Bohnen, Birnen und Speck
Das Gericht mit dem Namen Bohnen, Birnen und Speck bzw. Birnen, Bohnen und Speck, in einigen Familien auch "Grööner Hein" genannt, ist eine kulinarische Köstlichkeit, die unter den gegenwärtigen Bedingungen vom Aussterben bedroht ist. Das Gericht ist vor allem im Raum Schleswig-Holstein und Hamburg bekannt. Aufgrund der erforderlichen Zutaten läßt sich das Gericht in seiner originalen Form nur in den Monaten Juli und August zubereiten.
Table of contents |
2 Die Zutaten 3 Zubereitung 4 Variationen und Fälschungen 5 Einflüsse von Markt und Esskultur |
Kulinarisches Erlebnis
Es handelt sich hier um eine Art Eintopf, in dem - wie der Name sagt - als Hauptbestandteile Bohnen, Birnen und Speck enthalten sind. Als gewissermaßen selbstverständlicher Bestandteil norddeutscher bäuerlicher Küche kommen die nicht im Namen erwähnten Kartoffeln hinzu.
Die besondere kulinarische Note dieses Gerichts ergibt sich aus dem Zusammenspiel von deftigem Rauchgeschmack, der zarten Süße der Birnen und der verhalten bitteren Komponente der Bohnen. Daneben ist es auch das sensorische Erlebnis, die weich gekochten aber immer noch kompakten Birnen und den Speck mit Geschmacksexplosionen auf der Zunge zergehen zu lassen. Die Kartoffeln werden gern zermampft, saugen die mit auf den Teller gegebene Kochflüssigkeit auf und wirken angenehm sättigend.
Die Zutaten
Die "richtigen" Bohnen für dieses Gericht sind Grüne Bohnen oder Brechbohnen und natürlich gehören dazu auch einige Zweige Bohnenkraut.
Bei den Birnen kommt nur eine bestimmte Sorte in Frage, mit der das Gericht in seiner bestmöglichen Fassung gewissermaßen steht und fällt. Die „richtigen“ Birnen sind ganz ordinäre Kochbirnen, die sich vor allem durch ihre "Ungenießbarkeit" als "Frucht aus der Hand" auszeichnen. Sie sind klein, grün, steinhart und haben nicht die Süße und Saftigkeit der populären Edel-Sorten. Diese Birnen sind nur auf Märkten, allenfalls noch in kleinen Gemüseläden erhältlich. Im Hamburger Raum werden als Variationen die "Vierländer" und die etwas süßere "Finkenwerder" Kochbirnen angeboten. Die Vierländer Sorte hat dagegen nach dem Kochen eine geringfügig festere Konsistenz, die von vielen bevorzugt wird. Diese Kochbirnen sind nur in den Monaten Juli und August, zudem abhängig vom Wetterverlauf erhältlich. Als letzte Notlösung für die, die den richtigen Zeitpunkt verpasst haben, bieten sich Birnen der Sorte "Bürgermeister (Birne)" an. Sie sind im ungekochten Zustand nicht so hart und deutlich süßer.
Der Speck, der hier verwendet werden kann, ist durchwachsener geräucherter Speck. Auch hier kann für das Gericht in Bestform nicht "irgendein" Speck verwendet werden. Von der Herkunft - etwa aus den Vierlanden, dem Schwarzwald oder Tirol - sind zwar alle Sorten geeignet und bieten dabei interessante geschmackliche Variationen. Der entscheidende Punkt ist jedoch die Lagerung des Specks. Nur der an der Luft getrocknete und gelagerte durchwachsene Speck bringt beim Kochen dieses angenehme Zergehen der ausgekochten Fett-Schicht auf der Zunge. Speck, der - wie heute leider zunehmend üblich - in der Vakuumfolie hygienisch gelagert wurde, erreicht nach dem Kochen nur eine Art faserig-weicher Zähigkeit. Wenn kein an der Luft gelagerter Rauchspeck erhältlich ist, lohnt sich die Zubereitung von Bohnen, Birnen und Speck nicht. Currywurst mit Pommes rotweiß ist dann leider die bessere Alternative.
