Schwerter zu Pflugscharen
"Schwerter zu Pflugscharen" wurde ab 1980 das Symbol einer staatsunabhängigen, "eigenständigen Friedensbewegung" in der DDR.Der Text ist ein Zitat aus dem Buch des Propheten Micha, Kap. 4,3 bzw. aus Jesaja 2,4: "Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen."; das Bild ist die Abbildung eines Denkmals von Jewgeni Wutschetitsch. Es steht sowohl in der Tretjakow-Galerie in Moskau wie auch als Geschenk der Sowjetunion auf dem Gelände des UNO-Hauptgebäudes in New York und zeigt einen muskulösen Heros, der im Sinne der Rüstungskonversion ein Schwert zu einer Pflugschar umschmiedet.
Bei der Vorbereitung der ersten Friedensdekade 1980 hatte der damalige Landesjugendpfarrer Harald Bretschneider dieses Symbol für einen Aufruf zu Buß- und Bittgottesdiensten ausgewählt und verbunden mit dem Motto "Frieden schaffen ohne Waffen".
Da nicht damit gerechnet werden konnte, dass die DDR-Behörden eine Druckgenehmigung für Aufkleber oder Buttons erteilen würden, wurde das Zeichen auf Vliesstoff gedruckt. Dies galt als "textile Oberflächenveredelung" und brauchte keine Druckgenehmigung. Es traf die Friedenssehnsucht vor allem vieler Jugendlicher und wurde als Aufnäher auf Kleidungsstücken in Schule und Öffentlichkeit getragen.
Zunächst erfolgte kein Einspruch der Behörden. Immerhin waren Abbildungen des Denkmals auch im DDR-Geschichtsbuch für die 6. Klasse und im Jugendweihebuch 1975 abgedruckt. Ab November 1981 wurden Jugendliche aber gezwungen, die Aufnäher zu entfernen. Pädagogen und Polizisten schnitten sie aus Jacken heraus, wenn Jugendliche dies nicht freiwillig taten; oder die Kleidungsstücke wurden ganz beschlagnahmt.
Die Aufnäherträger wurden mit massiven Vorwürfen konfrontiert: der undifferenzierte Pazifismus sei friedensfeindlich, die Aufnäher seien westliche Importe, schulfremdes Material, das Tragen sei verfassungsfeindlich, übe Wehrkraftzersetzung aus und sei gegen die staatliche Friedenspolitik gerichtet. Jugendliche, die sich nicht einschüchtern ließen, erfuhren Exmatrikulationen an Hoch- und Erweiterten Oberschulen, Strafversetzungen, Nichtzulassung zum Abitur, Verweigerung der gewünschten Lehrstelle, Schulverbot oder Hinderung beim Betreten ihres Betriebes.
Eine Beschreibung der damaligen Vorgänge, ihrer Vorgeschichte und Nachwirkungen enthält der Band:
Literatur
Weblinks
Ökumenische Friedensdekade