Amoklauf von Erfurt
Als Amoklauf von Erfurt bezeichnet man die Tat, die der 19-jährige Robert Steinhäuser am Vormittag des 26. April 2002, an seiner ehemaligen Schule, dem Gutenberg-Gymnasium in Erfurt, verübte. Steinhäuser erschoss dabei 16 Menschen und schließlich sich selbst.Die Tat fand am Vormittag der schriftlichen Abiturprüfungen statt. Steinhäuser begann den Amoklauf etwa 10:50 Uhr und suchte die Schule gezielt nach Lehrern ab und erschoss dabei 13 von ihnen. Schüler und Lehrer schlossen sich in Klassenräumen und der Aula ein. Durch eine geschlossene Tür erschoss Steinhäuser zwei Schüler. Um 11:05 Uhr alarmierte der Hausmeister die Polizei, die um 11:12 Uhr an der Schule eintraf. Dabei wurde aus dem Fenster ein Polizist erschossen.
Etwa 11:15 Uhr traf Steinhäuser auf den Lehrer Rainer Heise. Nach Heises Schilderung habe er sich Steinhäuser mit den Worten "Drück ab! Wenn du mich jetzt erschießt, dann guck mir in die Augen!" in den Weg gestellt. Steinhäuser habe daraufhin geantwortet: "Für heute reicht's, Herr Heise!" Daraufhin schloss ihn der Lehrer im Zeichensaal der Schule ein, wo sich Steinhäuser wenig später selbst tötete.
Diese Darstellung Heises wurde immer wieder angezweifelt. Er wurde teils aufs schärfste kritisiert und angefeindet. Ihm wurde Selbstdarstellung auf Kosten der Todesopfer vorgeworfen. Heise erhielt zahlreiche Auszeichnungen, ihm wurde sogar das Bundesverdienstkreuz angeboten.
Am 4. Mai 2002 fand für die Opfer des Massakers eine Gedenkfeier im Zentrum Erfurts statt.
Nach der Tat keimten immer wieder Gerüchte, dass es neben Steinhäuser noch einen weiteren Täter gegeben habe. Erst der offizielle Bericht der so genannten Gasser-Kommission (nach dem Thüringer Justizminister Karl Heinz Gasser), der am 21. April 2004 erschien, schloss einen Mittäter (nicht jedoch einen Mitwisser) aus.
Der Amoklauf führte zu heftigen öffentlichen Diskussionen zum Thema Jugend und Gewalt, besonders in Bezug auf "Ego-Shooter"-Computerspiele. Steinhäuser hatte einen Großteil seiner Freizeit mit derartigen Spielen oder mit Gewalt verherrlichenden Filmen verbracht. Diese Diskussionen beschleunigten die Arbeit an dem neuen Jugendschutzgesetz, welches wenige Wochen später verabschiedet wurde und trugen dazu bei, dass es verschärfte Regelungen für diese Bereiche enthält.
Ebenso geriet das Thüringer Schulgesetz ins Kreuzfeuer der Kritik. Da Steinhäuser bereits volljährig war, hatte man seine Eltern nicht über seinen Schulverweis informiert. Außerdem gab es zu diesem Zeitpunkt im Gegensatz zu den meisten anderen Bundesländern an Gymnasien keine Prüfungen nach der 10. Klasse. Schüler, die das Abitur nicht bestanden, hatten also keinen Schulabschluss und daher kaum eine berufliche Perspektive. Als Reaktion auf den Amoklauf konnten Schüler der Gymnasien im Jahr 2003 auf eigenen Wunsch am Ende der Klasse 10 an einer Prüfung teilnehmen. Seit 2004 ist diese Prüfung ("Besondere Leistungsfeststellung") für alle Thüringer Schüler Pflicht.
Eine bereits kurz nach der Tat ausgesprochene "Missbilligung" der Schuldirektorin bestätigte die Thüringer Landesregierung im Mai 2004 nach der Vorlage des Kommissionberichts. Der von ihr ausgesprochene Schulverweis sei zwar pädagogisch vertretbar gewesen, jedoch habe sie ihre rechtlichen Befugnisse überschritten und ihre Äußerungen Steinhäuser gegenüber seien "unangemessen" gewesen.
Stark umstritten ist das Buch Für heute reicht's von Ines Geipel. Darin werden der Polizei erhebliche Fehler während des Einsatzes im Gutenberggymnasium vorgeworfen.
Die Initiative Schrei nach Veränderung, die aus Eltern und ehemaligen Schülern des Gutenberggymnasiums besteht, kündigte im April 2004 an, eine eigene Schule nach ihren Idealen gründen zu wollen.