Der hamburgischen und schleswig-holsteinischen Vorliebe entsprechend werden zu Bohnen, Birnen und Speck noch festkochende Kartoffeln - etwa die Sorten Cilena oder Linda (Kartoffel) - gereicht.
Als typische Mengen für 4 Personen werden angegeben:
Zubereitung
Im Vergleich zu der Mühe, die heutzutage aufgewendet werden muss, um die richtigen Zutaten aufzustöbern, ist die Zubereitung sehr einfach. Nach Belieben wird der Speck im Ganzen oder in Portionsstücke zerteilt mit genügend Wasser aufgesetzt und zum Kochen gebracht. Von den Birnen werden die Blütenansätze entfernt und nach etwa 10 Minuten zum Speck zugegeben. Die Stiele werden drangelassen, die Birnen behalten damit ihre unversehrte Haut, die sie bis zum Schluß zusammenhält.
Währenddessen werden die Bohnen geputzt, gewaschen und in Stücke gebrochen. Nach etwa 25 Minuten Kochzeit werden die Bohnen zusammen mit dem Bohnenkraut zum Speck und den Birnen gegeben und mit diesen weitergekocht
Daneben werden die geschälten Kartoffeln separat in Salzwasser gekocht. Gegen Schluss der gesamten Kochzeit von ca. 50 Minuten wird noch etwas Mehl mit Wasser verquirlt, in die Kochbrühe hineingerührt und diese kurz aufgekocht.
Serviert werden für jede Person auf dem Teller ein bis zwei Birnen, eine gute Portion Speck und Bohnen sowie Kartoffeln und Kochbrühe nach Belieben. Ein frisches Bier passt als Getränk gut dazu. Besonders gut schmeckt dieses deftige Gericht natürlich nach einem ausgedenhnten Aufenthalt an frischer Landluft.
Variationen und Fälschungen
Variationen verzichten auf das Bohnenkraut, geben jedoch zum Schluß frische gehackte Petersilie hinzu, nehmen statt des Kochwassers Brühe (konfektionierte oder selbst gekocht) oder schmecken mit Pfeffer ab.
Es gibt auch Rezepte, nach denen der Speck kleingewürfelt in der Pfanne gebraten, die Birnen (offenbar von der Art Williams Christ) vor dem Kochen geschält, geviertelt und beides erst kurz vor dem Garwerden der zuerst gekochten Bohnen zugegeben werden. Andere Rezepte schreiben Kasselerbauch, Williams-Christbirnen sowie auch Weißweinessig und gar Senf vor. Solche Rezepte haben mit dem originalen kulinarischen Erlebnis von Bohnen, Birnen und Speck nichts gemeinsam.
Einflüsse von Markt und Esskultur
Wie gezeigt sind die Zutaten vergleichsweise, geringwertig und „ordinär“. Sie sind dennoch keine Massenartikel sondern bei der zunehmenden Verbreitung preiswerter konfektionierter und aufwendig vorkonditionierter Lebensmittel inzwischen immer schwerer erhältlich.
Obwohl es überwiegend ein Gemüse-Eintopf ist, suggeriert für viele das Wort "Speck" im Namen eine ungesunde Ernährung. Ein Irrtum übrigens, da - von den Rohmengen betrachtet - der Fettanteil des Specks bei diesem Gericht in der Größenordnung von kaum 15 Prozent liegt. Ein Leberwurstbrot ist "fetter" als dieses Gericht!
So ist es aus diesem Zusammenspiel der Verdrängung ökonomisch geringgeachteter Zutaten, fehlgeleiteter Bedenken, Enttäuschung bei Verwendung nur scheinbar richtiger Zutaten sowie der massiven Konkurrenz attraktiver dargebotener Lebensmittel gegeben, dass diese kulinarische Köstlichkeit vom Vergessen bedroht ist.