Endoplasmatisches Retikulum
Das Endoplasmatische Retikulum (endoplasmatisch="im Cytosol"; retikulum bzw. reticulum="kleines Netz"; abgekürzt ER) ist ein wichtiges Zellorganell in allen Eukaryonten. Prokaryonten haben keine Zellorganellen, und damit auch kein ER. Die Membran des ER ähnelt in Struktur und Zusammensetzung der Plasmamembran, obwohl sie eine Erweiterung der Kernmembran ist. Am und im ER finden Translation, Proteinfaltung, posttranslationale Modifikationen von Proteinen und Proteintransport von Transmembranproteinen und sekretorischen Proteinen (→ Exocytose) statt. Außerdem dient das ER als intrazellulärer Kalzium-Speicher und hat damit eine Schlüsselrolle in der Signaltransduktion.
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Schematische Darstellung von Zellkern, ER und Golgi-Apparat. (1) Zellkern. (2) Kernpore. (3) Rauhes ER. (4) Glattes ER. (5) Ribosom auf dem rauhen ER. (6) Proteine, die transportiert werden. (7) Transport-Vesikel. (8) Golgi-Apparat. (9) Cis-Seite des Golgi-Apparates. (10) Trans-Seite des Golgi-Apparates. (11) Zisternen des Golgi-Apparates. |
Das ER besteht aus einem weit verzweigten Membran-Netzwerk aus Röhren und Zisternen (Sack-ähnlichen Strukturen), die von der ER-Membran umgeben werden. Die ER-Membran schließt das Innere des ERs, das ER-Lumen, vom Cytosol ab.
Der Raum zwischen den beiden Schichten der Membran dient als Übergang zwischen dem Cytosol und dem Inneren der Zisternen.
Je nach Lage im Zellinneren unterscheidet man zwischen der Kernhülle und dem sogenannten peripheren ER. Kernhülle und peripheres ER stellen ein morphologisches Kontinuum dar, das heißt sowohl die Membranen als auch das Lumen beider gehen ohne Unterbrechung ineinander über.
Die Struktur des ER ist dynamisch und einer stetigen Reorganisation unterworfen. Dazu gehören die Verlängerung oder auch Retraktion von Membrantubuli, ihre Verzweigung, Verschmelzung oder Aufspaltung. Diese Motilität des ER ist abhängig vom Cytoskelett. In Pflanzenzellen und Hefe spielt vor allem F-Actin dabei eine wichtige Rolle. In tierischen Zellen dagegen erfolgt der Auf- und Umbau des ER unter dem dominierenden Einfluss der Mikrotubuli. Vor kurzem wurde gezeigt, dass ein Vertreter der Actin-verwandten Proteinfamilie Myosin V für die "Vererbung" des peripheren ER an die Tochterzellen bei der Zellteilung verantwortlich ist.
Teile des ER, raues ER genannt, sind auf ihren Membranflächen mit Ribosomen besetzt; andere Bereiche sind glatt und ribosomenfrei. Rauhes und glattes ER unterscheiden sich in ihrer Funktion. Während das rauhe ER Transmembran- und sekretorische Proteine herstellt, spielt das glatte ER eine wichtige Rolle in mehreren metabolischen Prozessen. Es wird für die Synthese verschiedener Lipide und Steroide (Hormone) benötigt, sowie für den Kohlenstoffmetabolismus, die Entgiftung der Zelle, und zur Einlagerung von Calcium, weswegen man in Nebennierenzellen und Leberzellen vorwiegend glattes ER findet.
Man unterscheidet zwischen einem cotranslationalen Mechanismus, bei dem Proteine während ihrer Synthese an ER-membrangebundenen Ribosomen durch die Membran gelangen, und einem posttranslationalen Mechanismus,
bei dem zuerst vollständig im Cytoplasma synthetisierte Proteine durch die ER-Membran transportiert werden.
In beiden Fällen werden die transportierten Proteine anschließend im Lumen des ER posttranslational modifiziert und an den Golgi-Apparat weitergeleitet.
1999 erhielt Günter Blobel den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin für seine 1975 gemachte Entdeckung, dass Proteine durch endogene Protein-Signale (Signalsequenzen) vom ER aus in verschiedene Zellkompartimente zielgerichtet weitergeleitet werden.Rolle des ER bei der Proteinsynthese
Als Signalsequenz in diesem Sinne wird eine bestimmte N-terminale Peptidsequenz bezeichnet, die nach dem Transport durch die Membran des ER durch die Signalpeptidase abgespalten wird. Proteine, die für Ziele außerhalb des ERs bestimmt sind, werden anschließend in Transport-Vesikel verpackt und entlang des Cytoskeletts zu ihrem Bestimmungsort weitergeleitet.