive deutlich erkennen können.Die Geschichte der Schacheröffnung
Eröffnungsliteratur
Die erste ernstzunehmende Darstellung der Schacheröffnungen nahm Bilguer 1843 in seinem Buch Das Handbuch des Schachspiels vor. Später folgten noch sehr viele Eröffnungswerke. Zu den wichtigsten Autoren gehören Max Euwe, Ludek Pachman und Rolf Schwarz. Meistens wird versucht, die Grundideen einer Eröffnung herauszuarbeiten und anhand von praktischen Partien von Schachmeistern darzustellen. Gelegentlich findet man auch reine Partiesammlungen mit wenig Kommentaren.Eröffnungsbibliotheken
Die Grundstellung auf dem Schachbrett
Die Wahl des Eröffnungssystems
Neben diesen Überlegungen spielen aber auch Moden eine Rolle im Schach. Einige haben auch bestimmte schachliche Vorbilder, verfolgen deren Partien und richten sich bei der Wahl der Spielsysteme nach diesen Vorbildern.
Name des Systems | charakteristische Züge | Grundidee | Bemerkenswertes |
Italienische Partie | 1.e2-e4 e7-e5 2.Sg1-f3 Sb8-c6 3. Lf1-c4 | Kampf um das Zentrum und Königsangriff | Heute etwas außer Mode gekommen, aber einer der Klassiker der Schachgeschichte. In neuerere Zeit spielte immerhin Bobby Fischer hin und wieder die italienische Partie und bereicherte sie um neue Ideen. |
Spanische Partie | 1.e2-e4 e7-e5 2.Sg1-f3 Sb8-c6 3. Lf1-b5 | Kampf um das Zentrum mit einem Universum an Möglichkeiten für beide Seiten | Der Evergreen der Schachgeschichte. Eine der ältesten Eröffnungen, und doch brandaktuell - in fast jedem Weltmeisterschaftskampf der jüngeren Schachgeschichte ein Thema. |
Königsgambit | 1.e2-e4 e7-e5 2. f2-f4 | Direkter Königsangriff unter Inkaufnahme von Opfern; wilder Kampf mit hohem Risiko für beide Seiten | Der Renner des 19. Jahrhunderts, aus der "romantischen" Periode. In jüngerer Vergangenheit griff Boris Spasski gerne darauf zurück. |
Französisch | 1.e2-e4 e7-e6 | Schwarz sucht festen Halt im Zentrum, nimmt gedrückte Stellung in Kauf, sucht später den Gegenangriff | Nichts für Ungeduldige, aber Michail Botwinnik und Viktor Kortschnoi erzielten gute Resultate damit. |
Caro-Kann | 1.e2-e4 c7-c6 | Idee ähnlich wie Französisch, der Weg des Läufer soll nicht verstellt werden. | Anatoli Karpows Lieblingsverteidigung. Oft ergibt sich ein überraschend wildes, zweischneidiges Spiel aus dem so vorsichtigen Beginn ... |
Sizilianische Verteidigung | 1.e2-e4 c7-c5 | asymmetrischer Kampf, aggressiver Gegenangriff, mit einer Unzahl von Systemen und Möglichkeiten für beide Seiten. | Seit den 1960er Jahren das am häufigsten gespielte Eröffnungssystem überhaupt. |
Abgelehntes Damengambit | 1.d2-d4 d7-d5 2.c2-c4 e7-e6 | Kampf um das Zentrum; im Mittelspiel häufig asymmetrischer Kampf mit Angriff und Gegenangriff an entgegengesetzten Flügeln. | Ebenfalls ein Klassiker und Evergreen; schon im 15. Jahrhundert bekannt und im 19. Jahrhundert eingehender analysiert. |
Angenommenes Damengambit | 1.d2-d4 d7-d5 2.c2-c4 d5xc4 | Schwarz gibt das Zentrum zu Gunsten von (meist nur temporärem) Bauerngewinn und Figurenentwicklung preis. | Ebenfalls ein Klassiker: 1512 zum ersten Mal analysiert, und eine gleichzeitig eine beliebte Wahl in Weltmeisterschaftskämpfen. |
Nimzowitsch-Indische Verteidigung | 1.d2-d4 Sg8-f6 2. c2-c4 e7-e6 3. Sb1-c3 Lf8-b4 | Blockade des Zentrums durch Schwarz; Gegenangriff vom Damenflügel her | Aaron Nimzowitschs Geschenk an die Schachwelt. Enorm tiefsinnig, vielseitig und robust. |
Königsindische Verteidigung | 1.d2-d4 Sg8-f6 2. c2-c4 d7-d6 nebst g7-g6 und Lf8-g7 und späterem e7-e5 | Schwarzer Gegenangriff gegen das Zentrum; asymmetrischer, häufig das ganze Brett umspannender Kampf, dynamische Bauernketten | Der Knüller der 1950er Jahre; ein System für aggressive, risikofreudige Strategen. |
Englische Eröffnung | 1.c2-c4 | Ein enorm flexibles, weit verzweigtes System, mit einer Unzahl von Möglichkeiten und Übergängen in andere Systeme | Unter anderem von Bobby Fischer durch seinen Weltmeisterschaftskampf populär gemacht. |
Orang Utan oder Sokolski-Eröffnung | 1.b2-b4 nebst Lc1-b2 | Weißer Angriff auf das Zentrum und den Königsflügel, unterstützt durch den Läufer auf b2. | Unterhaltsam und auf Amateur-Vereinsspielerebene oft eine wirksame Überraschung. |