William Turner
Joseph Mallord William Turner (* 23. April 1775 in London, † 19. Dezember 1851 in London) gehört zu den größten englischen Künstlern. Trotz seiner außergewöhnlich schnellen Arbeitsweise schuf er unverwechselbare, großartige Werke. Schiffe und Wasser waren eine unerschöpfliche Quelle für seine Inspiration. Aber auch dramatische Naturszenen konnten ihn lebenslang begeistern. Als er 76-jährig starb hinterließ er dem englischen Staat mehr als 20.000 Werke. Er ist Vorläufer und Vertreter des Impressionismus.
Turners Vater war ein Barbier und seine Mutter die Tochter eines Schlachters. Sie lebten in einer Wohnung in Maiden Lane, Covent Garden. Über seine Mutter ist nur wenig bekannt. Als er 25 war, wurde sie ins Bethlem Hospital für Geisteskranke eingeliefert, wo sie dann vier Jahre später starb. Zu seinem Vater hatte Turner ein sehr enges Verhältnis. Dieser erkannte das Talent seines Sohnes und förderte es durch Ausstellung der Werke in seinem Barbiergeschäft. Daneben brachte er Turner bei, sparsam zu sein. Was sich später häufig in billiger Kleidung und dadurch schlampiges Aussehen erkennbar machte. Aus Gesundheitsgründen musste er einen Teil seiner Kindheit auf dem Land verbringen, hier besuchte er des Öfteren seinen Onkel.
Turner, der keine künstlerische Ausbildung genoss, lernte schnell, war Autodidakt und hatte ein großes Talent. Schon mit 14 Jahren war er Stipendiat der Royal Academy (RA) und ein Jahr später (1790) stellte er in der Jahresausstellung der Acadamy sein erstes Aquarell aus. Sowohl Kritiker als auch Förderer waren begeistert. Obwohl er soviel Aufmerksamkeit genoss, blieb er verschlossen, schweigsam und zuweilen auch mürrisch, seine Arbeitsmethoden hütete er eifersüchtig und selbst sein Privatleben hüllte er in Schweigen. Nach der Aufnahme in die Schule der RA unternahm er Fahrten quer durch Europa und durch seine Heimat. Das Erlebte hielt er in treffenden Skizzen fest, welche die Grundlagen für seine Aquarelle waren.
1796 stellte er sein erstes Ölgemälde (»Fischer auf See«) aus und wird drei Jahre Später außerordentliches Mitglied der Royal Acadamy. Zu der Zeit genoss Turner schon große finanzielle Unabhängigkeit, so dass er aus seinem Elternhaus auszog und sich in die Harley Street einmietete. Nach einem Besuch bei William Beckford (1799), einer seiner Förderer, war Turner von zwei Werken Claude Lorrains so beeindruckt, dass er selbst sofort große, historische Bilder malen wollte.
Mit 26 Jahren wurde Turner in die Royal Acadamy aufgenommen. Er empfand die RA als seine Heimat und nannte sie »Mutter«. Im selben Jahr unternahm er seine erste Reise aufs europäische Festland. Er reiste nach Frankreich, um die von Napoléon Bonaparte geraubten und im Louvre ausgestellten Bilder anzuschauen. Ab 1804 war er so finanzstark, das er an seinem Haus eine Galerie anbaute, in der er seine eigenen Werke ausstellte. Dies war bis dato etwas einmaliges in der englischen Kunstwelt! Drei Jahre später wurde er Professor für Perspektive an der RA. Inzwischen war Turner neben John Constable einer der führenden englischen Landschaftsmaler. Viele seiner Werke wurden 1819 in zwei größeren Ausstellungen gezeigt.
Im selben Jahr war Turners Italienreise der Auslöser für eine radikale Wende in seinem Schaffen. Anscheinend hat Italien in ganz und gar beeindruckt, doch das südliche Licht sollte ihn nicht mehr loslassen. Innerhalb von vier Monaten schuf er mehr als 2000 Bleistiftskizzen von Rom und seiner Umgebung. Wieder in England angekommen, begann er seine Auffassung von der Kraft des Lichts darzustellen. Zwar brach er seinen Stil nicht abrupt, doch zog er eine klare Trennung zwischen seinen Auftragsarbeiten und seinen Experimenten, in denen sich seine Ideen voll entfalteten. Knapp zehn Jahre später (1828) fuhr er erneut nach Rom.
Über den Tod seines, geliebten Vaters (1829) kam er durch die Besuche als Gast bei einem seiner Förderer, Lord Egremont. Privaten Trost spendete ihn später (ab 1833) Sophia Booth. Sie blieb bis zu Turners Tod an seiner Seite. Viele seiner berühmtesten Bilder entstanden in den letzten Lebensjahren. Turner zog sich nach dem Kauf eines Hauses in Chelsea über 70jährig aus dem Gesellschaftsleben zurück, auch weil sich seine Gesundheit langsam mehr und mehr verschlechterte. Sein letztes Bild, das Turner an die RA schickte, war: »Der Besuch am Grabe«.
Seine Beisetzung erfolgte in der St. Pauls Kathedrale, testamentarisch vermachte er dem englischen Staat 300 Ölbilder und fast 20.000 Zeichnungen und Aquarelle. Er bat darum sie in einer eigenen Galerie auszustellen. Mehrheitlich hängen seine Werke in der Tate Gallery.