DVB-T
DVB-T ist die Abkürzung für Digital Video Broadcasting - Terrestrial und bezeichnet die terrestrische Variante von DVB, die in den meisten europäischen Staaten als Standard für die Übertragung von digitalem Fernsehen per Antenne verwendet (werden) wird (dem gegenüber steht der amerikanische Standard ATSC).
Vorteile gegenüber analogen Techniken
Mehr Programme
Bei DVB-T können dank verminderten Bandbreitenbedarfs aufgrund der benutzten MPEG-2-Komprimierung und digitalen Modulationsverfahren auf einem herkömmlichen analogen UHF- oder VHF-Kanal drei bis fünf Programme in PAL-Auflösung, einem so genannten Bouquet, ausgestrahlt werden. Alternativ reicht die Bandbreite für ein Programm mit höherer Auflösung (HDTV), doch gibt es dafür in Europa bisher keine konkreten Pläne. Praktisch empfangbar sind in Deutschland je nach Region 16 bis 30 verschiedene Sender bzw. werden es sein, also etwas weniger als im analogen Kabel, für das es eine neue Konkurrenz ohne laufende Kosten ist.
Weniger Sendeleistung benötigt
Darüber hinaus beträgt der Systemgewinn von DVB-T gegenüber analogem TV etwa 10 dB, es kann also bei gleicher Reichweite mit entsprechend weniger Leistung gesendet werden. Erreicht wird dies durch die höhere Empfindlichkeit der Empfänger, eine Fehlerkorrektur und das ohnehin fehlertolerante Modulationsverfahren COFDM.
Nutzung von HF-Reflektionen
Ein weiterer Vorteil von DVB-T, oder besser eine Eigenschaft des COFDM, ist die Fähigkeit, von HF-Reflektionen (Mehrwegempfang) zu profitieren. Bei herkömmlichen TV-Empfang machen sich solche Reflektionen als Geisterbild bemerkbar, d.h. über dem normalen Bild erscheint das gleiche Bild nochmals, leicht seitlich versetzt und deutlich schwächer. Bei COFDM hingegen werden auch die aus den reflektierten Signalen empfangenen Signale noch dekodiert und zur Wiederherstellung des gesendeten Bildes genutzt.
Mobile Nutzung der Empfänger möglich
Als Folge daraus ist DVB-T auch geeignet, um den Sender oder den Empfänger mobil zu betreiben, ohne dass es Probleme beim Empfang gibt; es wird also bei entsprechender Verbreitung auch beispielsweise DVB-T-Empfänger in Autos und Bussen geben. Der mobile Sende- bzw. Empfangsbetrieb kann unter bestimmten Voraussetzungen und in Einzelfällen bis etwa 200 km/h möglich sein. In der Praxis können die Maximalgeschwindigkeiten für stabilen Empfang allerdings auch weit darunter liegen.
Bei ausreichend starkem Signal genügt für den Empfang eine einfache Zimmerantenne, ansonsten die vielerorts noch vorhandene Hausantennenanlage. Portable Fernsehgeräte können so überall betrieben werden, unabhängig von Kabel oder großer Antenne für den Satellitenempfang; daher die in Deutschland zur Promotion verwendete Marke Das ÜberallFernsehen.
Bei einer Antennenkonstruktion die ausschließlich zum Empfang von DVB-T vorgesehen ist, ist eine "richtungslose" Ausrichtung möglich, d.h. bis auf den Aufstellplatz ist keine spezielle Optimierung nötig anhand der Antenne. Folglich sind reine DVB-T-Antennen entweder ein einfacher senkrechter "Stab" oder eine "Platte". Die im Jahre 2004 im Handel erhältlichen teuren und komplizierten Konstruktionen mit drei oder mehr Antennen sind Mischkonstruktion für den nicht mehr benötigte Empfang von analogen Fernsehen.
