GmbH-Geschäftsführer-Haftung
Entgegen der verbreiteten Auffassung, mit Gründung einer GmbH zukünftig Haftungsfragensfragen auf das Stammkapital beschränken zu können, ergeben sich in der Krise für den Geschäftsführer sehr wohl umfangreiche Risiken.Die Organstellung des Geschäftsführer einer GmbH lässt ihn zwar nicht persönlich für Geschäfte der Gesellschaft verantwortlich zeichnen, allerdings ist er sehr wohl bei Pflichtverletzungen zivilrechtlich zum Schadensersatz verpflichtet. Darüber hinaus bestehen für bestimmte Sachverhalte auch strafrechtliche Sanktionen. Da der Staatsanwalt routinemäßig Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zur Prüfung vorgelegt bekommt, und Gläubiger i. d. R. ein Strafverfahren zur Beweissicherung abwarten werden, sollen auch diese kurz angerissen werden.
Eine Verletzung der Antragspflicht wird als Insolvenzverschleppung nach § 84 GmbHG bei vorsätzlicher Begehung (d. h. bei Kenntnis eines Insolvenzgrundes) mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Unkenntnis der geschäftlichen Lage widerspricht den Sorgfaltspflichten des Geschäftsführer, eine Straffreiheit bei solch fahrlässigem Handeln kann nicht beansprucht werden, § 84 Abs. 2 GmbHG.
Bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit kann sich der Geschäftsführer als Kaufmann nach § 283 StGB strafbar machen, wenn er in verschiedenen, definierten Fällen den Gepflogenheiten eines ordentlichen Kaufmanns zuwider handelt. Es droht Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren. Über § 14 StGB fällt der Geschäftsführer als Organ der GmbH unter diese Regelungen. Insbesondere die Verpflichtung zu ordnungsgemäßer Buchführung stellt hierbei den oftmals einzig beweisbaren, strafrechtlich relevanten Verstoß dar, wenn ein Verdacht auf Bankrott (§ 283 StGB) oder Untreue (§ 266 StGB) sich nicht beweisen lässt. Die Beweisbarkeit stellt die Strafverfolgungsbehörden (über die problematische Situation in der Personalausstattung hinaus) regelmäßig vor große Schwierigkeiten.
Auch die Gläubigerbegünstigung nach § 283c StGB kann sich für den Geschäftsführer als besonderes Problem darstellen. Schließlich muss nach Eintritt von Zahlungsunfähigkeit nicht unbedingt ausschließlich Gesellschafterinteressen nachgekommen werden, um mit Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren bedroht zu werden, sondern gerade in Verbindung mit steuerrechtlichen Aspekten ergibt sich ein echtes Dilemma: Der Geschäftsführer muss genau prüfen, ob er etwa die Umsatzsteuer in voller Höhe an das Finanzamt abführt und sich damit dem Vorwurf der Gläubigerbevorzugung aussetzt.
Als letzter Punkt sei an dieser Stelle § 266a StGB erwähnt. Die Nichtzahlung der Sozialversicherungsabgaben wird mit bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bestraft. Gerade in einer Liquiditätskrise werden häufig nur die Nettolöhne an die Arbeitnehmer rechtzeitig, Arbeitnehmerbeiträge jedoch verspätet gezahlt. Daraus ergeben sich schwer abwägbare, zivilrechtliche Haftungfragen...
Der Grundgedanke des Gläubigerschutzes qualifiziert alle vorgenannten Delikte als einen Verstoß gegen ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.
Damit ist der Geschäftsführer zivilrechtlich mit dem eigenen Vermögen haftbar, in der Situation einer Unternehmenskrise können über strafrechtliche Konsequenzen hinaus also auch existenzielle Bedrohungen entstehen.
Verletzt der Geschäftsführer seine Pflichten, ist er der Gesellschaft (§ 43 Abs. 2 GmbHG) und auch Dritten gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet. In einem Insolvenzverfahren wird der Insolvenzverwalter diese Ansprüche der Gesellschaft und den Gesamtschaden der Gläubiger (vgl. § 92 InsO) zugunsten der Insolvenzmasse geltend machen.
Liegt eine rechtskräftige Verurteilung nach einem der vorgenannten strafrechtlichen Tatbestände vor, ist der Nachweis einer Pflichtverletzung leicht zu führen.
Haftungen gegenüber öffentlichen Kassen bestehen für Schäden nach § 34, 69 AO betreffend der steuerlichen Pflichten der Geschäftsführer von nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen. Es wird unterschieden zwischen treuhänderisch verwalteten Steuern wie der Lohnsteuer (deren Abführung der ordentliche Kaufmann auch in der Krise vorauszuplanen hat) und (ebenfalls treuhänderischen) Zahlungen wie den Sozialabgaben der Arbeitnehmer auf der einen Seite und der Problematik der Gläubigerbegünstigung im Falle des Arbeitgeberanteils. Nur in ersterem Fall ist der Geschäftsführer auch zivilrechtlich haftbar. Da aber in der Krise regelmäßig Löhne zur Wahrung des Scheins so lange wie möglich gezahlt werden, sollte der Geschäftsführer diese Zahlungen besonders genau prüfen. Im zweiten Fall nämlich droht Haftung für den Masseschaden durch Gläubigerbegünstigung.
Bei schuldhaften Zahlungen an die Gesellschafter aus dem Stammkapital haftet der Geschäftsführer den Gesellschaftern gegenüber mit der Höhe der von ihnen nach § 31 GmbHG zu leistenden Rückzahlungen.
Bei vielen Ansprüchen aus Pflichtverletzungen ergibt sich die Problematik der Beweisführung. Grundsätzlich hat der Kläger den Nachweis der Pflichtverletzung zu bringen.
Der Geschäftsführer einer GmbH in der Krise sollte sich spätestens zu Beginn der Tätigkeit rechtlich genau beraten lassen. Insbesondere die Nicht-Feststellung eines Insolvenzgrundes sollte von unabhängiger Seite überprüft werden. Der Geschäftsführer sollte auch in der Krise die Beachtung seiner Pflichten genau dokumentieren; die widersprüchlichen Anforderungen hinsichtlich Steuerzahlungen und Gläubigerbegünstigung erfordern besonnenes Handeln.
Bei Nichtbeachtung drohen erhebliche strafrechtliche Konsequenzen und finanzielle Gefahren durch eigene Haftung. Diese Risiken sollten unbedingt beachtet werden, wenn sich der Geschäftsführer für die Unternehmensrettung einsetzt.Strafrechtliche Haftung
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Die Bedeutung für den Geschäftsführer