Bön
Bön war die voherrschende Religion in Tibet, als der Buddhismus ins Land gelangte. Sie war von schamanistischen und animistischen Glaubensvorstellungen geprägt. Für die Anhänger bedeutet das Wort "Bön" soviel wie "Wahrheit", "Wirklichkeit" und "Wahre Lehre", also dasselbe wie für tibetische Buddhisten der Ausdruck "Chö".Durch die Einführung des Buddhismus im 9. Jahrhundert erhielt dieser alte Glaube Konkurrenz, waren doch bisher Bön-Priester zum Beispiel für die Bestattungsrituale des Königs zuständig. König Langdarma (9. Jh.) verfolgte in seiner Regierungszeit den immer mächtiger werdenden Buddhismus und förderte den Bön. Doch seine Ermordung führte zur Verdrängung des Bön in die Ost- und Westgebiete des tibetischen Kulturraumes.
Ab dem 11. Jahrhundert reformierte sich die Bön-Religion. Ursprünglich hatte der Bön keine schriftliche Tradition, doch schufen seine Anhänger nun ein systematisches Lehrgebäude, gaben sich Ordensregeln und bildeten ihre Gottheiten ab.
Im 19. Jahrhundert verbreitete sich in Kham und Amdo ein "neuer Bön", der stark von der Buddhistischen Schule des Nyingma beeinflusst war.
Die Bön-Religion litt im 20. Jahrhundert stark unter der chinesischen Kulturrevolution (1966-76). Kein einziges Kloster hat die Wirren dieser Zeit unbeschadet überstanden. Das bedeutendste Kloster, das Kloster Menri, musste nach Dolanji ins indische Exil verlegt werden.
1977 anerkannte der Dalai Lama den Bön als fünfte Schule Tibets, und ein Vertreter wurde in die Exiltibetische Regierung berufen.