Gemshorn
Einleitung
Das Gemshorn ist eine im Mittelalter bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts gespielte Schnabelflöte deren Korpus aus einem Tierhorn gefertigt wurde. Es sind keine Originale aus der Zeit erhalten, in der es verwendet wurde. Vorhanden sind jedoch Abbildungen, vor allem im 'Musica getutscht und außgezogen' des Sebastian Virdung von 1511. Gemshörner werden meist aus einem Kuhhorn hergestellt. Rekonstruktionen des Gemshorns werden heute wieder zur Aufführung alter Musik gebaut.Das Gemshorn greift sich ganz ähnlich wie die Blockflöte (Ganassi-Flöte), wirkt aber als gedackte Pfeife. Das ermöglicht die Wiedergabe tieferer Blockflötenpartien bei relativ bequemer Griffweise. Gleich tiefe Blockflöten (Bass, Großbass, Subbass) sind demgegenüber sehr groß und unhandlich. Dafür ist ein Überblasen nicht möglich, was einen relativ bescheidenen Tonumfang zur Folge hat. Das Gemshorn ist auch in der Ansprache eine echte Blockflöte. Doppel-, Tripel- und Flatterzunge sind (z.B. bei Verzierungen) möglich.
Dennoch gibt es eine Fülle von Partien die auf Gemshörnern ausgeführt werden können, z.B. im Liber Fridolini Sichery, also von Komponisten wie Isaak, Ockeghem, Obrecht, Agricola etc. Praktisch in jedem Stück des Pariser Tanzbuches von 1530 des Pierre Attaingnant ist das Gemshorn einsetzbar, meist als Ensembleinstrumentinstrument.
Gebaut wird das Gemshorn heute meist in vier Größen, Sopran in C mit dem Tonumfang c'-d", Alt in F, mit dem Tonumfang f-g', Tenor in C mit dem Tonumfang c-d' und Bass in F mit dem Tonumfang F-g. Dazu treten gelegentlich Sopranino in F und Großbass in C.
Im 'Musica getutscht und außgezogen' des Sebastian Virdung sind nur zwei Gemshörner abgebildet, offensichtlich die in der mittleren Lage. Es gibt ab 1500 zwar einige Kompositionen für Gemshornquartett, z.B. Pavana 9 und Gailarda 10 aus der "Musique de Joye" von Jacques Moderne. Jedoch kann hier die Tenorstimme von einem zweiten Altgemshorn ausgeführt werden.
Für die dreistimmigen Werke, etwa von Adam de la Halle bis Francesco Landini ergibt sich die Verwendung von Gemshörnern in G, F und C. Ein Gemshorn in G hätte den Vorteil, dass, anders als beim Krummhorn, wegen der großen Grifflöcher ein Halbdecken bei B-Tonarten, z.B. g-dorisch, leichter möglich wäre. Es ist aber nicht handelsüblich.
Im 'Syntagma Musicum' des Michael Praetorius von 1619 wird das Gemshorn nicht mehr erwähnt. Heute findet man Gemshörner gelegentlich auch in der bairischen Stubenmusi (echte bayrische Volksmusik).
Das Gemshorn besteht aus einem ausgehöhlten Tierhorn in dessen breites Ende das Labium
geschnitten wird. Ausserdem werden Grifflöcher wie bei der Blockflöte in das Instrument
gebohrt. Die Öffnung wird mit einem Schnabelmündstück aus Gips verschlossen und mit einem
Lederüberzug versehen wird, wobei ein Windkanal entsteht.
Manche Instrumentenbauer bieten Instrumente auch mit einem Schnabel aus Holz an.
Geschichte
Bauweise