Neues Reich
Zu Anfang des Neuen Reiches, nämlich in der 18. Dynastie fand Ägypten noch einmal zu einem kulturellen Höhepunkt. Zugleich trat das Land aufgrund seiner inneren Veränderungen durch die Hyksos in regen Austausch und Auseinandersetzungen mit der Außenwelt. Die Könige Amenhotep I und Thutmosis I stießen bis zum Euphrat vor, wo sie mit dem Mitannireich in Berührung kamen. Im Süden eroberten sie das in der Hyksoszeit verlorene Nubien zurück und schoben die Grenzen weit nach Süden vor. Die Vorstöße nach Syrien scheinen allerdings anfangs eher als Gegenreaktionen gegen die Hyksos gedacht gewesen zu sein.
Unter der Herrschaft der Königin Hatschepsut besinnt Ägypten sich wieder auf seine kulturellen Aufgaben und die kriegerische Phase scheint vorläufig abgeschlossen zu sein. Kaum tritt jedoch Thutmosis III seine Nachfolge nach dem Tod seiner Tante an, beginnen große Feldzüge, die die Unterwerfung Palästinas und Syriens bis in die Höhe Karkemisch anstreben und weitgehend erfolgreich beenden.
Dadurch wird Ägypten enger als je zuvor mit der vorderasiatischen Geisteswelt konfrontiert und der Einfluss des bisher eher bedeutungslosen Militärs steigt gegenüber der bis dahin einflussreichen Beamtenschicht. Unter Amenhotep II gab es noch Auseinandersetzungen mit dem syrischen Großreich Mitanni am oberen Euphrat, aber unter Thutmosis IV wurde Frieden zwischen den beiden Ländern geschlossen. Dieser wurde doch eine raffinierte Heiratspolitik gewahrt. Das Land stand zu dieser Zeit in einer kulturellen Blüte, die kaum zu übertreffen war.
Da die Amunpriesterschaft in Theben bereits zu mächtig geworden war, begann unter Amenhotep III ein deutlicher Ansatz gegen den ausschließlichen Amun-Kult. Der König zog sich noch stärker als seine Vorgänger in die frühere Residenzstadt Memphis zurück und hob besonders viele andere Götter vor, wie z.B. die Göttinnen Hathor und Mut sowie die Götter Sobek und Aton. Dies geschah langsam und diplomatisch wurde jedoch abrupt durch den Nachfolger Amenhotep IV beendet, der in seinem 5. Regierungsjahr einen gewaltsamen Einschnitt machte und den bisherigen Glauben an Amun und die Götter verfemte. Er verließ Theben und zog in eine neugegründete Hauptstadt, die er Achet-Aton ("Horizont des Aton"), nach dem neuen Hauptgott Aton nannte.
Hierbei handelt es sich allerdings nicht nur um den Wechsel des obersten Gottes, sondern um eine neue "Weltanschauung", die anstelle traditionsgebundener magischer Vorstellungen eine natürliche und freie Welt darstellen wollte. Diese Handlung Amenhotep IV., der sich nun Echnaton nannte, stellt den Wendepunkt der ägyptischen Kulturentwicklung dar.
Nach dem Tode Echnatons versucht man fast sofort zum alten Glauben zurückzufinden und die alten Götter wieder einzusetzen. Zwar versuchte man noch zunächst unter Tutanchamun und Eje auch die neuen Vorstellungen daneben beizubehalten, jedoch war der Haß auf Echnatons brutalen Bruch mit den alten Traditionen zu groß und man versuchte die Erinnerung an diese Zeit ein für allemal auszulöschen.
Der Staat wurde von einer Militärdiktatur übernommen und genau zu diesem Zeitpunkt wurde von Norden her von den Hethitern unter ihrem König Suppilulliuma die ägyptische Herrschaft in Syrien zerschlagen. Dieser Angriff wurde durch die sog. "Dachamunzu-Affäre" ausgelöst, bei der eine ägyptische Königin um einen hethitischen Prinzen bat, weil ihr Ehemann der König verstorben sei. Die Hethiter schickten den Prinzen Zannanza, der jedoch noch an der Grenze ermordet wurde. Diese Gegenschlag wurde wahrscheinlich vom späteren Pharao Haremhab veranlasst.
Die zunehmende Macht des Assyrerreiches und der wachsende Druck von heranziehenden Völker aus dem vorderasiatischen Raum schwächte schließlich das Hethiterreich und sie mußten, nachdem sie das Mitannireich vernichtet hatten, den Kampf mit Ägypten abbrechen und schließlich unter Ramses II einen Friedensvertrag schließen. Dies verhinderte jedoch nicht, daß das Hethitherreich bald an inneren Unruhen - auch ausgelöst durch Hungersnöte - zerbrach.
Unter Merenptah wurden räuberische Volksgruppen, die aus der Ägäis und dem südwestanatolischen Raum zu Schiff in das östliche Mittelmeer vorgerückt waren und unterstützt von lybischen Stämmen Angriffe auf das Westdelta unternahmen, zurückgeschlagen. Bei einem zweiten Angriff wurden mehrere Siedlungen Syriens und Palästina zerstört, bevor Ramses III. die Angreifer in See- und Landschlachten vernichten konnte.
In Oberägypten übernahmen während der 20. Dynastie die Hohepriesterfamilien weitgehend die Macht und verwalteten das Gebiet im Namen ihres Gottes Amun als Gottesstaat. Ein Versuch des Vizekönigs von Nubien - Panhesi - am Ende dieser Epoche, durch militärische Aktion die Macht der Priester zu brechen, scheiterte nach wenigen Jahren gänzlich und führte zum Ende der Dynastie und zur offiziellen Gründung des Gottesstaates der Thebais. Die Dynastie in Tanis respektierte die Selbständigkeit der Hohenpriester, war aber immer bestrebt, dieses Amt durch einen Prinzen zu besetzen.