Notwehr
Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden (vgl. § 32 Abs. 2 StGB).
Kennzeichnend für die Notwehr sind daher eine Notwehrlage und eine Notwehrhandlung
Sämtliche Individual-Rechtsgüter (siehe beispielsweise die unter § 34 S.1 StGB aufgeführten Rechtsgüter "Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum") werden vom Notwehrparagraphen abgedeckt. Nicht notwehrfähig sind Angriffe auf Rechtsgüter der Allgemeinheit, weil die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung alleinige Aufgabe der zuständigen staatlichen Organe ist.
Unter einem Angriff versteht man dabei jedes fremde Rechtgüter bedrohende menschliche Verhalten. Dieses ist gegenwärtig, wenn es unmittelbar bevorsteht, gerade stattfindet oder noch andauert. Erforderlich ist zur Verteidigung das mildeste Mittel, durch das der Angriff sofort beendet oder wenigstens abgeschwächt wird. Notwehr darf nicht gegen einen gerechtfertigten Angriff (der möglicherweise aus Notwehr resultiert) angewandt werden.
Die Notwehrhandlung bezeichnet dasjenige, was der Verteidiger zur Abwehr der Notwehrlage unternimmt.
Die Rechtsprechung geht gegenwärtig davon aus, dass in diesem Falle dem Provokateur zumindest das Ausweichen zumutbar ist, der Grundsatz, dass das Recht dem Unrecht nicht weichen müsse, also nicht zur Anwendung kommt. Dogmatisch wird dies entweder über die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Gebotenheit oder - wie auch sonst im Rahmen der gebotenen Verteidigung - über die möglichen "sozialethischen Einschränkungen des Notwehrrechts" begründet.
Daneben wird im Schrifttum auch eine Haftung aus einer actio illicita in causa erörtert. Diese Rechtsfigur will ähnlich wie die actio libera in causa darauf abstellen, dass die Notwehrlage ursprünglich (in causa) nicht gegeben war, so dass die Notwehrhandlung in causa rechtswidrig (illicita) gewesen wäre. Der Bundesgerichtshof hat eine derartige Haftungsausdehnung jedoch abgelehnt.Definition
Notwehrlage
Die Notwehrlage wird durch das Vorliegen eines gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffs gekennzeichnet.Notwehrhandlung
Gebotene Verteidigung
Eine Handlung, die ansonsten strafbar wäre, ist nicht rechtswidrig, wenn sie durch Notwehr geboten ist. Die Gebotenheit ist zwar ein weniger strenger Wertungsmaßstab als die Verhältnismäßigkeit, verbietet aber überzogene Notwehrhandlungen, zum Beispiel lebensgefährliche Verteidigungshandlungen gegen offensichtlich Schuldunfähige (klassisches Beispiel: Schießen mit Schrotflinte auf Kinder, die Kirschen vom Baum stehlen, "Kirschbaumfall").Erforderliche Verteidigung
Nur die zur Abwehr des Angriffs erforderliche Verteidigung fällt unter den Begriff der Notwehr. Erforderlich ist nur diejenige Verteidigungsmaßnahme, die dem Angreifer den geringstmöglichen Schaden zufügt. Der Verteidiger muß sich aber weder auf eine weniger effiziente Verteidigung verweisen lassen, noch sein Heil in der Flucht suchen (sog. turpis fuga: das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen).Zur Abwehr
Die Notwehr darf sich nur gegen den Angreifer richten. Werden andere in die Notwehrhandlung einbezogen, so kommen lediglich andere Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe (z.B. Notstand) in Betracht.Verteidigungswille
Die Notwehrhandlung muß auch gerade in der Absicht der Verteidigung erfolgen. Derjenige, der eine Notwehrlage zum willkommenen Anlass nimmt, den anderen zu schädigen, handelt nicht in Notwehr.Nothilfe
Bei der Abwendung von Angriffen auf einen anderen spricht man von Nothilfe. Dabei ist zu beachten, dass eine "Staatsnothilfe", also eine Nothilfe zu Gunsten der Interessen der Allgemeinheit, in der Regel unzulässig ist.Notwehrprovokation
Ein Sonderfall liegt vor, wenn der Angegriffene die Notwehrlage selbst (etwa durch Provokation des Angreifers) herbeigeführt hat. In diesem Fall spricht man von einer Notwehrprovokation.