Vertrag von Verdun
Der Vertrag von Verdun wurde 843 zwischen den drei Enkeln Karls des Großen geschlossen. Ergebnis der Verhandlungen, welche nicht als Vertragstext niedergeschrieben wurden (bzw. vermisst werden), war die Teilung der Macht im Fränkischen Reich (Karolingerreich) und verlief zur kompletten Teilung des Reichs in drei Teile.
- Westfranken wurde von Karl II. dem Kahlen regiert
- Ostfranken wurde von Ludwig II., der Deutsche regiert
- Mittelreich wurde von Lothar I regiert, und er erhielt die Kaiserwürde
Nominell und ideell wurde bei der Teilung die Reichseinheit gewahrt. Nominell durch das "Bemühen um eine gemeinsame Politik", ideell durch die Brüdergemeinschaft. Das Reich wurde immer noch in seinem Umfang als gemeinsames karolingisches Herrschaftsgebiet angesehen. Primär ist die Teilung nicht als Reichsteilung sondern als Herrschaftsteilung innerhalb der Königsfamilie zu betrachten. Zu einer dauerhaften Wiedervereinigung der Reichsteile ist es jedoch nicht mehr gekommen.
Dem Vertrag gingen langandauernde, von gegenseitigem Mißtrauen begleitete Verhandlungen voraus. Die Teilung wurde unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit der geographisch-politischen Lage und des wirtschaftlichen Ertrages getroffen.
In den "Annales Bertiniani" heißt es in bezug auf den Vertrag von Verdun: "Karl begab sich zur Zusammenkunft mit den Brüdern und traf sie in Verdun. Hier erhielt Ludwig, nachdem die Teilung ausgeführt war, alles jenseits des Rheins, dazu diesseits die Städte und Gaue von Speier, Worms und Mainz; Lothar das Land zwischen Rhein und Schelde bis zu ihrer Mündung und dann das Land um Cambrai, den Hennegau, das Lomensische (zwischen Maas und Sombre) und Castricische (südlich davon) Gebiet, und die Grafschaften links der Maas und weiter bis zum Einfluß der Saone in die Rhone, und der Rhone entlang bis zum Meer mit den Grafschaften auf beiden Seiten. Außerhalb dieser Grenzen erhielt er bloß Arras durch die Güte seines Bruders Karl. Der Rest bis Spanien fiel Karl zu. Und nachdem sie gegenseitige Eide geschworen schied man zuletzt voneinander."
In den "Annales Fuldenses" heißt es: "Als von den Edlen das Reich aufgenommen und in drei Teile geteilt war, kamen in Verdun in Gallien die drei Könige im August zusammen und teilten das Reich: Ludwig erhielt den östlichen Teil, Karl den westlichen, Lothar als der älteste den dazwischen gelegenen Anteil. Als sie so Frieden gemacht und durch Eidschwur bekräftigt hatten, zogen sie heim, um jeder seinen Teil zu sichern und zu ordnen. Karl, der Anspruch auf Aquitanien erhob, da es von Rechts wegen zu seinem Reiche gehöre, wurde seinem Neffen Pippin lästig, indem er ihn durch zahlreiche Einfälle heimsuchte, öfters aber große Verluste im eigenen Heere erlitt."
Der Vertrag von Verdun besiegelte, dass die Staatsidee der im Kaiser gipfelnden Reichseinheit endgültig gescheitert war.
Die Unterzeichnung des Vertrages von Verdun gilt als eigentlicher Geburtszeitpunkt für die Entstehung von Frankreich und Deutschland, die sich aus dem Ost- und Westfränkischen Reich entwickelten.