Ralph Giordano
Ralph Giordano, *20. März 1923) ist ein Journalist, Schriftsteller und Regisseur.Ralph Giordano stammt aus einer Hamburger Musikerfamilie. Unter den Nazis wurden sie verfolgt, 1940 musste er die Schule verlassen; er wurde mehrmals von der GeStaPo verhaftet und gefoltert. Als die Nazis versuchten, Giordanos jüdische Mutter zu deportieren, ist die Familie in Hamburg untergetaucht und hat so den Holocaust im Versteck überlebt.
Nach dem 2. Weltkrieg begann Giordano seine journalistische Tätigkeit bei der "Allgemeinen Jüdischen Wochenzeitung". Er absolvierte eine journalistische Ausbildung am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Von 1946 bis 1957 war er Mitglied der KPD, seine Abrechnung mit dem Stalinismus veröffentlicht er 1961 in seinem Buch "Die Partei hat immer Recht." 1961 bis 1988 arbeitete er als Fernsehjournalist und produzierte seitdem über 100 Dokumentationen für verschiedene Sender (vor allem NDR und WDR).
1982 veröffentlichte er "Die Bertinis, die Lebensgeschichte einer Familie" ein teilweise autobiographisches Werk, an dem er fast 40 Jahre gearbeitet hat. 1988 wurde die Geschichte um eine jüdische Familie in der Zeit des Nationalsozialismus vom ZDF verfilmt.
1987 erschien sein Buch "Die zweite Schuld oder Von der Last, Deutscher zu sein", in dem Giordano sich mit der Kontinuität des Nationalsozialismus in der BRD auseinandesetzt. Als Zweite Schuld bezeichnet er den Unwillen breiter Teile der deutschen Öffentlichkeit zu einer Aufarbeitung der Verbrechen und Entschädigung der Opfer als "Zweite Schuld" sowie die politischen Entscheidungen, die es Mittätern ermöglichte, auch in der Demokratie wieder in Amt und Würden zu kommen. Mit dieser Schrift zieht er in besonderem Maße den Hass von Neonazis auf sich und über die zunehmende Bedrohung schrieb er Bücher wie "Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte" (1989) und eine Übersicht über Leserbriefe zur 2. Schuld ("Wie kann diese Generation eigentlich noch atmen?" 1991).
Die Erfahrungen mit dem offenen militanten Rechtsextremismus, insbesondere die Brandschatzungen von Hoyerswerda und Mölln bewegten Giordano 1992 dazu, einen offenen Brief an Bundeskanzler Kohl zu schreiben. Darin deutete er an, bereit zu sein "bis in den bewaffneten Selbstschutz hinein" gegen den militanten Rechtsextremismus vorzugehen, da die Regierung offensichtlich nicht bereit sei, Minderheiten den notwendigen Schutz zu gewähren. Dieser Brief führte zu einer heftigen öffentlichen Diskussion.
Doch die Anfeindungen schafften es nicht, ihn einzuschüchtern. 2000 veröffentlichte er "Die Traditionslüge", worin er sich über die undemokratischen Wurzeln der Bundeswehr auseinandersetzte. In der durch Jürgen Möllemann ausgelösten Antisemitismus-Debatte sagte er im Juni 2002, sein Fluchtgefühl sei seit der Befreiung vom Nationalsozialismus nicht mehr so stark gewesen. 2003 kritisierte er im 3. Golfkrieg die Positionen der Friedensbewegung, der er unter anderem "Anti-Amerikanismus" vorwarf.
Für sein journalistisches Werk, aber auch für sein politisches Engagement wurde Ralph Giordano vielfach mit Preisen ausgezeichnet. 1990 erhielt er das Bundesverdienstkreuz, 1994 den Siebenpfeiffer-Preis und 2003 den Leo-Baeck-Preis