Gemeindeverfassungen
In Deutschland liegt die Zuständigkeit zur Regelung der Gemeindeverfassung nach Art. 70 GG bei den Ländern. Dementsprechend haben alle Bundesländer verschiedene kommunalverfassungsrechtliche Regelungen (Gemeindeordnung) erlassen, die alle eigenständige Regelungen enthalten. Diese werden lediglich in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen durch die jeweiligen Landesverfassungen überlagert, weil dort jeweils die Stadt auch den Staat bildet.Allen Kommunalverfassungen ist die Existenz eines Gemeinderates gemeinsam, dem zentrale kommunale Entscheidungen (in der jeweiligen Gemeindeordnung aufgeführt) obliegen. Unterschiede gibt es bei der Stellung des Hauptverwaltungsbeamten ("Bürgermeisters"). In der Praxis haben sich vier Kommunalverfassungstypen herausgebildet: - die süddeutsche Ratsverfassung - die norddeutsche Ratsverfassung - die Bürgermeisterverfassung - die Magistratsverfassung
Table of contents |
1.1 Süddeutsche Ratsverfassung
2 Entwicklung1.2 Norddeutsche Ratsverfassung 1.3 Bürgermeisterverfassung 1.4 Magistratsverfassung |
Die süddeutsche Ratsverfassung hat sich traditionell seit dem 19. Jahrhundert in Bayern, Württemberg und Baden entwickelt. Bei der süddeutschen Ratsverfassung werden die kommunalen Entscheidungen durch zwei Organe getroffen: dem Rat als zentralen Organ und dem hauptamtlich gewählten (Ober)-Bürgermeister (dualistische Struktur). Beide Organe werden unmittelbar durch die Bürgerschaft gewählt (die Räte zumeist auf fünf Jahre, die (Ober)-Bürgermeister häufig auf acht Jahre - hier gibt es zwischen den Bundesländern erhebliche Abweichungen). Der (Ober)-Bürgermeister hat in dieser Verfassung eine starke Stellung inne, da er die Beschlüsse des Rates vollzieht, die Kommune nach außen vertritt und Leiter der Gemeindeverwaltung ist. Desweitern obliegen ihm eigene Zuständigkeiten, die ihm der Rat nicht entziehen kann (Weisungsangelegenheiten, Geschäfte der laufenden Verwaltung).
Die süddeutsche Ratsverfassung ist vorherrschender Typus der neueren Kommunalverfassungen und kommt in Bayern, Baden-Württemberg, in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Nordrhein-Westfalen vor.
Die Norddeutsche Ratsverfassung geht auf Vorstellungen der englischen Besatzungsmacht nach 1945 zurück und war lange Jahre vorherrschender Kommunalverfassungstypus in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.
Die norddeutsche Ratsverfassung hat nur ein zentrales Organ, den Rat (monisti-sche Struktur). In diesem Modell kommt dem (Ober)-Bürgermeister, der vom Rat gewählt wird, lediglich die Vorsitzendenfunktion im Rat zu. Die Verwaltungsgeschäfte werden von einem (Ober)-Stadtdirektor als Hauptverwaltungsbeamten wahrgenommen, der vom Rat gewählt in dessen Auftrag tätig wird (rein vollziehende Tätigkeit).
In beiden Bundesländern ist die norddeutsche Ratsverfassung mittlerweile von der modifizierten süddeutschen Ratsverfassung abgelöst worden (in Nordrhein-Westfalen: Rat und (Ober)Bürgermeister werden auf jeweils fünf Jahre gewählt). Damit leitet auch dort der (Ober)Bürgermeister die jeweiligen Verwaltungen.
Auch diese Verfassungsform hat sich mittlerweile überlebt und bestand bis in die 1990er Jahre in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein.
Diese Verfassungsform lehnt sich an die süddeutsche Ratsverfassung mit zwei zentralen Organen (dualistische Struktur) an. Unterschiedlich ist die Wahl des (Ober)-Bürgermeisters; während dieser in der süddeutschen Ratsverfassung direkt gewählt wird, findet die Wahl bei der "Bürgermeisterverfassung" durch den jeweiligen Rat, also indirekt statt; dies sichert diesem eine stärke kommunalpolitische Position.
Die auf die preußische Städteordnung zurückgehende "Magistratsverfassung" gilt heute nur noch in Hessen und Bremerhaven (ursprünglich auch in Schleswig-Holstein). Dieses Kommunalverfassungsmodell geht von einer trialistischen Struktur aus. Der Gemeindevertretung als dem einen Organ steht der Magistrat, der aus (Ober)-Bürgermeister sowie haupt- und ehrenamtlichen Beigeordneten besteht (Kollegialorgan), und der (Ober)-Bürgermeister als drittem Organ gegenüber. Die Kompetenzen, die nach süddeutscher Ratsverfassung und Bürgermeisterverfassung auf den (Ober)-Bürgermeister konzentriert sind, werden in diesem Modell zwischen Magistrat und (Ober)-Bürgermeister aufgeteilt. D. h., der jeweilige (Ober)-Bürgermeister hat sich im Kollegium des Magistrats abzustimmen und kann die Beigeordneten nicht zu bestimmten Handeln anweisen.
Ursprünglich wurde der (Ober)-Bürgermeister in der Magsistratsverfassung von der jeweiligen Gemeindevertretung gewählt. Seit 1993 findet auch in Hessen eine Direktwahl der (Ober)Bürgermeister statt. Kommunalverfassungstypen
Süddeutsche Ratsverfassung
Norddeutsche Ratsverfassung
Bürgermeisterverfassung
Magistratsverfassung