Tourette-Syndrom
Das Tourette-Syndrom (TS) ist eine neuropsychiatrische Erkrankung, die durch Tics charakterisiert ist. Tics sind spontane, plötzliche und häufig heftige Bewegungen oder Lautäußerungen, welche wie folgt gekennzeichnet sind:
- das Auftreten mehrfach am Tag (zumeist in Serien), fast jeden Tag oder immer wieder über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr. Der Verlauf ist i.d.R. chronisch.
- Verschwinden während des Schlafs, evtl. Verstärkung durch Belastungen
- wiederkehrende Wechsel bezüglich Anzahl, Häufigkeit, Art und Lokalisation der Tics.
- Symptome zeigen sich zumeist ab dem Kindes- oder Jugendalter, wobei Jungen wesentlich häufiger betroffen sind als Mädchen.
Die Bezeichnung „spontan“, die zur Beschreibung der Tics verwandt wird, führt mitunter zu Missverständnissen. Die meisten unter TS leidenden Personen besitzen nur in beschränktem Maß eine Eigenkontrolle über ihre Symptome. Dies führt zu einem zeitlichen Verschieben schwerer „Tic-Entladungen“, jedoch nicht dazu, dass der unterdrückte Tic gar nicht nach außen dringt (ähnlich dem Drang zum Niesen oder Schluckauf). Meist ahnen sie eine bevorstehende Tic-„Entladung“ voraus, können sie aber nicht verhindern. Teilweise können sie Tics in Ersatz-Tics „umleiten,“ um z.B. beim Autofahren gefährliche Situationen zu vermeiden.
Die physiologischen Ursachen hierfür sind noch nicht vollständig bekannt. Bislang wurde nachgewiesen, dass bei TS-Patienten Stoffwechselvorgänge im Gehirn aus dem Gleichgewicht geraten (in den so genannten Basalganglien). Insbesondere betrifft dies den Botenstoff Dopamin. Dieser Stoff dient als Überträgerstoff im Gehirn zur Signalübertragung (beispielsweise auch für Bewegungsabläufe) und funktioniert teilweise zu gut. Es gibt auch eine genetische Komponente.
Die Betroffenen leiden vor allem unter der Reaktion ihrer Umwelt auf ihre Symptome, so dass durch eine möglichst frühe Diagnose erstens eine medikamentöse Symptomdämpfung als auch eine psychologische Anleitung zur sozialen Problembewältigung einsetzen kann. Eine eigentliche Heilung ist derzeit nicht möglich.
Benannt wird die Störung nach dem französischen Arzt Gilles de la Tourette, der die Symptomatik erstmals um 1885 beschrieb, dessen Arbeit später aber wieder in Vergessenheit geriet, so dass in der Folge meist falsche Diagnosen gestellt wurden. Erst im letzten Jahrzehnt geriet die Krankheit in Deutschland wieder in das Interesse der Öffentlichkeit und wird nunmehr erforscht.
1993 wurde nach amerikanischem Vorbild die „Tourette-Gesellschaft Deutschland e.V.“ gegründet. Sie setzt sich das Ziel, die Öffentlichkeit, die Fachöffentlichkeit sowie Betroffene über Ursachen, Formen, und Folgen der Krankheit aufzuklären und sowie zur Verbesserung der Behandlungsmethoden beizutragen. Die Tourette-Gesellschaft kann jedoch nicht den medizinischen Rat kompetenter Fachärzte ersetzen. In Deutschland gibt es in den meisten Bundesländern Selbsthilfegruppen oder Ansprechpartner.
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