Tschibuk
Tschibuk (türkisch: »Rohr«, »Pfeifenrohr«), Tabakspfeife, bestehend aus einem deckellosen, kleinen, aber breiten Tonkopf (Lule), einem Rohr und einem Mundstück (Imame).Überblick
Gute Jasminrohre sollten aus der Umgebung von Brussa stammen, gute Mundstücke werden gerne aus Bernstein gefertigt. Als gute Köpfe galten lange die von Top-Hane gefertigten. Der Tabak im Pfeifenkopf wird durch eine glimmende Kohle entzündet. Eine kleine Metallschale unter dem Kopf soll das Zerstören von Bodenbelägen durch Funken verhindern. In früherer Zeit trug dem angesehenen Türken ein besonderer Diener, der Tschibuktschi, der auch für die Pflege verantwortlich war, Pfeife hinterher.
Eine detallierte Beschreibung der kulturellen Bedeutung des Tschibuk lieferte Helmuth von Moltke in Unter dem Halbmond (Kap 29: Stillleben von Bujukdere – Der Tschibuk):
Bujukdere, den 13. Juni 1837 Da bin ich denn wieder in den ruhigen Hafen von Bujukdere eingelaufen. [...] Man begreift nicht, wie die Türken haben leben können, ehe die große Erfindung der Pfeife gemacht wurde. Wirklich waren die Gefährten Osmans, Bajasids und Mehmeds ein turbulentes Volk, das beständig im Sattel lag und Länder und Städte eroberte. Seit Suleimans Zeiten haben sie ihre Nachbarn auch wohl noch manchmal heimgesucht, sind aber doch ein wesentlich sitzendes und heute ein wesentlich rauchendes Volk geworden, denn selbst die Frauen »trinken« den Tschibuk. [...] Zwei Dinge sind in Konstantinopel zur Vollkommenheit gebracht: die Kaiks, von denen ich dir schon schrieb, und die Pfeifen. Ein gewisser Grad von Unübertrefflichkeit führt zur Uniformität; ein Kaik ist genau wie das andere, so ist es mit den Pfeifen auch, und ich brauche dir nur eine zu beschreiben, so kennst du die ganze Kategorie von 28 Millionen (denn in diesem Land hat jeder seine Pfeife). Das Weichselkirschrohr ist 2 bis 6 Fuß und darüber lang, je länger und je dicker, umso kostbarer. Wenn der unwissende Franke (die Türken sagen Jabandschi – »der Wilde«) einen Tschibuk kauft, so erhält er in der Regel ein aus Ahornholz gedrechseltes und mit Kirschbaumrinde plattiertes Rohr. Die Türken erkennen den Europäer auf den ersten Blick, besonders wenn er den Fes aufsetzt und mit Sommersprossen, rotem Bart und blauen Augen, mit Handschuhen und Brille auf der Nase den Anspruch erhebt für einen echten Gläubigen zu gelten. Das zweite Requisit ist der Kopf (Luleh); der rote Ton wird in bleierne Formen gepresst, getrocknet und gebrannt. Du findest ganze Straßen von Läden, wo nur solche roten Köpfe, andere, in denen nur die Röhren feilgeboten werden; dieser Umstand bewirkt, dass man nie überteuert werden kann. [...] Der Tabak (Tütün) ist vortrefflich und besonders der syrische von Ladik geschätzt; er wird sehr dünn geschnitten, brennt leicht und knistert wie Salpeter. Ein eigener Diener hat nichts anderes zu tun, als seinem Herrn, der selbst nichts zu tun hat, die Pfeife rein zu halten, sie zierlich zu stopfen, eine glühende Kohle genau mitten auf den Tabak zu legen, den Tschibuk anzurauchen und mit einer gewissen Zeremonie zu überreichen; er fasst dabei das Rohr oben mit der rechten Hand, die linke aus Ehrfurcht vorn über den Leib gelegt, so schreitet er schnell auf dich zu und setzt den Kopf genau so an die Erde, dass, wenn er die Spitze herumschwenkt, sie dir an die Lippen reicht; dann schiebt er eine kleine Messingschale unter den Kopf, um den kostbaren Teppich vor der Kohle zu bewahren, und zieht sich rückwärts an die Tür zurück, wo er stehen bleibt und wartet, bis er wieder stopfen kann. Die Türken sagen, die Pfeife »trinken« (tschibuk itschmek), und wirklich schlürfen sie sie wie wir ein Glas Rheinwein; sie ziehen den Rauch ganz in die Lungen ein, lehnen den Kopf zurück, schließen die Augen und lassen den berauschenden Dampf langsam und mit Wohlbehagen durch Nase und Mund ausströmen. Ich habe früher nie rauchen können und als ich beim Seraskier die ersten Tschibuks zu genießen nicht vermeiden konnte, dachte ich mit Schrecken an eine wahrscheinlich bevorstehende Seekrankheit. Indes habe ich mich an die hiesige Art zu rauchen schnell gewöhnt und finde sogar ein Vergnügen daran, unter einer schattigen Platane den Blick über Meer und Berge schweifen zu lassen und halb träumend, halb wachend den expansiblen Trank aus der Pfeife zu leeren. [...] |
Literarische Verarbeitung
- Helmuth von Moltke, Unter dem Halbmond (Projekt Gutenberg)
- Karl Gutzkow, Die neuen Serapionsbrüder. Roman in drei Bänden; Breslau 1877
- Karl May, Winnetou, Bd. 1
- ders., Im Reich des silbernen Löwen, Bd. 2
- ders., Die Herren von Greifenklau
- Heimito von Doderer, Die Strudelhofstiege