Rechtsgut
Der abstrakte Begriff des Rechtsguts (auch: Schutzgut) bezeichnet das rechtlich geschützte Interesse einzelner Menschen ("Individualrechtsgüter") und der Gesellschaft als solcher ("Universalrechtsgüter").Der Eingriff in Rechtsgüter (schwerwiegender: Rechtsgutsverletzung) löst in der Regel Rechtsfolgen aus, wenn der Eingriff in das jeweilige Rechtsgut nicht gerechtfertigt werden kann. Der Eingriff ist dann rechtswidrig.
Typische Individualrechtsgüter sind die durch die Grundrechte geschützten subjektiven Rechte: Menschenwürde, körperliche Unversehrtheit (Leib und Leben), Eigentum, aber auch Ehre, sexuelle Selbstbestimmung u.v.m. Rechtsgüter sind in der Regel "disponibel". Der Inhaber eines Rechtsguts kann nach seinem freien Willen über seine Rechtsgüter verfügen (jedoch nicht über die Menschenwürde und über das Leben). Die widerrechtlichen (also rechtswidrigen) Rechtsgutsverletzungen werden zivilrechtlich im Recht der unerlaubten Handlungen (Deliktsrecht) (§ 823 ff. BGB) geschützt und können Schadensersatzansprüche auslösen. Zugleich können auch Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche in entsprechender Anwendung von § 1004 BGB bestehen (so genannter "quasinegatorischer Anspruch"). Hinsichtlich von Rechtsfolgen muss es zu keiner Schädigung des Rechtsgutes kommen ("substanzontologischer Rechtsgutsbegriff"), zivilrechtlich benötigt ein Schadensersatz jedoch immer einen merkantilen Schaden. Daneben kann bei immateriellen Schäden in bestimmten Fällen Schmerzensgeld (§ 253 Abs. 2 BGB) als Rechtsfolge zuerkannt werden.
Überschreiten die widerrechtlichen Eingriffe eine gewisse Schwelle, so kann dies strafrechtlich geahndet werden. Die Schwelle bestimmt sich dabei nach dem jeweiligen Straftatbestand. Der strafrechtliche Schutz der Individualrechtsgüter ergibt sich auch aus der Pflicht des Rechts- und Sozialstaats, die individuellen Rechtsgüter zu schützen. Ein strafrechtlich relevanter Eingriff in Individualrechtsgüter ist gleichzeitig ein Eingriff in die Rechtsordnung als solche.
Dem strafrechtlichen Schutz von Rechtsgütern sind nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit jedoch Grenzen gesetzt. Nur wenn der Schutz eines Rechtsgutes auf keinem anderen Weg erreicht werden kann, dürfen staatliche Sanktionen eingesetzt werden. Da das Strafrecht insofern erst als letztes mögliches Mittel zum Schutz eines Rechtsguts eingesetzt wird, spricht man in diesem Zusammenhang häufig von der Subsidiarität des Strafrechts oder dem Strafrecht als ultima ratio.
Universalrechtsgüter werden zivilrechtlich nicht bzw. kaum geschützt, da sie in der Regel für den einzelnen nur mittelbar schädigend wirken. Widerrechtliche Eingriffe in Universalrechtsgüter werden verwaltungsrechtlich (Ordnungswidrigkeiten oder öffentlich-rechtlicher Ersatzanspruch, Folgenbeseitigungsanspruch) oder strafrechtlich (z.B. bei Urkundenfälschung, d.i. widerrechtlicher Eingriff in den Rechtsverkehr) behandelt. Typische Universalrechtsgüter sind die "Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs" (konkret: Pflicht zur Rücksichtnahme in § 1 StVO), der Geschäfts- und Rechtsverkehr (Betrugs- und Fälschungsdelikte), die Umwelt (mit immer zunehmenderer Bedeutung vgl. nur BImSchG, BNatSchG, Wasserhaushaltsgesetz u.a.), aber auch der sensible Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (mit dem Konflikt zwischen Sicherheit der Gesellschaft und der Freiheit des einzelnen und die Dehnbarkeit des Rechtsstaatsbegriffes).
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Rechtshinweis