Lückenlose Versorgung großer Areale
DVB-T ermöglicht ausserdem die lückenlose Versorgung eines grossen Areals mit Fernsehprogrammen durch Verschaltung mehrerer örtlich voneinander getrennter Fernseh-Sender zu einem Single Frequency Network (SFN). Alle Sender arbeiten hierbei auf der gleichen Sendefrequenz und werden per GPS so aufeinander synchronisiert, dass sie auf 100 Nanosekunden genau, die selben Informationen abstrahlen. Somit wird die Versorgung eines grossen Landes mit Fernsehprogrammen unter Benutzung nur eines einzigen Fernseh-Kanals möglich. Das Analoge Fernsehen benötigt dafür mehrere verschiedene Kanäle, da sich die einzelnen Fernseh-Sender bezüglich des Aussendezeitpunktes der Daten nicht so exakt synchronisieren lassen und somit an den Sender-Grenzen gegenseitig stören würden. Bei einem gut geplanten SFN-Netz gibt es keine Häuser mehr, die im "Funk-Schatten" eines Berges stehen und somit nur schlechten Fernseh-Empfang bekommen.
Im August 2003 wurde die analoge Verbreitung von Fernsehprogrammen zugunsten der digitalen Verbreitung mittels DVB-T im Großraum Berlin als erstem weltweit eingestellt.
Nachteile und Kritik
Zusätzliche Investionen für Zuschauer
Empfang setzt eine Set-Top-Box oder einen Fernseher mit integriertem DVB-Empfänger voraus, der sich bei einigen Markengeräten aber auch nachrüsten lässt. Der Zuschauer muss also zusätzliche Investitionen tätigen, um in den Genuss von DVB-T zu kommen. Invesitionen können auch für die Antenne nötig sein. Zwar ist ein Empfang von DVB-T oft auch mit der schon vorhandene Dachantenne für den Empfang von analogen Fernsehen möglich, aber diese muss oft neu ausgerichtet werden. Für den Zuschauer gibt es teilweise günstigere Alternativen als DVB-T als Ersatz für das "aussterbende" analoge Fernsehen. Zu nennen ist hier besonders der analoge Sat-Empfang und sein Nachfolger DVB-S. Einige Händler bieten auch attraktive Kombiangebote mit Set-Top-Box, Sat-Schüssel und Verkabelung an.
Zusätzliche Investitionen für Sender
Von Kritikern werden außerdem die Kosten für die Umstellung und Betrieb der Netze bemängelt, die in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Teilnehmerzahl stünden, da heute die meisten Haushalte den terrestrischen Empfang gar nicht mehr nutzen. Daneben solle die staatliche Subventionierung des Sendernetzes, von der auch Privatsender profitieren, gegen EU-Gesetze verstoßen. Eine Konsequenz daraus ist, dass kurzfristig nur in den Ballungszentren auf DVB-T umgestellt wird und auch mittelfristig nicht unbedingt mit einer deutschlandweiten Flächendeckung zu rechnen ist. Aufteilung der Kanäle
Auch die Aufteilung der Kanäle ist nicht ganz frei von Kritik, da es hier keine weitere Vielfalt der Anbieter, sondern nur der Programme gibt. Beispielsweise werden in Norddeutschland 7 der 8 Kanäle mit Programmen der 4 bisherigen Anbieter ARD (alleine 4 Kanäle, also bis zu 16 Programme), ZDF, RTL-Gruppe und ProSiebenSat.1 Media AG gefüllt. Die bislang dominierenden privaten und öffentlich-rechtlichen Programme werden sich somit auch in DVB-T wiederfinden, darüber hinaus wird es jedoch einige zusätzliche öffentlich-rechtliche Programme geben um ein (künstliches) Gleichgewicht zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Anbietern herzustellen.Oft schlechtere Empfangsqualität
