Epigenetik
Epigenetik, übersetzt: "jenseits konventioneller Genetik"Die Genetik behandelt Funktionen der DNA, die eine direkte Folge ihrer Struktur (Sequenz) sind. Dazu gehört ihre Organisation zu Genen, zu regulatorischen Sequenzen und dazu gehören Veränderungen aufgrund von Mutationen.
Die Epigenetik betrifft alle Vorgänge, die sich ‘epi’ - d h. jenseits dieser Grundprinzipien vollziehen und dazu führen, dass die in einem Gen festgelegte (kodierte) Information auch realisiert (exprimiert) wird. Ursprünglich verstand man darunter die Ausprägung eines bestimmten Merkmals (Phänotyps) des Individuums auf der Grundlage bestimmter Expressionsmuster.
Im engeren Sinne beschäftigt sich die Epigenetik heute mit der Frage, welches die Mechanismen sind, die die stabile Veränderung der Regulation/Expression von Genen bewirken und wie dieser Zustand von Zelle zu Zelle weitergegeben wird. Seit längerem kennt man den Bezug zur DNA-Methylierung regulatorisch wichtiger Regionen bei höheren Organismen. Diese Veränderung bestimmt ihrerseits die Struktur des Chromatins in der unmittelbaren Umgebung eines Gens, seine Anbindung an die Kernmatrix und damit seine Ablesbarkeit.
Neueren Datums ist die Erkenntnis, dass der Aktivierungszustand (und damit auch die DNA-Methylierung) ihrerseits eine Folge von Änderungen im “Histon-Code” sind. Histone sind die Zellkernproteine, die wichtige Ordnungsprinzipien der DNA-Verpackung ermöglichen. Acht dieser Proteine (vier Typen) formen einen “Nucleosomenkern” (́core particlé), der den DNA-Faden quasi als Spule in zwei Windungen aufnimmt. Ein humanes Genom wird durch etwa 25 Millionen derartiger Nucleosomen “komprimiert”, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß: in den klassisch als “Euchromatin” bezeichneten, aktiven Regionen besteht gegenüber dem inaktiven “Heterochromatin” eine lockere Packung - diese Regionen sind besser zugänglich.
Der Verpackungsgrad und damit die Regulation ist seinerseits als Folge von Histon-Modifikationen, eben des Histon-Codes zu sehen, durch den das Informationspotential des genetischen Codes enorm erweitert wird. Histon-Modifikationen sind die Phosphorylierung (p) von Serin-Resten, die Acetylierung (ac) von Lysin-Resten, sowie deren Mono- bis Trimethylierung (me1-3) und die Methylierung von Argininresten. Dazu kommen andere komplexere Modifikationen (Ubiquitinylierung, Poly(ADP)-Ribosylierung). Im Zusammenspiel zwischen der Art und dem Ort der Modifikation erweitert sich das regulatorische Potential des Genoms immens. Die letzten Jahre haben zu einigem Verständnis dieser Grundprinzipien geführt, jedoch ist das derzeitige Bild, das nachfolgend tabellarisch dargestellt werden soll, längst noch nicht komplett.
Tabelle 1: Histon-Code der Histone H3 und H4 (zwangsläufig unvollständig). ac, Acetylierung; me, Methylierung; p, Phosphorylierung; HP1: Heterochromatin-spezifisches Protein; PcG, Polycomb Group Protein; Esa1: Acetyltransferase, ein aktivierendes Enzym. Wo ́+́-Symbole geklammert sind, hängt der Effekt von der Kombinatorik verschiedener Modifikationen ab. ́u.u.́, und umgekehrt.
Literatur
Weblinks