Ontogenese
Unter der Ontogenese versteht man allgemein die Geschichte des strukturellen Wandels einer Einheit ohne Verlust ihrer Organisation.
Im engeren Sinne bezeichnet der Begriff "Ontogenese"
- in der Entwicklungspsychologie und Psychoanalyse die (psychische) Entwicklung eines Individuums,
- in der Biologie die Individualentwicklung, also die Entwicklung des einzelnen Lebewesens von der befruchteten Eizelle zum erwachsenen Lebewesen. Dabei entwickeln sich beim Embryo nach und nach Organanlagen, aus denen Organe entstehen, in denen wiederum die Zellen (zu Geweben zusammengefasst) sich weiter spezialisieren.
- In der Ontogenese werden nach Meinung zahlreicher Forscher oft Merkmale aus der Phylogenese sichtbar. Zum Beispiel werden taschenartige Ausbuchtungen in der Halsregion als Ansätze für Kiemenspalten beim Menschen interpretiert, also als Merkmale, die der Mensch heute nicht mehr, aber seine fischartigen Vorfahren sehr wohl benötigten. Daher lassen sich nach Auffassung etlicher Experten aus der Untersuchung der Ontogenese Rückschlüsse auf die Phylogenese eines Lebewesens ziehen. Diesen Zusammenhang hat Ernst Haeckel im ausgehenden 19. Jahrhundert als Biogenetisches Grundgesetz formuliert. Diese Theorie ist inzwischen bei einigen Wissenschaftlern in manchen Punkten umstritten. Nach deren Ansicht gilt dieses so genannte "Grundgesetz" - wenn überhaupt und auch das nur mit starken Einschränkungen - für den Phänotypus, d.h. für das äußere Erscheinungsbild, nicht jedoch für den Genotypus, d.h. die genetische Bestimmtheit. Die Ergebnisse von Genforschung und Embryologie berechtigen nach dieser Auffassung nur zu der Aussage: Der Mensch entwickelt sich nicht zum Menschen, sondern als Mensch!