Weiterhin wird von Kritikern die oft schlechte Empfangsqualität bemängelt. Klötzchenbildung (sog. "Makroblöcke") und weitere Kompressionsartefarkte, die sich negativ auf das Fernsehbild auswirken, resultieren aus oft zu geringen Bitraten, die den einzelnen Sendern zur Verfügung stehen. Zumeist müssen sich vier Sender eine Bitrate von 14 MBit teilen, wobei jedoch ein Sender, der gerade schnelle Bilder bspw. aus einem Actionstreifen zeigt kurzfristig etwas von der Datenrate der anderen Anbieter "abzwacken" kann. Somit kommt jeder einzelne Sender auf eine mittlere Bitrate von 3,5 MBit. Als Kompressionsverfahren wird wie bei DVDs MPEG-2 verwendet, das im Gegensatz zu moderneren Verfahren wie MPEG-4 oder H.264/AVC bis zu 25 % höhere Bandbreiten zur Darstellung von hochqualitativen Bildern benötigt.Schlechteres EPG gegenüber anderen DVB-Varianten
Die schmalere Bandbreite bei DVB-T gegenüber DVB-S und DVB-C äußert sich auch im geringeren Umfang des EPG (Elektronische Programmzeitschrift). Oft sind nur die aktuelle und die nachfolgende Sendung beschrieben, weil die Bandbreite nicht für eine Übertragung aller Informationen ausreicht. Eine komfortable Programmierung oder Auswahl von Sendungen ist bei DVB-T damit nur eingeschränkt möglich. Auch die Beschreibung einer Fernsehsendung ist bei DVB-T auf 160 Zeichen begrenzt, statt der sonst möglichen mehrseitigen Beschreibungen. Schlechtere Videorekorder-Unterstützung
Wie bei allen DVB-Varianten ist auch beim DVB-T keine Unterstützung des Videorekorders vorgesehen. Unter dem Stichwort Digital Video Broadcasting sind vier generellen Probleme von DVB beschrieben. Beim DVB-T sind die Probleme besonders schwerwiegend, weil der VPS-Ersatz, die EPG-Informationen durch die schmale Bandbreite des DVB-T kein gleichwertiger Ersatz des VPS sein kann, wenn eine Programmierung einer Sendung über den EPG über mehrere Stunden im voraus geplant ist.Umstellung im deutschsprachigen Raum
Verbreitungsgebiet | Umstellungsbeginn | Analogabschaltung | Programme |
---|---|---|---|
Berlin | 1. November 2002 | 4. August 2003 | 27 seit März 2003 |
Bremen/Unterweser | 24. Mai 2004 | 8. November 2004 | 20, später 24 |
Hannover/Braunschweig | 24. Mai 2004 | 8. November 2004 | 16, später 24 |
Köln/Bonn | 24. Mai 2004 | April 2005 | 20, später 24 |
Rhein-Main-Gebiet | 4. Oktober 2004 | 6. Dezember 2004 | vorerst 8 |
Düsseldorf/Ruhrgebiet | 8. November 2004 | April 2005 | 24 |
Hamburg/Lübeck | 8. November 2004 | 2005 | mindestens 24 |
Kiel + Schleswig | 8. November 2004 | 2005 | 16, später 24 |
München + Nürnberg | 31. Mai 2005 | mind. 12, eher 24 | |
Halle/Leipzig | 2. Quartal 2005 | 12 bis 16 | |
Erfurt/Weimar | 2. Quartal 2005 | 8 bis 12 | |
Rostock/Schwerin | geplant 2005 | vorerst 8 | |
Ludwigshafen/Mannheim | geplant 2005 | ca. 16 | |
Stuttgart | Ende 2006 | ca. 16 | |
Österreich | Probebetrieb 2005 | ||
Schweiz | seit 2001 in einigen Gebieten |
Die vollständige Umstellung auf DVB-T, also die Abschaffung der analogen Ausstrahlung von Fernsehprogrammen, ist in Deutschland laut Beschluss der Bundesregierung vom 24. August 1998 bis spätestens zum Jahr 2010 vorgesehen.
Weblinks