Karl von Frisch
Der Österreicher Karl von Frisch (* 20. November 1886 in Wien; † 12. Juni 1982 in München) war lange Zeit Professor für Zoologie in München. Im Zentrum seines Schaffens stand die Erforschung der Sinneswahrnehmungen der Honigbiene und der Art und Weise der Verständigung dieser Tiere untereinander. Für seine Leistungen wurde er 1973 gemeinsam mit Konrad Lorenz und Nikolaas Tinbergen mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin geehrt. Mit der Auszeichnung wurden "ihre Entdeckungen zur Organisation und Auslösung von individuellen und sozialen Verhaltensmustern" gewürdigt.
Karl von Frisch studierte Zoologie in München und Wien und promovierte 1910 in Wien. Im gleichen Jahr kam er ans Zoologische Institut der Universität München, wo er 1912 Privatdozent für Zoologie und vergleichende Anatomie wurde. Nach Zwischenstationen an den Universitäten in Rostock und Breslau wurde er 1925 Professor in München. Nach Zerstörung des dortigen Zoologischen Instituts im zweiten Weltkrieg ging er 1946 an die Karl-Franzens-Universität Graz, bis er 1950 nach Wiedereröffnung des Münchner Instituts dorthin zurückkehrte. 1958 wurde er emeritiert, setzte aber auch in der Folgezeit seine wissenschaftlichen Forschungen fort.
Karl von Frisch untersuchte den Geruchs- und Geschmackssinn der Bienen. Er fand heraus, dass Bienen verschiedene blühende Pflanzen am Geruch unterscheiden können. Erstaunlicherweise ist ihre Empfindlichkeit für die Geschmacksrichtung süß weniger hoch als beim Menschen.
Das Sehvermögen der Bienen für Formen ist dem menschlichen Sehen stark unterlegen, sie sind aber durch ein hohes zeitliches Auflösungsvermögen besonders gut in der Lage, Bewegungen wahrzunehmen. Ihr Farbsehen unterscheidet sich von dem der Menschen, da ihr Auge die Farbe Rot nicht wahrnehmen kann, dagegen aber über Farbsinneszellen für die Grundfarben Gelb, Blau und Ultraviolett verfügt. Mehrere Blüten, die dem Menschen im gleichen Gelb erscheinen, können für Bienen wegen des verschiedenen Ultraviolettanteils unterschiedlich gefärbt erscheinen.
Bedeutend sind die Untersuchungen über das Orientierungsvermögen der Bienen. Karl von Frisch fand heraus, dass Bienen genaue Himmelsrichtungen einhalten können, wobei sie die Sonne als Kompass benutzen können, selbst wenn sie nicht sichtbar ist. Dank dem speziellen Aufbau des Bienenauges sind sie in der Lage, polarisiertes Licht wahrzunehmen. Durch Streulicht am blauen Himmel entsteht dort ein für den Menschen nicht sichtbares charakteristisches Muster teilweise polarisierten Lichts, das vom Stand der Sonne abhängig ist. Jede Stelle am Himmel weist einen bestimmten Prozentsatz der Polarisation des Lichts und eine bestimmte Schwingungsebene der Polarisation auf. Ist nur ein Stück blauen Himmels sichtbar, kann die Biene an dem dort sichtbaren Muster, auch wenn die Sonne selbst durch Wolken verdeckt ist, den genauen Sonnenstand erkennen und sich daran orientieren. Die Biene verfügt zudem über eine innere Uhr. Kennt sie von einem Ausflug am Morgen die Richtung eines Futterplatzes, findet sie dessen Himmelsrichtung anhand des Sonnenstands auch am Nachmittag, indem sie die Bewegung der Sonne korrigierend berücksichtigt.
Erkenntnisse über gefundene Futterplätze können von Biene zu Biene weitergegeben werden. Hierzu dient als Verständigungsmittel ein besonderer Tanz, der in zwei Formen auftritt. Ein Rundtanz dient als Information, dass sich die Futterstelle (ohne Richtungsangabe) im näheren Umkreis des Bienenstocks befindet, etwa im Abstand von 50 bis 100 Metern. Durch nahen Kontakt der Bienen werden dabei auch Informationen über die Art der Nahrungsquelle (Blütenduft) übergeben. Für Informationen über entferntere Nahrungsquellen wird hingegen der Schwänzeltanz benutzt. Dabei bewegt sich die tanzende Biene auf der senkrecht hängenden Wabe im Bienenstock ein Stück geradeaus, läuft dann im Halbkreis zum Ausgangspunkt zurück, läuft dieselbe Strecke wieder gerade aus und beschreibt dann einen Halbkreis zur anderen Seite hin, worauf der Tanz wieder von vorn beginnt. Auf der geraden Strecke führt die Biene mit dem Hinterleib schwänzelnde Bewegungen aus. Die Richtung, in der die gerade Strecke durchlaufen wird, enthält die Information über die Richtung der Futterquelle. Dabei gibt der Winkel, den die gerade Strecke zur Senkrechten bildet, genau den Winkel an, den die angezeigte Flugrichtung mit dem Stand der Sonne bildet. Die Entfernung der Futterquelle wird durch die Schnelligkeit des Tanzes mitgeteilt, also durch die Zahl der Durchläufe der geraden Strecke pro Zeiteinheit. Die anderen Bienen nehmen die Informationen auf, indem sie während des Tanzes engen Kontakt zu der tanzenden Biene halten und deren Bewegungen nachvollziehen. Dabei erhalten sie auch über den Geruchssinn Informationen über die zu findende Blütenart. Auch die so erhaltenen Richtungsinformationen werden bei einem Ausflug zu späterer Tageszeit von der Biene je nach verändertem Sonnenstand umgerechnet. Die Orientierung funktioniert im Übrigen so gut, dass die Bienen eine Futterquelle mit Hilfe des Schwänzeltanzes selbst dann finden, wenn sie wegen eines Hindernisses, etwa eines dazwischen liegenden Berges, einen Umweg fliegen müssen.
Karl von Frisch fand im Übrigen heraus, dass Bienen die Richtung des Magnetfelds der Erde wahrnehmen könne. Sie verwenden diese Fähigkeit, indem sie den Bau ihrer Waben im dunklen Bienenstock immer in derselben Richtung zum Magnetfeld ausrichten.
Karl von Frisch lag sehr daran, die Ergebnisse seiner Forschungen auch Laien nahe zu bringen. So entstanden die Bücher "Tanzsprache und Orientierung der Bienen" und - mit neueren Forschungsergebnissen - "Aus dem Leben der Bienen".Lebenslauf
Forschungsergebnisse